Kopernikus 8
ihrer Schwanzflossen Wasser über ihre Körper spritzen.
Ich beneide ihre Zufriedenheit mit Einsamkeit und Unabhängigkeit ebensosehr, wie ich Elfleda beneide. Sie werden niemals von den Spielen berührt, die unsere Herren miteinander spielen. Elfleda schaut von einem hohen Plateau herab, das nur sie allein erklimmen kann. Das Meervolk gehorcht mit blicklosen Augen den Befehlen der Herren. Ich glaube, sie haben anderentags alles wieder vergessen.
Ich vergesse niemals. Ich erinnere mich an jeden einzelnen Zwischenfall, seit ich hierher gebracht wurde. In Kürze wird alles von vorn beginnen.
Eines der Meerwesen verschwindet, kurz darauf das andere. Mir ist im Wald kühl geworden, außerdem bin ich hungrig. Die Sonne scheint mir warm auf den Rücken, nachdem ich den Schatten verlassen habe und mich durch die Wiese dem Obstgarten nähere.
Licht, das durch die gesprenkelte Decke hereinfällt, erzeugt ein Muster auf meinem Fell. Das lässige Summen der schwarzen Fliegen stört mich nicht weiter. Ich muß gestehen, manchmal kann es von Vorteil sein, einen langen Schwanz zu haben.
Ein Nymphe und ein Satyr kopulieren unter einem Pflaumenbaum. Sie bemerken mich nicht. Sie sind so unverfroren, wie das Meervolk scheu ist. Der kurze, pelzige Schwanz des Satyrweibchens schnellt auf und ab, während sie den Nymphen besteigt und mit ihren haarigen Beinen umklammert. Seine grünen Hände umklammern ihre Hüften und gleiten weiter nach oben, um ihr rosa Fleisch zu liebkosen. Zu beiden Seiten der pelzbesetzten Kuppe ihres Rückgrats ist die Haut etwas sonnenverbrannt. Der Nymph beugt sich zu ihr hoch und dringt grunzend in sie ein, woraufhin sie die Finger in seinem grünen, lockigen Haar vergräbt. Er stemmt die Füße auf den Boden und bohrt die Zehen hinein, während ihre Hufe Sand vom Boden aufwirbeln. Der Nymph stöhnt und zieht die Satyrfrau enger an sich. Unsere Schöpfer haben keinerlei Respekt vor dem ursprünglichen Geschlecht ihrer Geschöpfe. Sie gefallen nur sich selbst, niemals wollen sie den Mythen oder Legenden gerecht werden.
Ich mache kehrt und galoppiere von dem atemlosen Keuchen und Stöhnen und Seufzen auf der Lichtung weg. Ich selbst habe einmal mit der Satyrfrau kopuliert. Gott stehe mir bei.
Das Gras der Wiese teilt sich vor mir, die Luft fließt wie Wasser durch meine Mähne. Bei der herrschenden Hitze sind die Vögel stumm, doch der schrille Gesang der Zikaden treibt mich weiter. Meine Hufe wirbeln Staub auf, zertreten Blumen und hinterlassen Abdrücke im Torf. Schweiß kitzelt in meinen Augen. Das Atmen schmerzt, daher presse ich die Ellbogen fest gegen die Flanken. Ich atme die Luft in Feuergarben ein. Schweiß rinnt an meiner Brust hinab, befeuchtet meine Flanken, fließt an den Beinen hinab und spritzt beim Laufen von meinen Fesseln. Zwischen meinen Hinterbacken wird der Schweiß zu weißem Schaum verrieben.
Die Wiese endet, ich galoppiere zwischen Felsen dahin. Ich springe über einen großen Stein und lande zwischen Kies und Geröll. Das Tal wird enger, steigt und endet vor einer Felswand. Ich stolpere, bleibe stehen, verharre mit gespreizten, in den Knien etwas angewinkelten Beinen und versuche, nur zu atmen.
Später erkenne ich, daß ich immer noch in einer Hand eine Pflaume, in der anderen einen Pfirsich halte. Der Saft der zerdrückten Früchte rinnt zwischen meinen Fingern herab. Ich zerbeiße die Früchte mit den Zähnen und schlucke das Fruchtfleisch, bis nur noch die Kerne übrig sind. Die Obstbäume sind Hybriden, sie bringen nur Mißbildungen und Freaks hervor. Ich werfe die Samen zwischen ödes Gestein, wo sie keinesfalls keimen können.
Während ich den Berg wieder hinabtrotte, trocknet der Schweiß auf meinem Körper. Vom
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