Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
überaus helles Licht leuchtete, ein Licht, das wir durch die Schädeldecke spüren konnten, ein Licht, das auch hinter geschlossenen und verhüllten Lidern blendende Reflexe hinterließ. Der Berg begann unter uns zu springen. Er schleuderte uns immer wieder in die Luft, bis wir fast bewußtlos waren. Das Tosen hörten wir nicht.
    Nach einer Weile wurde es wieder ruhig, und nur ein fortgesetztes leises Rumpeln blieb zurück. Als wir wieder hochsahen, wälzten sich dicke, träge Zungen von geschmolzenem Magma in breiten Strömen über das Feld, hier und da unterbrochen von spektakulären Fontänen in die Luft gewirbelter Funken.
    Unser Streuschirm hatte die Wucht des Ausbruchs aufgefangen, hatte sie lange genug abgehalten, um uns das Leben zu retten, aber dann war er durch die Überlastung zu Schrott verbrannt; auch das passierte wahrscheinlich zum ersten Mal.
    Niemand sagte etwas. Wir sahen einander nicht an. Wir lagen einfach da.
    Nach dem Chrono verging ungefähr eine Stunde, aber niemand war sich dessen bewußt.
    Endlich standen ein paar von uns schweigend auf und fingen an, ziellos hin und her zu taumeln. Einer nach dem andern rappelten sich auch die übrigen hoch. Immer noch schwiegen wir, und immer noch versuchten wir, einander nicht anzusehen, während wir uns automatisch säuberten. Sie hören, daß jemand sagt: „Ich hab mir vor Angst in die Hose geschissen“, und Sie denken, das sei nur so ein Ausdruuck. Ist es aber nicht, nicht unter dem richtigen Stimulus. Automatisch versorgten wir unsere Wunden und Prellungen, automatisch räumten wir das Lager auf und vergruben den zerstörten Streufeldgenerator. Automatisch setzten wir uns wieder hin und starrten wie betäubt auf das strahlende Schauspiel in der Savanne.
    Jeder von uns wußte, daß der Krieg vorüber war – wir wußten es weniger im Kopf als vielmehr im Bauch. Es war eine emotionale Reaktion, doch eine sehr ruhige, sehr resignierte, sehr passive. Die Sache war viel zu groß, als daß wir sie hätten in Frage stellen können – eine Tatsache, die für sich sprach. Nach D’kotta konnte es nichts mehr geben. Punkt. Der Krieg war vorüber.
    Wir hatten beinahe recht. Aber nicht ganz.
    Noch eine Stunde verging, und ein Mann vom Hauptquartier kam in einem gestohlenen Vaeform über den Bergkamm und landete in unserem Lager. Der Mann schaltete das Vac ab, sprang heraus, ging zwei Schritte weit auf die Felsbrüstung zu, hinter der die Hölle lag, und blieb stehen. Wir sahen, wie seine Bauchmuskeln zuckten und sich zusammenzogen. Taumelnd wich er einen Schritt zurück und blieb wieder stehen. Seine Hand fuhr schützend zu seinem Hals, verharrte dort, sank wieder herab und fuhr noch einmal hoch. Wir sagten nichts. Das Hauptquartier, das den D’kotta-Feldzug leitete, hatte man vernünftigerweise hinter die Mönchsberge plaziert. So hatte die Bergkette sie abgeschirmt, und sie hatten nichts gesehen als das Lodern, das von der Wolkendecke reflektiert wurde. Die Stadt sah er jetzt zum ersten Mal – oder das, was einmal die Stadt gewesen war. Ich sah das Spiel der Muskeln auf seinem Rücken, sah, wie seine Schultern sich hoben, als wollte er sich vor einem Faustschlag schützen. Unter den Männern der Quästoren, die an der Planung der D’kotta-Operation beteiligt gewesen waren, beging eine beträchtliche Anzahl gleich nach der Neuordnung Selbstmord, und ebenso viele taten dies nicht. Ich weiß nicht, zu welcher Kategorie dieser Mann gehörte.
    Schließlich wandte der Verbindungsmann den Kopf und kam schwerfällig zu uns zurück. Seine Bewegungen waren ruckhaft, und sein Gesicht hatte eine seltsame Färbung, aber er war beherrscht. Er nahm Heynith, unseren Truppführer, beiseite. Sie sprachen eine halbe Stunde lang miteinander. Der Verbindungsmann zeigte Heynith eine Karte, kritzelte ihm etwas auf einen Block und gab ihm einige Papiere. Heynith nickte hin und wieder. Der Verbindungsmann verabschiedete sich und rannte fast zu seinem Vaeform. Das Vac hob sich in einem unkontrollierten Schwung, stabilisierte sich und verschwand dann in weitem Bogen hinter den knorrigen Kuppen der Mönchsberge. Heynith stand in den Staubwirbeln, die der Star aufgerührt hatte, und sah ihm unbeteiligt nach.
    Wieder wurde es still, aber diesmal war es eine erwartungsvolle Stille.
    Heynith kam herüber, betrachtete uns eine Weile und befahl uns dann, unseren Abzug vorzubereiten. Wir starrten ihn an. Er wiederholte seinen Befehl mit ruhiger, fester Stimme und mit unerträglicher

Weitere Kostenlose Bücher