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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Tu­ni­ka. Die Fü­ße trom­meln ein letz­tes Mal auf den Bo­den und wüh­len die Er­de klum­pen­wei­se auf.
    Ich ver­such­te ver­zwei­felt zu ver­ste­hen. Ich hat­te nicht zum ers­ten Mal je­man­den ge­tö­tet, und nie hat­te es mich ge­stört, au­ßer im Schlaf. Ich hat­te es me­cha­nisch ge­tan, mit ei­ner vom Haß ge­stärk­ten Rou­ti­ne und mit von der Rou­ti­ne ge­dämpf­tem Haß. Ich frag­te mich, ob die­se Nacht je­mals en­den wür­de. Ich dach­te dar­an, wie ich vom Berg aus den Mor­gen hat­te auf­ge­hen se­hen. Ich glaub­te nicht, daß die Nacht zu En­de ge­hen wür­de. Und wie­der be­rühr­te ein großer Ge­dan­ke mei­nen Geist.
    Die Stadt, vom Fels ver­schlun­gen.
    Der Ka­dett, wie er fiel, mit aus­ge­brei­te­ten Ar­men.
    Wie­so im­mer der Ka­dett zu­sam­men mit der Stadt? Hat­te das ei­ne mich für das an­de­re sen­si­bel ge­macht? Und wenn ja, wel­ches für wel­ches? Ich zö­ger­te.
    War viel­leicht bei­des gleich wich­tig?
    Ei­ner der an­de­ren Trupp­füh­rer pfiff.
    Wir schra­ken auf, noch an­ge­spann­ter jetzt, als wir es zu­vor schon ge­we­sen wa­ren. Der Pfiff er­tön­te noch ein­mal, ein zwit­schern­der Laut, der auf der Stil­le schwamm wie Öl auf dem Was­ser. Je­mand kam her­an. Nach ei­ner Wei­le hör­ten wir im Un­ter­holz des Berg­han­ges ein Ra­scheln und Knacken, das sich nä­her­te. Wer im­mer das sein moch­te, er gab sich kei­ne Mü­he, lei­se zu sein. Im Ge­gen­teil, er schi­en blind­lings vor­an­zu­stür­men und un­ter lau­tem Kra­chen durch das Dickicht zu bre­chen. Goth und ich wand­ten uns dem Ge­räusch zu, nah­men un­se­re Pis­to­len hoch und ent­si­cher­ten sie. Das war In­stinkt. Ich frag­te mich, wer vom Berg her­un­ter auf uns zu­kom­men konn­te. Das war Ver­nunft. Hey­nith ver­renk­te sich, um die ge­gen­über­lie­gen­de Rich­tung zu de­cken, und stütz­te sei­ne Waf­fe auf den Rand des Sat­tels. Das war Vor­sicht. Der Stö­ren­fried pas­sier­te un­se­re Po­si­ti­on in et­wa zwei Me­tern Ent­fer­nung, ver­deckt von den Bü­schen. Ein paar Schrit­te wei­ter un­ten, ober­halb ei­nes Ge­röll­han­ges, der sich ins Tal hin­ab­zog, gab es ei­ne of­fe­ne Stel­le. Wir be­ob­ach­te­ten sie auf­merk­sam. Das Ge­büsch am Ran­de der Lich­tung schwank­te, teil­te sich. Ei­ne Ge­stalt stol­per­te ins Licht der Ster­ne.
    Es war ein Null.
    Goth at­me­te tief ein und ließ Luft zi­schend zwi­schen sei­nen Zäh­nen her­aus­strö­men. Hey­nith zeig­te kei­ne Re­ak­ti­on, aber ich konn­te mir vor­stel­len, wie sei­ne Au­gen hin­ter den di­cken Lin­sen schmal wur­den. Mein Kopf war et­wa drei Herz­schlä­ge lang völ­lig leer. Dann, über­rascht: ein Null! Ich riß den Lauf mei­ner Waf­fe hoch. Dann, ver­ständ­nis­los: ein Null? Ich ließ die Mün­dung sin­ken. Ei­ne Se­kun­de lang nichts, dann: wie? Und zag­haft noch ein­mal: wie? Mei­ne Ge­dan­ken kräu­sel­ten sich ver­wirrt, und der Lauf mei­ner Pis­to­le schwank­te un­ent­schlos­sen.
    Das Null tau­mel­te über die Lich­tung, in lang­sa­men Schlan­gen­li­ni­en. Fast wä­re es den Ge­röll­hang hin­un­ter­ge­stürzt, ein Fuß hing be­reits un­s­tet über dem Ab­grund, doch dann fuhr es in ei­ner tro­pis­ti­schen Re­ak­ti­on zu­rück. Das Null schwank­te ein paar Schrit­te rück­wärts, blieb ste­hen, wank­te und sank lang­sam auf die Knie.
    Es beug­te sich nie­der, mit ge­senk­tem Kopf, die Ar­me schlaff am Bo­den, die Hand­flä­chen nach oben ge­kehrt.
    Hey­nith ließ sei­ne Waf­fe in den Schoß sin­ken und schüt­tel­te den Kopf. Er sag­te, er wol­le ver­dammt sein, wenn er ei­ne Ah­nung hät­te, wo das Ding her­kam, aber wir wür­den es los­wer­den müs­sen. Falls man es ent­deck­te, wä­re un­ser Hin­ter­halt ver­ra­ten. Au­to­ma­tisch hob ich mei­ne Pis­to­le und ziel­te, aber Hey­nith be­fahl mir zu war­ten. Kei­nen Lärm, sag­te er, nicht jetzt. Goth soll­te hin­aus­ge­hen und es laut­los tö­ten.
    Goth wei­ger­te sich. Hey­nith starr­te ihm sprach­los ins Ge­sicht und lief dann rot an. Goth und Hey­nith wa­ren schon frü­her an­ein­an­der­ge­ra­ten. Goth war ein gu­ter Mann, mu­tig wie ein Stier, aber er war ei­gen­sin­nig, neig­te zu oft da­zu, sei­nem

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