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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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si­mu­lier­ten Stirn­run­zeln, das der Com­pu­ter sta­bi­li­sier­te wie elek­tro­ni­sches Ma­ke-up.
    Wäh­rend der Pau­se lehn­te Max sich zu­rück und blitz­te mich mit sei­nem Lä­cheln an wie ein Kiel­wel­len­rei­ter, mit feuch­tem, an­ge­kleb­tem Haar, die Wan­gen schweiß­glän­zend, es scher­te ihn kei­nen Pups, wer die Wahl ge­wann, so­lan­ge wir die höchs­te Niel­sen-Quo­te da­bei her­aus­quetsch­ten. Er nahm euch wie bei ei­ner Vi­deo-Ver­ge­wal­ti­gung und ver­dien­te sich sein acht­stel­li­ges Grund­ge­halt pro Jahr plus den glat­ten Hun­dert­tau­sen­der pro Punkt auf dem He­mi­sphä­ren-Niel­sen, Fi­nanz­jahres­schnitt mit ter­ti­ärer Ab­schrei­bung. Ich hat­te die klei­ne Nar­be vor­her noch nicht be­merkt, die auf sei­ner Lip­pe pu­cker­te, wenn er lä­chel­te. Ich be­sei­tig­te sie mit ei­nem Strich mei­nes Licht­schrei­bers.
    Als die Ab­sahn­mi­nu­te ih­rem En­de ent­ge­gen­ging, lehn­te Max sich vor und be­gann, wie im Ge­bet vor sich hin mur­melnd, die Se­kun­den zu zäh­len, bis er die Fah­rer wie­der ein­ge­klinkt hat­te. Er sah die Lam­pe und reck­te einen Dau­men hoch. „Auf­nah­me, Sid“, mur­mel­te er.
    „Hier ist Max­well Todd, nach­dem 21 Pro­zent der New Yor­ker Stim­men aus­ge­zählt sind, er­war­ten wir einen Sieg Stan­tons … bei 6 Pro­zent in Te­xas wei­sen un­se­re Mus­ter­wahl­krei­se auf einen Sieg Fol­gers hin … die Wahl­lo­ka­le in Ka­li­for­ni­en sind noch nicht ge­schlos­sen, und in Ha­waii bahnt sich ein mör­de­ri­scher Schlag an, al­so bleibt die Wahl 2020 bis zum Schluß ein har­ter Kampf … bleibt ein­ge­klinkt …“
    Als die Wer­be­zeitra­te um tau­send Dol­lar pro Se­kun­de fiel, weil die Fah­rer an der Ost­küs­te sich aus­kop­pel­ten, schaß­ten wir den Wes­ten und be­en­de­ten die Wahl.
    S TAN­TON S CHLÜPFT D URCH , K NAP­PES E ND­ER­GEB­NIS , schnat­ter­te das Nach­rich­ten­band.
    „Ein Blick dar­auf, warum ihr ge­wählt habt“, skan­dier­te Max, „gleich als nächs­tes …“
    Ich ha­be ei­ne furcht­ba­re Be­fürch­tung, daß wir näm­lich in un­se­rer Ei­le, un­se­ren An­teil an die­sem Ver­bre­chen zu leug­nen, die gan­ze Schuld an die­ser Vi­deo-Höl­le bei Max ab­la­den. In den An­hö­run­gen zum Pro­blem der Ge­fühls­feld­ver­bo­te woll­te Se­na­tor Harbrecht wis­sen, wie­so Ter­ry Nor­ge neun­zehn Jah­re lang da­zu in der La­ge ge­we­sen war, CBA-Top­zeit-Zug­ei­sen zu blei­ben, wäh­rend Max nach we­ni­ger als sechs Mo­na­ten die Kon­trol­le ver­lor.
    „Mr. Wa­re“, frag­te er mich, „war die La­ge so ver­zwei­felt, daß man bei ei­ner Su­che nach ei­nem neu­en Nach­rich­ten-Zug­ei­sen die of­fen­sicht­li­chen Män­gel von Max­well Todd über­se­hen hat?“
    Man konn­te es so aus­drücken. „Ja“, sag­te ich, und das Nach­rich­ten­band mel­de­te scha­den­froh: CBA W USS­TE , D ASS T ODD E IN V ER­SA­GER W AR … W ARE : „D AS W AR D EM N ETZ E GAL .“
    „Aber“, sag­te ich ih­nen, „wenn Sie Max die Schuld ge­ben wol­len, dann ge­ben Sie doch erst ein­mal dem So­fort-Niel­sen die Schuld, der es uns er­mög­lich­te, so­fort Ih­re Re­ak­ti­on auf un­ser Pro­gramm zu er­fah­ren. Das Fern­se­hen wur­de zu ei­nem ech­ten Aus­läu­fer un­se­rer Sin­nes­or­ga­ne. Das Fern­se­hen ist für das Jetzt, das Ge­wis­sen ist für die Frei­zeit. Wie könn­te man er­war­ten, daß je­mand an­ders als ein Mensch oh­ne Ge­wis­sen … und ich zi­tie­re den Ko­lum­nis­ten Van Hou­ten: ‚Max hat­te ei­ne Mo­ral, die sich al­le zwan­zigs­tel Se­kun­de ver­schob, je­des Mal, wenn sich die Fah­rer der He­mi­sphä­re zu lang­wei­len be­gan­nen. Er litt nicht un­ter Reu­e­ge­füh­len, denn wer hät­te das auch tun kön­nen, oh­ne noch viel frü­her aus­zu­bren­nen, als es Max­well Todd tat?’“
    Ich glau­be, ich sag­te ih­nen noch in ei­ner nicht vor­be­rei­te­ten Ne­ben­be­mer­kung, daß sie das Ge­fühls­feld ver­bie­ten und sich ein­bil­den könn­ten, ih­re Pflicht er­füllt und die Sa­che er­le­digt zu ha­ben. Was aber nur be­wei­sen wür­de, daß sie ge­nau die ge­schichts­blin­den Idio­ten sind, für die wir beim Netz sie schon im­mer ge­hal­ten

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