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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Gan­gli­en an den psy­cho­ky­ber­ne­ti­schen Strom an­ge­schlos­sen. An Schlä­fen, Hand­ge­len­ken und un­ten an der Wir­bel­säu­le wa­ren klei­ne, häß­li­che Wun­den, wo die Elek­tro­den los­ge­ris­sen wor­den wa­ren. Es hat­te einen py­ja­ma­ar­ti­gen An­zug aus nicht­lei­ten­dem Ma­te­ri­al ge­tra­gen, aber der war ihm fast gänz­lich vom Leib ge­ris­sen; nur hier und dort wa­ren noch ein paar Fet­zen hän­gen­ge­blie­ben. Ge­schlechts­or­ga­ne be­saß es nicht. Das Fleisch un­ter­halb des Brust­korbs war selt­sam ein­ge­fal­len: kein Ma­gen und kein Ver­dau­ungs­trakt. Der Kör­per war über­sät mit Wun­den, Schnit­ten und Krat­zern, die sen­gen­de Son­ne hat­te groß­flä­chi­ge Ver­bren­nun­gen zwei­ten Gra­des hin­ter­las­sen, an an­de­ren Stel­len fan­den sich schwe­re Frost­beu­len und üb­le Er­frie­run­gen, die die Blät­ter der Nacht­pflan­zen ver­ur­sacht hat­ten.
    Mein Stau­nen wuchs und ver­tief­te sich zu ei­ner ar­chai­schen Furcht.
    Es war aus D’kot­ta, dar­an gab es kei­nen Zwei­fel. Ir­gend­wie hat­te es die Zer­stö­rung sei­nes Ce­re­brums über­lebt, ir­gend­wie war es durch die bro­deln­de Höl­le bis zu den Ber­gen ge­lau­fen, und ir­gend­wie hat­te es sich den Steil­hang hin­auf und über den Berg­kamm schlep­pen kön­nen. Ich be­zwei­fel­te, daß sein Han­deln plan­mä­ßig ge­we­sen war. Wahr­schein­lich war es ein­fach blind in ei­ner ge­ra­den Li­nie von dem zer­stör­ten Ce­re­brum fort­ge­gan­gen und nicht mehr ste­hen­ge­blie­ben. Sein Ver­hal­ten an dem Ge­röll­hang hat­te ge­zeigt, wie es das ge­macht hat­te. Viel­leicht hat­ten sei­ne trü­ben In­stink­te ihm auch bis da­hin ge­hol­fen, Hin­der­nis­se auf sei­nem Weg zu um­ge­hen, aber jetzt war es er­schöpft, er­lahmt und rat­los. Es war ein Wun­der, daß es über­haupt so weit ge­kom­men war. Und die Qua­len, die es auf sei­ner Wan­de­rung durch­ge­macht ha­ben muß­te, wa­ren un­vor­stell­bar. Ein Schau­er lief mir über den Rücken, und die Här­chen in mei­nem Nacken sträub­ten sich.
    Das Null wank­te auf mich zu.
    Ich wim­mer­te und tat einen Satz nach rück­wärts. Fast wä­re ich ge­stürzt. Ich riß mei­ne Waf­fe hoch.
    Das Null blieb ste­hen, und sein Kopf pen­del­te lang­sam in ei­nem Halb­kreis. Sei­ne Au­gen glit­ten auf selt­sa­me Wei­se hin und her, und ich be­zwei­fel­te, daß es mich über­haupt deut­lich se­hen konn­te. Wahr­schein­lich war ich nichts als ein dun­kel­grau­er Schat­ten.
    Ich ver­such­te mei­nen keu­chen­den Atem zu be­ru­hi­gen. Es konn­te mir nichts tun, es war harm­los und so­wie­so schon fast tot. Lang­sam senk­te ich die Waf­fe, ge­walt­sam lös­te ich mei­ne Fin­ger vom Griff und häng­te sie über mei­ne Schul­ter.
    Vor­sich­tig schob ich mich auf das Null zu. Es schwank­te, aber es rühr­te sich nicht von der Stel­le. Un­ten am Fu­ße des Ge­röll­hangs sah ich den Vac­trans­por­ter als mat­ten, me­tal­lisch schim­mern­den Fleck. Lang­sam streck­te ich die Hand aus. Das Null rühr­te sich nicht. Aus der Nä­he sah ich, wie sei­ne ma­ge­ren Rip­pen sich un­ter der An­stren­gung sei­nes stoß­wei­ßen Atems ho­ben und senk­ten. Es zit­ter­te, und ge­le­gent­lich lief ein kon­vul­si­vi­scher Krampf be­bend durch sei­ne Glie­der. Ich war über­rascht, daß es nicht stank; es hieß, daß Nulls einen star­ken Kör­per­ge­ruch be­sä­ßen, zu­min­dest er­zähl­te man sich das in den Feld­la­gern – dum­mes Zeug, wie so vie­les von dem, was ich da­mals wuß­te. Ei­ne Mi­nu­te lang be­ob­ach­te­te ich es fas­zi­niert, aber mein Trai­ning sag­te mir, daß ich hier nicht lan­ge her­um­ste­hen durf­te. Wir wa­ren völ­lig un­ge­deckt. Ich tat einen wei­te­ren Schritt vor­wärts, griff nach ihm und zö­ger­te. Ich woll­te es nicht be­rüh­ren. Ich schluck­te mei­nen Ab­scheu her­un­ter, such­te an sei­nem Ober­arm nach ei­ner Stel­le oh­ne Ver­bren­nun­gen und Wun­den und pack­te es fest mit ei­ner Hand.
    Bei der Be­rüh­rung zuck­te das Null zu­sam­men, aber es un­ter­nahm kei­nen Ver­such, nach mir zu schla­gen oder zu flie­hen. Wach­sam war­te­te ich einen Au­gen­blick, be­reit, es mit ei­nem

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