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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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ver­schie­de­nen Stim­mungs­lau­ten un­ab­hän­gig ent­wi­ckelt hat­te. Die Obe­ren spra­chen nie, wenn sie in lan­gen Ab­stän­den zu uns ka­men, um die Ma­schi­nen zu über­prü­fen, die uns re­gu­lier­ten. Man hat­te uns nie ge­sagt, wer wir wa­ren, man hat­te uns über­haupt nie ir­gend et­was ge­sagt. Uns wa­ren al­le die­se Din­ge gleich­gül­tig, es wa­ren Vor­stel­lun­gen, die sich in un­se­ren Köp­fen nie­mals ge­bil­det hat­ten. Wir wa­ren oh­ne­hin bes­ten­falls halb­be­wußt. Es gab nichts als MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM. Die Obe­ren wa­ren an un­se­rer geis­ti­gen Ent­wick­lung nicht in­ter­es­siert, denn aus den Be­zir­ken konn­te man nicht auf­stei­gen. In ei­ner Ge­sell­schaft aus ri­gi­den Schich­ten gab es kei­nen an­de­ren Platz für uns. Das Kom­bi­nat hat­te sich sei­ner Ver­pflich­tun­gen ent­le­digt, in­dem es uns am Le­ben hielt, an ei­nem Ort, wo wir so­gar ge­ring­fü­gig von Nut­zen sein konn­ten. Un­se­re Ar­beit war zwar ei­ne Si­ne­ku­re, die von ei­nem Com­pu­ter in ef­fek­ti­ver­er Wei­se hät­te ver­rich­tet wer­den kön­nen, aber so hat­ten sie eben ei­ne ge­sell­schaft­li­che be­gründ­ba­re Ent­schul­di­gung für die Kos­ten, die wir ver­ur­sach­ten. Sie hat­ten uns zu ih­rer Zu­frie­den­heit ein­ge­ord­net. Wir wa­ren le­bens­läng­lich dort. Wir wür­den er­wach­sen wer­den, alt wer­den und ster­ben, im­mer um­flu­tet von die­sem MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM.
    Die ers­te rea­le, se­pa­ra­te, deut­li­che Er­in­ne­rung mei­nes Le­bens ist die an den An­griff der Quä­sto­ren auf den Be­zirk. Die Wän­de der Mon­ta­ge­hal­le glüh­ten plötz­lich rot auf, wölb­ten sich und bra­chen nach in­nen, und Ma­son drang aus der Wol­ke von Rauch und Staub, die Pis­to­le im An­schlag, und kam lang­sam auf mich zu. Das sa­ge ich im Rück­blick. Da­mals war es nichts als ei­ne plötz­li­che In­va­si­on von un­ver­ständ­li­chen Lau­ten und Lich­tern und For­men und Far­ben, zu­viel, um es auch nur an­nä­hernd zu be­grei­fen, un­vor­stell­bar fremd. Es war die ers­te ab­wei­chen­de No­te un­se­res Le­bens: MMMMMMMMMMMMMMMM!!!! Und sie zer­schmet­ter­te un­se­re Welt in ei­nem ein­zi­gen Au­gen­blick und schleu­der­te uns in ei­ne neue Di­men­si­on des Da­seins. Die Quä­sto­ren ent­führ­ten uns al­le, pack­ten uns in Vac­trans­por­ter, brach­ten uns in die Ber­ge und ver­such­ten, einen Teil des Scha­dens zu be­he­ben. Das war vor sechs Jah­ren ge­we­sen. Selbst mit all den Ein­rich­tun­gen, die im un­ter­ir­di­schen Kom­plex der Quä­sto­ren zur Ver­fü­gung stan­den – Hyp­no­trai­ner und Ana­ly­se­com­pu­ter, die mich in die Kind­heit zu­rück­war­fen und dann ge­dul­dig Schritt für Schritt wie­der her­aus­führ­ten, in zehn­tau­send Jah­ren sub­jek­ti­ver Zeit, wäh­rend mein Kör­per in sta­ti­schem Schlum­mer lag –, selbst mit all die­sen Din­gen konn­te ich von Glück sa­gen, daß ich mit halb­wegs ge­sun­dem Ver­stand da­von­ge­kom­men war. Die meis­ten wa­ren ge­stor­ben oder in Starr­krampf ver­fal­len. Nach der La­ge der Din­ge hat­te ich so­gar Glück ge­habt, ein Mün­del des Staa­tes zu sein. Ich hat­te Glück ge­habt, ein Zom­bie zu sein. Eben­so­gut hät­te ich ein nie­de­rer Klon sein kön­nen, oh­ne Ver­dau­ungs­sys­tem, für al­le Zeit un­trenn­bar an das Kom­bi­nat ge­ket­tet. Oder ich hät­te ei­nes von den Tau­sen­den in Tanks ge­züch­te­ten We­sen sein kön­nen, de­ren Hir­ne man in den Ge­stalt­sek­to­ren des Ce­re­brals als or­ga­ni­sche Com­pu­ter­da­ten­spei­cher be­nutz­te, völ­lig nicht­be­wußt: Ich hät­te ein Null sein kön­nen.
    Rie­si­ge Au­gen starr­ten mich un­ver­wandt an.
    Wär­me un­ter mei­nen Fin­gern.
    Ich hat­te das Ge­fühl, ich müß­te mich über­ge­ben.
    Der Wind strich un­auf­hör­lich stöh­nend durch das Tal, und es klang wie MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM.
    Hey­nith zisch­te mir zu, ich sol­le mich be­ei­len, sei­ne Stim­me schweb­te kaum hör­bar über dem Wind. Mei­ne Fin­ger öff­ne­ten und schlos­sen sich am Griff des Mes­sers. Im­mer wie­der sag­te ich mir: Es war doch so­wie­so nie wirk­lich be­wußt. Man hat sein

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