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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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nicht län­ger als zwan­zig Jah­re hier wohn­te.
    „Jen­ni­fer!“ brüll­te er. „Kennst du je­man­den, der Gud­ger heißt?“ Zu mir sag­te er: „Mei­ne Frau hat ihr gan­zes Le­ben in der Ge­gend ge­wohnt.“
    Sei­ne Frau kam her­un­ter und blieb auf der zwei­ten Stu­fe der Ve­ran­da­trep­pe ste­hen. „Ich glau­be, das wa­ren die, die bei den Sprad­lins ge­wohnt ha­ben, be­vor die Sprad­lins da wohn­ten. Aber die Sprad­lins sind im Ko­re­a­krieg ir­gend­wann hier weg­ge­zo­gen. Von den Gud­gers ha­be ich kei­nen ge­kannt. Wir ha­ben da­mals nach Wa­ter Val­ley raus ge­wohnt.“
    „Sind Sie von der Ver­si­che­rung?“ frag­te Mr. Krait.
    „Äh … nein“, sag­te ich. Vor mei­nem geis­ti­gen Au­ge sah ich, wie die Leu­te auf der Ve­ran­da sich vor­beug­ten und die Oh­ren spitz­ten. „Ich bin … ich un­ter­rich­te am Col­le­ge.“
    „Ox­ford?“ frag­te Krait.
    „Äh … nein. Uni­ver­si­tät von Te­xas.“
    „Na, das ist ja ver­dammt weit weg. Und Sie sa­gen, Sie su­chen die Gud­gers?“
    „Nur ihr Haus. Die Ge­gend. Wie Ih­re Frau schon sag­te, ich ha­be ge­hört, daß sie weg­ge­zo­gen sind. Ich glau­be, wäh­rend der De­pres­si­on.“
    „Na, dann müs­sen sie aber Geld ge­habt ha­ben“, sag­te der rie­sen­haf­te Mr. Krait. „Nie­mand hier war reich ge­nug, um wäh­rend der De­pres­si­on weg­zu­zie­hen.“
    „Lu­ke!“ brüll­te er. Der äl­tes­te der Jun­gen auf der Ve­ran­da kam her­un­ter­ge­schlen­dert. Er sah an­ämisch aus und trug ein Hemd, das zur Zeit des Twist in Mo­de ge­we­sen sein muß­te. Mit den Hän­den in den Ta­schen blieb er ste­hen.
    „Lu­ke, zeig Mr. Lind­bergh …“
    „Lind­berl.“
    „… Lind­berl den Weg zur al­ten Sprad­lin-Farm. Bring ihn bis zur al­ten Holz­brücke; vor­her ver­läuft er sich viel­leicht.“
    „Holz­brücke ist zu­sam­men­ge­bro­chen, Dad­dy.“
    „Wann?“
    „Ok­to­ber, Dad­dy.“
    „Ver­flucht, wie­der was zu re­pa­rie­ren! Na, je­den­falls bis zum Bach dann.“
    Er wand­te sich zu mir. „Wol­len Sie, daß er mit Ih­nen da rauf­geht, da­mit Sie nicht von Schlan­gen ge­bis­sen wer­den?“
    „Nein, ich kom­me be­stimmt zu­recht.“
    „Darf ich Sie fra­gen, was Sie da oben wol­len?“ frag­te er. Er sah mich nicht an. Of­fen­sicht­lich war es ihm un­an­ge­nehm, daß er mich di­rekt hat­te fra­gen müs­sen. Ge­wöhn­lich ka­men sol­che Sa­chen im Ver­lauf der Un­ter­hal­tung zur Spra­che.
    „Ich bin … Vo­gel­kund­ler. Ich stu­die­re Vö­gel. Wir ha­ben … ich mei­ne, je­mand hat uns er­zählt, daß auf der al­ten Gud­ger­farm … in der Ge­gend hier … ich su­che einen sel­te­nen Vo­gel. Es ist schwer zu er­klä­ren.“
    Ich merk­te, daß ich schwitz­te. Es war heiß.
    „Sie mei­nen so was wie einen Lie­ber­gott? So einen ha­be ich vor un­ge­fähr fünf­und­zwan­zig Jah­ren mal ge­se­hen, in der Nä­he von Bru­ce drü­ben.“
    „Nein, nicht ganz.“ (Lie­ber­gott war ei­ne der Be­zeich­nun­gen für den el­fen­bein­schnäb­li­gen Wald­specht, einen der sel­tens­ten Vö­gel der Welt. Bei je­der an­de­ren Ge­le­gen­heit hät­te ich jetzt mit of­fe­nem Mund da­ge­stan­den. Weil man ge­glaubt hat­te, daß sie in Miss­is­sip­pi schon in den zeh­ner Jah­ren aus­ge­stor­ben wä­ren, und we­gen der Tat­sa­che, daß Krait wuß­te , daß sie sel­ten wa­ren.)
    Ich ging zu mei­nem Wa­gen, um ihn ab­zu­schlie­ßen, und be­sann mich dann auf den An­stand der Si­tua­ti­on. „Ist mein Wa­gen Ih­nen im Weg?“ frag­te ich.
    „Nein. Das ist schon in Ord­nung“, sag­te Jim Bob Krait. „Wir er­war­ten Sie bei Son­nen­un­ter­gang zu­rück. Ist Ih­nen das recht?“
    Einen Au­gen­blick lang wuß­te ich nicht, ob das ein Be­fehl oder ein Aus­druck der Für­sor­ge ge­we­sen war.
    „Nur für den Fall, daß mich ei­ne Schlan­ge beißt“, sag­te ich. „Ich wer­de da oben vor­sich­tig sein.“
    „Viel Glück mit den sel­te­nen Vö­geln“, sag­te er und stieg zu sei­ner Fa­mi­lie auf die Ve­ran­da.
    „Gehn wir“, sag­te Lu­ke.
    Hin­ter dem Hau­se der Kraits war ein Hüh­ner­stall und ein Schwei­ne­ko­ben. Die Schwei­ne la­gen nach ih­rem mor­gend­li­chen Suhl­bad da wie In­seln in ei­ner schlam­mi­gen Bucht oder wie

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