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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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unverwechselbare Stimme.
    Erschrocken fuhr Olaf herum.
    Die Kirchentür stand offen.
    Hatte sie vorhin nicht in den Angeln geknarrt, als er …?
    Olaf brach seine Überlegungen ab und sagte zu der schlanken Silhouette, die in der Türöffnung stand: „Ich habe Ihr Interview gehört, Abt Ratgar, darum entschloß ich mich, heute hier auf Sie …“
    Der Abt ließ ihn nicht ausreden. „Das habe ich gehofft!“
    Der schwere Türflügel schwang lautlos zu. Erstaunlich zielsicher bewegte sich die dunkle Gestalt durch den düsteren Raum. „Setzen wir uns!“
    Ihre Schritte hallten kurz über den Steinboden. Dann nahmen sie neben dem Kreuzfuß auf einem der vier Mauerbänke Platz.
    Armsünder-, Ketzer- oder Richterbank, flog es Olaf durch den Sinn. Aber noch gab es keinen Richter. Und den Ankläger wollte er selbst spielen. „Haben Sie den Mann im Hundefleisch gestohlen?“ fragte er ohne lange Einleitung.
    „Ich habe es veranlaßt.“
    „Mit der schaurigen Moorleichenmaskierung des Diebes spekulierten Sie wohl auf den Aberglauben der Leute hier?“
    „Ich hielt es für einen gewissen Schutzeffekt, obwohl ‚Dieb’ nicht der angemessene Ausdruck ist.“
    „Immerhin hat dieser Mann durch seine Hominidenschau im Moor meine Schwester in höchste Lebensgefahr gebracht.“
    „Hominidenschau?“ Der Abt wandte sich ihm von der Seite zu. „Davon weiß ich nichts. Damit habe ich nichts zu tun.“
    „Ach?!“
    „Wenn Sie mir nicht glauben, brechen wir unser Gespräch ab!“ Der Abt erhob sich.
    „Dann kommen wir auf den makaberen Diebstahl zurück. Hätte Ihr Sektenbruder auch das Hundefleisch mitgehen lassen, dann wäre Ihnen jetzt der TGD auf den Fersen.“
    „Die Männer vom Technischen Geheimdienst?“
    „Kommen Sie, setzen wir uns wieder.“ Olaf steuerte eine der gegenüberliegenden Bänke an, auf der er seine Handleuchte wußte.
    Als hätte Abt Ratgar seine Gedanken gelesen, warnte er: „Kein Licht! Meine Glaubensgenossen wären sonst imstande, die Tragseile Ihrer modernen keshwa chacas zu kappen, auf der Ihr Bruder und Ihre Schwester in Bereitschaft liegen. Nur eine kleine Vorsichtsmaßnahme meiner Männer. Übrigens – ein mutiges Mädchen, Ihre Gunda!“
    Olaf registrierte die Bewunderung und die Drohung gleichermaßen. „Ich habe Sie vorhin gar nicht ankommen hören.“
    „Wir waren früher da als Sie, Doktor Nevart. Geradeheraus, ich gebe Ihnen den Mann im Hundefleisch zurück, wenn Sie uns die Reliquie aushändigen.“
    „Welche Reliquie?“
    „Die Reliquie des Heidentempels, den Kreuzschlüssel. Den Kreuzschlüssel zur alten Katakombe!“
    Olaf kam aus dem Staunen nicht heraus. „Eine Katakombe, hier mitten im Moor?“
    „Unter unseren Füßen! Gibt es ein sichereres Versteck?“
    „Davon höre ich zum erstenmal.“
    „Hat Ihr Vater nie etwas davon …?“
    Nun ließ Olaf den Abt nicht ausreden. „Nie! Und ich weiß auch von keiner Reliquie. Und ich besitze keine!“ Ehrlichkeit und Trotz klangen aus seiner Stimme. In der Stille, die entstand, wurde ihm ein Zusammenhang klar. „Und Sie, Abt Ratgar, haben gar keinen Mann im Hundefleisch mehr! Der Replikator, der meinem Vater zum Verwechseln ähnlich sah, ist nur noch Asche, Kunststoffasche! Stimmt’s?“
    „Programmierte Molekularzündung?“
    „Für die integrierte Säuberung unserer Umwelt!“
    Der Abt setzte sich endlich.
    „Das war Nummer zwei“, sagte Olaf wie zu sich selbst.
    „Nummer zwei?“
    Olaf setzte sich ebenfalls. „Ich will offen zu Ihnen sein. Die Plastikasche von Nummer eins liegt in einem Morten-Container, in einem Sarg.“
    „Dann ist Ihr Vater …“
    „Ich suche ihn seit dieser Toteneffigie! Helfen Sie mir, ihn zu finden. Vielleicht finden dann auch Sie, was Sie suchen.“ Olaf sprang nervös auf. „Herr Gott, müssen wir hier Blindekuh spielen?! Wenn ich mit jemandem rede, will ich ihm in die Augen schauen können!“
    Der Schatten löschte seinen Schatten aus. Mit einem Male glühte ein milder Widerschein um seine Schultern. Der Abt zog die Kapuze seiner torffarbenen Kutte bis über den Scheitel hoch. Eingewebte Leuchtfaserbänder ließen sein Antlitz in einer Art überirdischem Licht erstrahlen. Ohne einen einzigen Lidschlag – wie vor wenigen Stunden als Holo-TV-Produktion – blickten die schwarzen Augen unter den weißen Brauen Olaf regungslos an.
    Vor diesem Ausdruck würde kein Lügner bestehen können, dachte er. Die Trickinszenierung mit der integrierten Beleuchtung blieb dabei ohne

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