Kopernikus 6
Ganglien an den psychokybernetischen Strom angeschlossen. An Schläfen, Handgelenken und unten an der Wirbelsäule waren kleine, häßliche Wunden, wo die Elektroden losgerissen worden waren. Es hatte einen pyjamaartigen Anzug aus nichtleitendem Material getragen, aber der war ihm fast gänzlich vom Leib gerissen; nur hier und dort waren noch ein paar Fetzen hängengeblieben. Geschlechtsorgane besaß es nicht. Das Fleisch unterhalb des Brustkorbs war seltsam eingefallen: kein Magen und kein Verdauungstrakt. Der Körper war übersät mit Wunden, Schnitten und Kratzern, die sengende Sonne hatte großflächige Verbrennungen zweiten Grades hinterlassen, an anderen Stellen fanden sich schwere Frostbeulen und üble Erfrierungen, die die Blätter der Nachtpflanzen verursacht hatten.
Mein Staunen wuchs und vertiefte sich zu einer archaischen Furcht.
Es war aus D’kotta, daran gab es keinen Zweifel. Irgendwie hatte es die Zerstörung seines Cerebrums überlebt, irgendwie war es durch die brodelnde Hölle bis zu den Bergen gelaufen, und irgendwie hatte es sich den Steilhang hinauf und über den Bergkamm schleppen können. Ich bezweifelte, daß sein Handeln planmäßig gewesen war. Wahrscheinlich war es einfach blind in einer geraden Linie von dem zerstörten Cerebrum fortgegangen und nicht mehr stehengeblieben. Sein Verhalten an dem Geröllhang hatte gezeigt, wie es das gemacht hatte. Vielleicht hatten seine trüben Instinkte ihm auch bis dahin geholfen, Hindernisse auf seinem Weg zu umgehen, aber jetzt war es erschöpft, erlahmt und ratlos. Es war ein Wunder, daß es überhaupt so weit gekommen war. Und die Qualen, die es auf seiner Wanderung durchgemacht haben mußte, waren unvorstellbar. Ein Schauer lief mir über den Rücken, und die Härchen in meinem Nacken sträubten sich.
Das Null wankte auf mich zu.
Ich wimmerte und tat einen Satz nach rückwärts. Fast wäre ich gestürzt. Ich riß meine Waffe hoch.
Das Null blieb stehen, und sein Kopf pendelte langsam in einem Halbkreis. Seine Augen glitten auf seltsame Weise hin und her, und ich bezweifelte, daß es mich überhaupt deutlich sehen konnte. Wahrscheinlich war ich nichts als ein dunkelgrauer Schatten.
Ich versuchte meinen keuchenden Atem zu beruhigen. Es konnte mir nichts tun, es war harmlos und sowieso schon fast tot. Langsam senkte ich die Waffe, gewaltsam löste ich meine Finger vom Griff und hängte sie über meine Schulter.
Vorsichtig schob ich mich auf das Null zu. Es schwankte, aber es rührte sich nicht von der Stelle. Unten am Fuße des Geröllhangs sah ich den Vactransporter als matten, metallisch schimmernden Fleck. Langsam streckte ich die Hand aus. Das Null rührte sich nicht. Aus der Nähe sah ich, wie seine mageren Rippen sich unter der Anstrengung seines stoßweißen Atems hoben und senkten. Es zitterte, und gelegentlich lief ein konvulsivischer Krampf bebend durch seine Glieder. Ich war überrascht, daß es nicht stank; es hieß, daß Nulls einen starken Körpergeruch besäßen, zumindest erzählte man sich das in den Feldlagern – dummes Zeug, wie so vieles von dem, was ich damals wußte. Eine Minute lang beobachtete ich es fasziniert, aber mein Training sagte mir, daß ich hier nicht lange herumstehen durfte. Wir waren völlig ungedeckt. Ich tat einen weiteren Schritt vorwärts, griff nach ihm und zögerte. Ich wollte es nicht berühren. Ich schluckte meinen Abscheu herunter, suchte an seinem Oberarm nach einer Stelle ohne Verbrennungen und Wunden und packte es fest mit einer Hand.
Bei der Berührung zuckte das Null zusammen, aber es unternahm keinen Versuch, nach mir zu schlagen oder zu fliehen. Wachsam wartete ich einen Augenblick, bereit, es mit einem
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