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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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warum ich ihn frü­her so ge­haßt hat­te.
    Das­sel­be frag­te ich mich wäh­rend der hei­ßen Jah­res­zeit Ku­ma, als wir na­he am Ver­hun­gern wa­ren. Tags­über zog ich mei­nen Ka­ross aus, grub ei­ne fla­che Gru­be im spär­li­chen Schat­ten ei­nes Oro­gu-Bu­sches, uri­nier­te in den Sand, deck­te mich mit Sand zu und leg­te mir ein Blatt über den Kopf. Wir drei – Tu­ka, Kua­ra und ich – la­gen wie To­te Sei­te an Sei­te. „Mein Herz ist trau­rig vor Hun­ger“, sang ich den gan­zen Tag vor mich hin. „Krank und lang­sam wie ein Greis.“ Dann dach­te ich an al­les Schlech­te. Wie mei­ne El­tern mich vor mei­ner Zeit mit Tu­ka ver­hei­ra­tet hat­ten, weil er mei­ner Mut­ter als Braut­preis einen neu­en Ka­ross ge­bracht hat­te. Wie Tu­ka vor mei­ner Zeit mit mir das ge­macht hat­te, was Ver­hei­ra­te­te tun. Im­mer vor mei­ner Zeit! Manch­mal wünsch­te ich mir, ein Paouw wür­de her­ab­sto­ßen und sei­nen Pe­nis für ei­ne fet­te Rau­pe hal­ten.
    Dann fing Tu­ka ei­nes Nachts einen Ho­nig­dachs in der Schlin­ge. Ein Dachs zur Ku­ma-Zeit! Al­les war auf­ge­regt. Tu­ka sag­te: „Ges­tern, als wir schlie­fen, da ha­be ich dem Land er­zählt, daß mei­ne U Hun­ger lei­det und ich für sie und Kua­ra Fleisch ha­ben muß.“ Der Dachs war sehr zart. Gai aß sei­nen An­teil und bet­tel­te um mehr, ob­wohl er noch nie Fleisch ins La­ger ge­bracht hat­te. Als das Fleisch auf­ge­ges­sen war, rös­te­ten wir Ga-Wur­zeln und san­gen und tanz­ten, wäh­rend Tu­ka auf der Gu­a­schi spiel­te. Ich tanz­te voll Stolz. Nicht für Tu­ka, son­dern für mich selbst. Num lös­te sich aus mei­ner Ma­gen­gru­be und kroch sie­dend­heiß mein Rück­grat hoch. Ich hat­te Angst, denn wenn das Num mei­nen Schä­del er­reicht, muß ich Kia ma­chen. Dann se­he ich Ge­spens­ter, die Men­schen um­brin­gen, und ich rie­che ver­we­sen­de Lei­chen .
    Tu­ka nahm mei­nen Kopf zwi­schen sei­ne Hän­de. „Du darfst nicht Kia ma­chen“, sag­te er. „Nicht jetzt. Die Vi­sio­nen wür­den dei­nen Kör­per über­an­stren­gen.“ Bei an­de­ren Leu­ten bringt Kia Hei­lung, für sie selbst, für an­de­re; mir bringt es nur Schmer­zen.
    Tu­ka hielt mich ne­ben dem Feu­er fest und strei­chel­te mich, und das Num leg­te sich. „Wenn ich tags­über im Sand lie­ge, träu­me ich, daß ich auf einen großen Bao­bab ge­klet­tert bin“, sag­te er. „Ich schaue vom Wip­fel her­un­ter, und über­all im Land gra­sen die Tie­re. Gi­raf­fen und Gnus und Ku­dus. ‚Du mußt die­se Tie­re er­ja­gen und sie zu U und Kua­ra heim­brin­gen, be­vor die Wei­ßen sie tö­ten’, sagt mein Traum.“ Dann frag­te er: „Wor­an denkst du, wenn du dort liegst, U?“
    Ich ant­wor­te­te nicht. Ich hat­te Angst, es ihm zu sa­gen; er soll­te nicht zor­nig oder trau­rig wer­den, nach­dem er sich so über sei­nen Ho­nig­dachs ge­freut hat­te. Er lä­chel­te. In sei­nen feuch­ten Au­gen glänz­te der Feu­er­schein. Viel­leicht glaub­te er, das Num fes­se­le mei­ne Zun­ge.
    Am nächs­ten Tag kam das Stil­le. Ich lag im Sand und spür­te das Num in mei­nem Bauch pul­sie­ren. Ich kämpf­te ge­gen die Angst an, die es im­mer mit sich brach­te. Ich rief nicht nach Tu­ka. Das Pul­sie­ren wur­de stär­ker. Ich be­gann zu zit­tern. Schweiß lief mir über das Ge­sicht. Das Num sie­de­te in mir. Es kroch mein Rück­grat hoch und auf mei­ne Keh­le zu. Mit weit auf­ge­ris­se­nen Au­gen starr­te ich die Adern des Blat­tes an, sah aber nur Grau­en. Ich spür­te, wie ich gleich­zei­tig er­starr­te und beb­te. In mei­nem Kopf häm­mer­te es; es war so groß wie ei­ne Ga-Wur­zel. Ich hör­te, wie mein Mund schmat­zen­de Ge­räusche von sich gab, wie Kua­ra sie frü­her an mei­ner Brust ge­macht hat­te. In mir wur­de der Druck im­mer stär­ker und stär­ker.
    Und war dann plötz­lich ver­schwun­den. Er wühl­te sich in die Er­de und nahm mei­ne Tag­träu­me mit. Ich sank tiefer und tiefer in den Sand. Ich kam vor­bei an Ub­bee-Wur­zeln und den aus­ge­bleich­ten, ver­ges­se­nen Ge­bei­nen längst to­ter Tie­re. Ich er­reich­te ein Was­ser­loch tief un­ter dem Erd­bo­den. Tu­ka war im Was­ser. Kua­ra auch. Er sah jün­ger aus, ge­ra­de im Krab­bel­al­ter. Tu­ka lä­chel­te

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