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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Geschichte nicht mitbekommen haben solltest, hier ist sie …
    Zuletzt arbeitete Pa an einem Fließband in einer sogenannten bunten Reihe, wo spezialisierte Roboter Seite an Seite mit robotenden Spezialisten werken. „Von der Zeugung bis zum Schrott – Elektronik heißt der Gott“, sagte Paps immer. Die paar Männekens, die zwischen den Robotern arbeiten durften, hielten sich natürlich für etwas Besseres als ihre Maschinenkollegen. Dabei hatten die Arbeiter den Robotern nur eines voraus – auch wenn es bei ihrem Job nicht viel zu lachen gab, vermochten sie wenigstens zu lachen. Sie konnten stumm in sich hineingrinsen, munter aus sich herausbrüllen, ja sogar Tränen lachen. Und sei es über den dümmsten aller Witze. Alles, was die hochspezialisierten Maschinenbrüder zuwege brachten, bestand hingegen aus ein paar Öltränen, die eine Funktionsstörung signalisieren. Mein Vater mochte dreckige Sprüche nie leiden. Und weil er dabei nicht mitmischte, versuchten ihn seine Genossen selbst zur Zielscheibe für ihre Witze zu machen. Er aber pfiff darauf. Das fiel dem Oberbonzo der Roboter auf. Es entwickelte sich zwischen ihm und Pa eine Art Freundschaft. Eines Tages versuchte Vater zwischen allen Robotniks und Facharbeitern Frieden und Freundschaft zu stiften. Er organisierte eine kleine Verbrüderungsfeier. Sie begann mit gegenseitigem Schultergeklopfe – Robots berühren Menschen sonst nie. Dann folgten ein paar freundliche Rip penknuffe … Vater umarmte den großen stählernen Bonzo … der große stählerne Bruder umarmte Vater … und dann machte es leise knacks! Vaters Wirbelsäule war hin. Einer von den Scherzboldkollegen hatte sich ein dreckiges, mörderisches Witzchen erlaubt: Im Augenblick der Umarmung drückte er die Taste für die Panikreflex-Blockierung, die dem Roboter die Sensoren lähmt. Und der Roboter, der sich mühelos darauf programmieren läßt, mit rohen Eiern Ball zu spielen, brach Pa die Wirbelsäule. Nun fährt Vati an seinen Arbeitsplatz mit einem Rollstuhlroboter, der ihm pünktlich alle nötigen Arzneien verabreicht, ihn füttert, rasiert, instruiert, katheterisiert usw. Seither habe ich Papa nie mehr lachen sehen. Die Robotercrew aber behütet und verteidigt ihn wie ein Rudel Löwinnen ihr Junges. Er ist der letzte menschliche Arbeitnehmer an der bunten Fließbandstraße, den die Roboter dulden. Ich schmecke das Salz einer Träne. (Tilge den Satz per Löschtaste.) Du hast mich zuweilen eine sentimentale Gans gescholten, Mami. Weil ich aber Gänse nur als Tiefkühlkost und nicht lebendig kenne, verstehe ich bis heute nicht genau, was Du damit meintest.
    Der Computer ermahnt mich, mich kürzer zu fassen. Aber ich muß mich wenigstens einmal im Jahr mit jemandem aussprechen dürfen – und sei es per Telex in die Unendlichkeit.
    Zurück zu meinem Job. Jede vierte Freischicht müssen wir abwechselnd in das Trimm-Mobil klettern, von wegen Muskeltraining. Fit für ‚Made in Orbit’ heißt die Devise. Einige Kolleginnen lassen – gegen einen Bonus – andere für sich strampeln und klettern lieber für 30 Minuten in ihren Schlafsack. Dann sehen manche aus, als hätten sie sich erhängt. Aber in unseren Fledermausbetten hängen wir ja tatsächlich in Reih und Glied wie an einem Fleischerhaken. Und all das, während wir mit 28.500 km/h über dem Äquator nach Osten rasen … und, von unserem blauen Planeten aus gesehen, doch immer nur langweilig an einem Punkt herumhängen.
    Der Computer warnt mich abermals, daß ich zu viele Worte mache. Für Worte gibt es eben noch kein vernünftiges Recycling-System. Mein Input lautet: Ich will Dir mit diesem langen Funktelex eine Freude machen. Deshalb lasse ich es auch nicht via Nachrichtensatelliten weitersenden, sondern zu den am höchsten schwebenden Reflektor-spiegeln, dem superneuen Space-Spiegel-System, abstrahlen. Vielleicht komme ich Dir damit ein bißchen näher.
    Du hast heute Geburtstag, liebe Mutter. Ich wünsche mir für uns alle, daß jeder Mensch zwei Engel zur Seite hätte, einen schwarzen und einen weißen. Von hier oben sehe ich, daß in unserem Universum selbst für zwölf Milliarden Engel Platz wäre. Und inmitten einer Milchstraße voller Engelkommunen und all der im eisigen Weltraum dahinjagenden Seelen stelle ich mir ein irrwitziges Schwarzes Loch vor – die Galaxie Gottes. Der elektronische Seelsorger hat sich auch schon einzuschalten versucht. Aber er hat immer dieselben Oldie-Trostsprüche auf der Tonschleife. Außerdem

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