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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Heimreise eingeschmolzen, in die Röhre gegossen und gedreht, bis sich die verschiedenen Erze zu säuberlichen Metallschichten voneinander abgesondert hatten, war dieses Stück die Ausbeute tagelanger harter Arbeit.
    Sie rief die niedrigen Transportkarren herbei und rollte an das andere Ende der Halle, wo sie den Schiebeverschluß ihres eingebauten Lasers öffnete. Dann schloß sie sich an die Hauptstromzufuhr des Schiffs an. Ihre Batterien waren kräftig, doch das gierige Lichtmesser würde sie sehr schnell leer saugen. Der Strom floß durch sie hindurch.
    Aaahhh … Sie wollte sich zurückwerfen und den ruhigen Sternen ihren Triumph entgegensingen, aber es gab noch soviel zu tun. Sie ritt auf den sinnlichen Wellen wie ein Wellenreiter im Wasser, immer Herrin ihrer selbst.
    Ziemlich wenig Uran diesmal … vielleicht eine millimeterdünne Kappe auf einem Zylinder, der fünf Meter im Umfang maß. Sie funkte einen kleinen Transportkarren in Stellung, stellte ihre Filter ein, und ein Punkt brannte gleißend auf der glatten Oberfläche des Zylinders. Langsam bewegte er sich, herumgedreht von den vorsichtigen Händen der Kräne. Sie liebte diese Tätigkeit, dieses Kommandieren und Koordinieren, dieses Durchschneiden von Metall, wie ein Metzger seine Salami durchsäbelt. Der Transportkarren fing das Uran ein, als es, vom Rest abgesondert, frei schwebte, verstaute es und brachte es unaufgefordert an den Ort, wo es, in Bleiplatten eingelegt, warten würde. Wenn eine volle Schiffsladung beisammen war, würden sie sie den Gravitationsberg zur Erde hinunterrollen, in die Auffangnetze eines L5-Bergungsteams. Es würde gewogen und bezahlt werden, und Nakamura-san würde seine Schiffsschulden um diesen Betrag abbezahlt haben.
    Armer Nakamura-san, dachte sie, während sie daranging, die nächste Schicht zu bearbeiten. Er war so weit von Zuhause entfernt, daß er seine Welt nicht ohne Teleskop erblicken konnte, daß er sie ohne astronomischen Rechner nicht einmal finden konnte. Das Wort Mitleid war in einen von Marchiannas Vo-Chips gestopft worden; sie kannte seine Bedeutung, aber sie konnte das Gefühl nicht nachempfinden. Sie wünschte, daß sie das könnte, denn ihr Herr war wirklich bemitleidenswert.
    Ein einsamer Exilant, der nur einen Roboter als Gesellschaft besaß. Und nicht einmal einen klugen oder interessanten, dachte sie in einem Augenblick der Selbstabscheu. Ihr Herr brauchte vielmehr seidenes Haar, perlendes Lachen, warme, duftende Haut … mit anderen Worten: eine Ehefrau. Was er besaß, das war hingegen eine völlige Abhängigkeit von Maschinen, die jeden Aspekt seines Überlebens bestimmten, von der Luft, die er atmete, über den Anzug, den er trug, bis zu der Richtung, in die er die Karakai Maru steuerte. Was nicht heißen sollte, daß er in Gefahr schwebte, sondern daß die sterile Voraussehbarkeit seiner Umgebung Säure auf seine kristallene Seele träufelte. Er war ein Mensch, und um wirklich ein solcher zu sein, bedurfte er der Erweiterung durch die schwer faßbaren (illusionären?) Wirklichkeiten anderer Menschen, nicht der Zersetzung und Bedrückung durch Kupplungen und Motoren und Integralschaltungen.
    Etwa sechsunddreißig Stunden später knisterte ihr Funkempfänger. „Bist zu jetzt fertig?“
    „Hail“ Aufgewühlt lenkte sie seine Frage in ihren eingebauten Stimmbetonungsanalysator. Die Zusammenfassung blinkte R EIZBAR , während die Charts mit den Emotionskomponenten eine Liste aufreihten: Ä RGER . D EPRESSION . V EREINSAMUNG . F URCHT . S ELBSTZWEIFEL … Innerhalb einer Zwanzigstelsekunde vervollständigten sie die Liste, und der Psycho-Chip gab eine Reihe therapeutischer Reaktionsvorschläge von sich: B RING I HN Z UM S PRECHEN . U NTERSTÜTZE M ORALISCH . B LEIBE I NTERESSIERT , A BER E NTHALTE D ICH E INER W ERTUNG … Eine Zehntelsekunde war vergangen.
    „Komm sofort hoch!“
    „Hai.“ Ein Notfall, wunderte sie sich, doch als sie das Monitornetz des Schiffs anzapfte, lautete die Antwort: nein. Alle Anzeiger leuchteten grün, alle Werte waren normal. Nur seine Stimmung … armer Mann. Ich muß ihn glücklich machen.
    Sie erreichte die Brücke und ging durch die extrabreite Luftschleuse hindurch. Die Tür quietschte im Ultraschallbereich, als sie sich beiseite schob. Sie blieb kurz stehen, um ihr ein wenig Schmiermittel einzuspritzen. „Ich bin gekommen, Nakamura-san.“
    Er drehte sich fauchend auf seinen Schrittflächen um. „Du hast wirklich eineeinmalige Begabung dafür, das

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