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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ist der Engel?“ fragte sie, und ihre Stimme klang eine Spur weniger zornig.
    Brand seufzte. „In meiner Kabine. Ich habe ihr eine Halskette zum Spielen gegeben.“

 
Drew Mendelson
Einst baute ich eine Eisenbahn ONCE I BUILD A RAILROAD
     
    Wenn die Eisenbahn stirbt, dann unseretwegen. Ich glaube, wir erschrecken die Reisenden am meisten. Es ist ihre Angst, die dafür verantwortlich ist, mehr noch als die TransMat. Mit der TransMat können sie von einem Ort, der für sie die Erde ist, zu einem anderen Ort, der Erde für sie ist, genauso leicht gelangen, wie sie eine Rinne auf dem Bürgersteig überschreiten, genauso einfach, wie sie atmen. Es mögen Lichtjahre dazwischen liegen, aber sie bemerken es nicht, und sie fürchten es nicht. Sie reisen von Stern zu Stern, die Strecken innerhalb des irdischen Herrschaftsgebietes sind nichts für sie, und sie haben die Sterne unwiederbringlich verloren – unseretwegen, weil sie uns fürchten.
    Es gibt eine Eisenbahn zwischen den Sternen. Sie läuft entlang der geodätischen Linien der Schwerkraft-Landschaft von Sol zum galaktischen Zentrum. Aber anders als die stählernen Schienen, die die Gleise der bodengebundenen Eisenbahn bildeten, sind unsere Schienen menschlich und lebendig. Der Abdruck unserer Körper (die wir die menschlichen Schienen sind) wird endlos entlang des interstellaren Schienenstrangs wiederholt. Unzählige Male werde ich zwischen der Erde und dem Bogen von Sagittarius, dem Schützen, nachgebildet. Wir ziehen Reisende entlang unserer Trassen, Passagiere und Fracht in kleinen Abteilen von fester Gestalt hinter uns in Züge gespannt.
    „Wir fürchten dich, weil du dich veränderst“, sagt eine Frau im Salonwagen meines Zuges. (Vor Centaurus lacht hier eine Frau, und ein Kind stirbt. Der Zug ist verunglückt und der Zug schlingert. Die Wagen sind voller Menschen, leer, laut, leise. Ich lache und weine, ich bin wütend, und ich fürchte mich. An jedem Punkt entlang der Eisenbahnstrecke existieren immer noch gleichzeitig alle Züge, die hier entlanggefahren sind. Sie sind dem Zug, der die Strecke in diesem Moment überquert, als Geister überlagert. Nur ich werde ihrer gewahr, die Reisenden nicht.)
    „Wir fürchten uns vor dir“, sagt sie, „weil du niemals dieselbe Person zweimal bist. Wir wissen von Augenblick zu Augenblick nicht, wie du aussehen und wie du dich anhören wirst. Wir können nie deine Stimmung erahnen.“
    Sie hat natürlich recht. Jetzt habe ich einen Bart. An diesem Morgen hatte ich ihn nicht, und an diesem Nachmittag werde ich wieder keinen haben. Wir benötigten Jahre, um die Trasse zu bauen, auf der wir verkehren. Jetzt überqueren wir sie in Tagen. Ich habe mich verändert in diesen Jahren. Ich wurde älter und grauer. So wie ich zu der Zeit war, in der die einzelnen Abschnitte meiner Trasse gelegt wurden, so bin ich jetzt, wenn der Zug sie passiert. (Bald werde ich für einen Tag fett und bierbäuchig in einer grünen, schmierigen Uniform stecken, die mir aus allen Nähten platzt. Ich werde Glubschaugen und feiste Wangen haben, zwischen meinen Knöpfen hervorquellen und über mein Koppel wabbeln. Ich werde schnaufen, ich werde watscheln. Ich werde fürchterlich viel essen und mich in meinem eigenen Abteil verstecken. Wenn wir an Scylla vorbei sind, wird die Fettleibigkeit verschwunden sein. Sie wird innerhalb von Minuten von mir abfallen, als wäre sie von der großen roten Sonne hinweggeschmolzen worden.
    Ich bin flink, das weiß ich, und ich ängstige sie. Wir alle ängstigen sie, so daß der Eisenbahnverkehr zusammenschrumpfte, bis es nur noch die drei Linien gab: meine, Orsinis und Rosalindes. Und Orsini transportiert meistens Fracht, da er die meisten seiner Passagiere vergrault hat. Ich bin flink, er ist flatterhaft und leidet unter heftigen Änderungen seiner Laune und Gestalt, anscheinend von einem Augenblick zum anderen (so schnell veränderte er sich in den Tagen, als er lebte und seine Strecke gelegt wurde).
    Entlang des Schienenstranges gibt es Winde, die auch mich schrecken; sie blasen mit jeder Durchquerung der galaktischen Trasse schneller und unberechenbarer. Die Winde wirbeln die Reisen für mich manchmal durcheinander, so daß vergangene und gegenwärtige Fahrten eins sind und ich sie nicht auseinanderhalten kann. Ich furchte um die Frau im Salonwagen und frage mich, ob ich morgen in der Lage sein werde, ihr von dem Geist der Frau zu erzählen, die 1017 Trips zuvor in diesem Salon ermordet wurde. Welche von

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