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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Staates zu sein. Ich hatte Glück gehabt, ein Zombie zu sein. Ebensogut hätte ich ein niederer Klon sein können, ohne Verdauungssystem, für alle Zeit untrennbar an das Kombinat gekettet. Oder ich hätte eines von den Tausenden in Tanks gezüchteten Wesen sein können, deren Hirne man in den Gestaltsektoren des Cerebrals als organische Computerdatenspeicher benutzte, völlig nichtbewußt: Ich hätte ein Null sein können.
    Riesige Augen starrten mich unverwandt an.
    Wärme unter meinen Fingern.
    Ich hatte das Gefühl, ich müßte mich übergeben.
    Der Wind strich unaufhörlich stöhnend durch das Tal, und es klang wie MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM.
    Heynith zischte mir zu, ich solle mich beeilen, seine Stimme schwebte kaum hörbar über dem Wind. Meine Finger öffneten und schlossen sich am Griff des Messers. Immer wieder sagte ich mir: Es war doch sowieso nie wirklich bewußt. Man hat sein Hirn lediglich als Computereinheit für eine biologische Gestalt benutzt. Da gibt es keine individuelle Intelligenz. Es würde keinen Unterschied machen. Immer wieder sagte ich mir: Es stirbt so oder so, aus einem ganzen Dutzend von Gründen. Es hat Schmerzen. Es zu töten wäre eine Gnade.
    Ich hob das Messer und legte es dem Null an die Kehle. Langsam drückte ich die Spitze hinein, bis sie sich ins Fleisch bohrte.
    Die Augen des Nulls wanderten nach unten und richteten sich auf die Klinge.
    Mein Magen drehte sich um. Ich wandte den Blick ab und schaute über das Tal hinaus. Ich spürte, wie meine sorgfältig erschaffene Welt rings um mich her erbebte und verschwamm. Ich fühlte, daß ich wiederum kurz davor stand, auf eine neue, bis dahin unvermutete Ebene des Verständnisses geschleudert zu werden. Ich hatte Angst.
    Die Scheinwerfer des Vactransporters blitzten zweimal auf.
    Ich fand mich am Boden liegend wieder, verborgen unter den knorrigen Büschen. Ich hatte das Null mit mir heruntergezogen, ohne zu denken, hatte es flach auf den Boden gedrückt und seine Arme auf den Rücken gebogen. Dies war das Signal, daß Ren den Ruf des Orboters empfangen und im entsprechenden Code zurückgefunkt hatte, um ihn zur Landung zu bringen. Ich konnte ihn vor mir sehen, wie er grinsend in der verdunkelten Kabine saß und die Instrumente bediente.
    Ich stützte mich auf den Ellbogen, riß mein Messer hoch und hielt es in der Schwebe, während ich nach dem Übergang vom Hals zum Rückgrat suchte, um es dort hineinzustoßen. Wenn ich ihn (es) töten wollte, dann mußte ich ihn (es!) jetzt töten. In schneller Folge, wie eine Diaserie, wie einen laufenden Computerausdruck, sah ich: D’kotta … den Kadetten … Mason … das Null. Er und es purzelten durcheinander. Er blieb stehen. Ich ließ das Messer sinken. Ich konnte es nicht tun. Er war ein Mensch. Jeder war ein Mensch.
    Mochte es sein, wie es wollte – ich hatte mich verändert. Ich war nicht mehr derselbe.
    Ich sah auf. Irgendwo dort oben, an der Grenze der Atmosphäre, hing die glitzernde Sammlung gegnerischer Kräfte mit dem Namen „Raumschiff“, von zierlicher Unverwundbarkeit wie ein eiserner Schmetterling. Es würde schwingend am Rande der „Realität“ schweben und nur den allerzartesten Kontakt mit diesem Kontinuum halten. Es hatte einen Orboter gestartet, der hier in diesem Tal mit dem Vactransporter zusammentreffen sollte. Der Orboter war randvoll mit den Genkulturen, die man für die Erschaffung von Hunderttausenden nichtbewußter Klone verwenden konnte, denen man Verhaltensmuster einprägen konnte, um sie dann zu computergesteuerten Soldaten zu machen. Grob, aber effektiv. Der Orboter war beladen mit Millionen winziger Metallblöcke, die unter einem enormen Druck aufbewahrt wurden. Wenn man diesen Druck aufhob, würde ihr molekulares Gedächtnis sie zu einer Vielfalt von Waffen rekonstruieren, die nur noch eine Energiequelle benötigten, um zu funktionieren. Mit anderen Worten: Der Orboter brachte eine riesige Armee mitsamt ihrem Kriegsgerät, in einer Form, die von einem fünfzehn Meter langen Vactransporter aufgenommen und nach Urheim geschafft werden konnte, wo es Maschinen gab, um das Ganze einsatzbereit zu machen. Dies war die letzte Chance für das Kombinat, der Rückenwind, den es zum Überleben brauchte. Eine Reihe von Industriefirmen im Commonwealth, die daran interessiert waren, daß das Kombinat auf Welt überlebte, hatten die Sache finanziert und arrangiert. Die Fracht des Orboters war schon vor D’kotta zusammengestellt und auf den Weg gebracht worden,

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