Kopernikus 8
schmierigen Tischplatte. Der junge Mann zuckte zusammen und ließ die Münze mit einem verlegenen Lächeln in der Tasche verschwinden, nachdem er sie am Oberschenkel blankgewischt hatte.
Der Kommandant nickte ihm ermutigend zu. „Deine Fingerübungen machen Fortschritte, Junge.“
Der bärtige junge Mann schüttelte wütend den Kopf. „Ich bin beschissen, nach wie vor, also spar dir deine mitleidigen Sprüche, ja? Schau sie dir doch an, meine Hände: Schrott. Ich war mal der beste Pilot in der ganzen Flottille, erinnerst du dich?“
Der alte Mann sah ihn besorgt an. „Die Sache hat dir doch ganz schön zugesetzt, was?“
„Ja“, sagte der junge Mann leise und betrachtete verbittert seine Handflächen, in denen sich noch immer die hellroten Narben abzeichneten. Sie würden noch eine ganze Weile zu sehen sein; vermutlich für immer. „Ja, die Sache hat mir ganz verdammt zugesetzt, und das wissen wir auch beide. Also laß uns über was anderes reden, ja?“
Der alte Mann schien ein wenig gekränkt. „Ich wollte ja nur … Ach, vergiß es. Wo steckt eigentlich dein Freund, der Späher?“
„Unser Freund, meinst du. Ich hab keine Ahnung. Er hat sich gleich nach der Landung verdrückt und ist seither nicht mehr aufgetaucht. Vermutlich sitzt er im Reaktor und läßt sich mit Gammastrahlen vollaufen, oder er macht diese Plasmawesen vom Deneb an. Was diese Burschen halt so anstellen, um ihre Kicks zu kriegen.“
Für einen Moment tauchte in seinem Gehirn das Bild eines einzelnen, freischwebenden Auges auf. Es war nahezu verdeckt von einem Knäuel aufgeregt herumflatternder Plasmawesen, die in allen Farben des Spektrums schillerten. Das Auge schien dem jungen Mann mit verschwörerischer Lüsternheit zuzuzwinkern, und unwillkürlich mußte er grinsen.
Der Kommandant beobachtete ihn ein wenig traurig und sagte schließlich: „Du kommst ganz gut mit ihm klar, was?“
Der junge Mann nickte. „Es würde nichts schaden, wenn du es auch mal versuchtest. Schließlich sind wir noch immer ein Team, auch wenn du ihn nicht ausstehen kannst.“
„Ich hab’ ihn mir nicht ausgesucht.“
„Er dich auch nicht. Trotzdem solltest du versuchen, mit ihm klarzukommen. Für deinen Hokuspokus kannst du ihn schließlich auch ganz gut gebrauchen.“
„Nun fang nicht schon wieder damit an“, sagte der alte Mann müde.
„Keine Sorge.“ Der junge Mann lächelte bitter. „Ich hab’s sowieso schon einmal zu oft gesagt.“
Sie schwiegen eine Weile unbehaglich. Der junge Mann winkte stumm den Robotkellner heran und ließ seinen Becher nachschenken. Er starrte mit abwesendem Gesichtsausdruck in den klebrigen, dunkelroten Wein; dann setzte er sich mit einem Ruck auf und sagte so laut, daß die Kadetten am Nebentisch erschrocken zusammenfuhren: „Wozu das alles? Ich frage dich: Wozu das alles?“
Der alte Mann seufzte. „Weil wir im Krieg sind. Weil es auf jeden einzelnen Planeten ankommt. Deshalb.“
„Weil es auf jeden einzelnen Planeten ankommt“, wiederholte der junge Mann ironisch. „Nun komm mir bitte nicht mit dieser Propagandascheiße. Spar dir das für die Mannschaft, ja?“
Der alte Mann zuckte beleidigt die Schultern.
„Sieh ihn dir doch an, diesen Scheißplaneten. Diesen kleinen blauen Drecksklumpen“, fuhr der junge Mann unbeirrt fort. „Für uns ist er vollkommen uninteressant, und die Exos können noch nicht mal darauf leben. Was also soll’s?“
„Du weißt sehr genau, was es soll“, sagte der alte Mann geduldig.
„Natürlich weiß ich das“, sagte der junge Mann verächtlich. „Die Vermessungstypen wollen in aller Ruhe ihre sinnlosen Pyramiden bauen, und die Schreibstubenhengste wollen in aller Ruhe mit ihren verdammten Computern rumspielen, und ein paar
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