Kopernikus 6
Ringergriff zu umklammern, falls es mich angreifen sollte. Es rührte sich nicht, aber ich fühlte, wie sein Fleisch unter meinen Fingern kribbelte, und reflexartig schauderte es mich ebenfalls. Als ich sicher war, daß das Null mir keine Schwierigkeiten bereiten würde, wandte ich mich um und schob es vor mir her den Hang hinauf.
Es gehorchte meinem Stoß widerstandslos, bis wir in die Nachtbüsche eindrangen. Dann aber taumelte es und gab einen blökenden, unartikulierten Laut von sich. Die Pflanzen verbrannten es, sie saugten die Wärme aus seinem Fleisch und riefen frische Striemen hervor, die dort, wo die Haut an den Blättern klebengeblieben war, widerlich aussahen. Achselzuckend stieß ich es voran. Noch einmal blökte es schwankend. Ich blieb stehen. Die Augen des Nulls wanderten in meine Richtung, und es wimmerte leise und schmerzerfüllt. Ich fluchte im stillen wegen der Zeitverschwendung, aber dennoch ging ich voraus, bahnte dem Null einen Weg und zerrte es hinter mir her. Die Zweige schlugen wirkungslos gegen meinen Thermoanzug, als ich sie zur Seite bog. Gelegentlich fuhr einer zurück und klatschte gegen das Null, so daß es wimmernd zusammenzuckte, aber das Gröbste blieb ihm erspart. Verschwommen fragte ich mich, weshalb ich dies alles tat. Warum willst du jemandem {etwas, verbesserte ich mich nervös) Schmerzen ersparen, wenn du ihn (es) sowieso gleich töten mußt? Was kann das schon für einen Unterschied machen? Ich stellte diese Frage zurück und konzentrierte mich auf die Bewegungen meines Körpers. Das Null war nicht schwer, aber es war auch nicht gerade leicht, es den Hang hinaufzuschleifen, vor allem, wenn es alle paar Meter stolperte und hinfiel und ich es wieder auf die Füße stellen mußte. Nach kurzer Zeit brach mir der Schweiß aus, aber das war mir gleichgültig, denn die Aktivität beschäftigte meine Gedanken, und ich wollte mich nicht noch einmal diesem tauben Gefühl ausliefern, das sich spürbar wieder näherte.
Wir stiegen bergauf, bis wir uns etwa zehn Meter über dem Graben befanden, in dem Heynith und Goth kauerten. Hier schien ein guter Fleck zu sein. Das Gebüsch war fast brusthoch, hoch genug also, um den Körper des Nulls so zu verbergen, daß er auch aus der Luft nicht mehr zu sehen war. Ich blieb stehen. Das Null prallte blind gegen mich, es lehnte sich an mich, und sein Atem rasselte an meinem Ohr. Die Berührung ließ mich vor Grauen erschauern. Eine Gänsehaut überlief meine Arme und Beine und verbreitete sich über meinen ganzen Körper. Irgend etwas rief eine wispernde Erinnerung in mir wach, doch ich ignorierte sie angesichts der aufsteigenden Panik. Meine Schulter wand sich unter dem Gewicht des Nulls und schüttelte es ab. Das Null rutschte ein Stück weit den Hang hinunter, fast wäre es gestürzt, doch es fing sich wieder.
Keuchend beobachtete ich es. Die Erinnerung kehrte zurück, unaufhörlich nagend. Diesmal drang sie durch:
Mason, der durch die von der See umspülten Felsen von Cape Itica auf den wartenden Torpedotaucher zuhastete, während hinter ihm das Feuer zum Himmel schlug und die Schatten überstrahlte. Mason, der nicht schnell genug über eine Klippe sprang, der zu lange auf dem scharfen Riff balancierte und sich allzu deutlich vom Himmel abhob. Mason, der sich ruckartig straffte, als der Fusionsstrahler von den Uferklippen aus seine Wirbelsäule auflöste und sein Fleisch wie Wachs zerschmelzen ließ. Mason, der in meine Arme stürzte, so daß ich fast in die Knie sank. Mason, schon tot, schwer in meinen Armen, schwer in meinen Armen. Mason, der mir entrissen wurde, als die Brandung über uns zusammenbrach und mich mit Gischt überflutete. Mason, der versank, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte, während Heynith mich brüllend zur
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