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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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uns hier antreten lassen. Sie hätten uns die Gewehre drinnen geben können, zusammen mit den Uniformen. Es ist kalt hier draußen.
    Der Waffenmeister ist derselbe, der auch die Rechnungen ausgestellt hat. Dünn wie ein Schilfrohr, bleiches Gesicht und zusammengekniffene Augen. Er wirkt genauso gelangweilt wie vorhin und läßt sich ausgiebig Zeit mit allem. Und wir stehen hier und schlurfen durch den Matsch. Von jedem Gewehr, das er ausgibt, notiert er die Seriennummer. Ich nehme an, sie berechnen es einem extra, wenn man das verdammte Ding verliert. Sie berechnen einem alles. Dieses Wochenende wird ein Vermögen kosten. Wieder frage ich mich, was ich eigentlich hier mache. Tennis kostet einen Haufen Geld weniger. Und man kommt lebend zurück. Immer. Jedesmal.
    Ich bin an der Reihe. Der Waffenmeister sieht mich verkniffen an, prüft die Seriennummer auf dem Gewehr, das er in der Hand hat, schreibt sie auf und reicht mir das Gewehr. Meinen Namen will er wissen. „Birch“, sage ich. „Andrew Birch.“ Das schreibt er auch auf. Ich nehme das Gewehr und gehe weiter. Der nächste schiebt sich schlurfend an den Tisch.
    Das Gewehr ist aus glattem schwarzem Kunststoff, so lang wie mein Arm, mit anmutigen, sich zur Mündung hin verjüngenden Konturen. Es liegt glatt und kalt in meiner Hand, ein leichter Geruch nach öl geht davon aus. Es ist nicht geladen. Ich ziehe ein Magazin aus dem Gürtel und schiebe es hinein. Es klickt, als es einrastet. Jetzt bin ich bereit. Wie die Jungs in den Anzeigen. Meine erste Patrouille. Ein bewaffneter Soldat. Ein Mann. Klar.
    So ein Scheiß.
    Ich glaube nicht, daß ich ein großartiger Soldat bin. Ich halte das Gewehr ungeschickt, trotz des Kompanie-Hypnotrainings. Ich weiß nicht genau, was ich damit machen soll. Und wenn ich es wüßte, würde ich es nicht machen wollen. Ich spiele Tennis am Wochenende. Ich gehöre hier nicht hin. Ich war ein Idiot hierherzukommen. Was ist, wenn sie mich erschießen? Die Gefags haben auch Gewehre.
    Ich drehe das Gewehr um und schaue es mir an. An der Unterseite des Laufs ist eine rauhe Stelle. Buchstaben. Eine Seriennummer und eine Aufschrift. EIGENTUM DER MANÖVER GMBH.
    Stancato schlendert herüber, sein Gewehr unter dem Arm, und klappt das Nachtsichtgerät an seinem Helm hoch. Er trägt den Helm leicht schräg auf dem Kopf. Das soll wohl verwegen sein. So ist Stancato. Was noch schlimmer ist: Es sieht gut aus bei ihm. In Kampfstiefeln, Helm und diesem Durcheinander von Grün und Braun, das die Manöver GmbH als Uniform auszugeben versucht, gelingt es ihm, gut auszusehen. Rauh und maskulin. Er ist hier draußen zu Hause, das sagt seine Haltung deutlich. Er dürfte es nicht sein. Er macht das auch zum erstenmal. Das weiß ich.
    Stancato sieht immer ganz natürlich aus. Er ist größer als ich, muskulös, dunkel und gutaussehend. Ich bin klein und mondgesichtig, und mein Haar ist wischiwaschi-braun. Stancato frißt wie ein Pferd, und es beeinträchtigt den Chic seiner Figur nicht im geringsten. Ich werde wabbelig, sobald ich einen Moment lang nicht aufpasse. Im Büro trägt Stancato immer das Allerneueste. Jetzt sind es Bauschkragen und Halbcapes, letzten Monat war es etwas anderes. Er sieht cool und elegant aus. Ich ziehe dasselbe Zeug an und sehe aus wie ein herausgeputzter Schwachsinniger.
    Ich habe das Gefühl, daß ich jetzt auch aussehe wie ein Schwachsinniger – in dieser Uniform. Sie paßt nicht. Sie beult sich an den verkehrten Stellen, und da, wo sie es nicht sein soll, ist sie eng. Sie ist nicht einmal warm. Überall pfeift der Wind hindurch. Man sollte glauben, daß wir etwas Besseres bekämen, bei den Preisen, die sie hier kassieren. Ich habe nicht übel Lust, den Verbraucherschutz zu informieren. Wenn ich lebend zurückkomme.
    Stancato streichelt sein Gewehr und lächelt mich an. „Ein schönes Stück Hardware“, sagt er. „Mit uns wird es gute Arbeit leisten.“ Woher, zum Teufel, will er das wissen? Das erste Mal, und er redet schon wie ein Veteran. Aber wahrscheinlich hat er recht. Es wird gute Arbeit leisten mit ihm.
    Der Einsatzhubschrauber auf der anderen Seite des Bereitschaftslagers läßt den Motor warmlaufen, aber es ist noch Zeit. Die anderen schieben sich noch immer durch den Dreck. Ich habe das Gefühl, ich müßte etwas sagen. Ich habe oft das Gefühl, besonders bei Stancato. Er hat so eine Art, anzukommen und etwas zu sagen, daß ich mir manchmal am liebsten den Fuß in den Mund stecken würde.
    Diesmal überlege ich.

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