Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
waberte, doch kurz danach konnte er wieder das pulsierende Psi der Schlammbestie spüren. Er fühlte sich in die Gebärmutter des Wesens gezogen, dann war er eine erwachsene Schlammbestie, die nach Futter suchte, dann befand er sich wieder in ihrer Gebärmutter – und so verstrichen zwanzig Schlammbestiengenerationen, seine Tentakelglieder wurden stärker und seine Abscheu vor dem Sumpf größer, bis er sich schließlich behaglich schlafend im Innern der Glashalbkugel eines Raumschiffs sah. Sie näherten sich den äußeren Planeten des Sonnensystems, er und die anderen Schlammbestien mußten erwachen und die Kontrollen mit ihrem vereinigten Willen bedienen.
    Und plötzlich war er wieder Nassam, Sohn des Longur, Ur-Ur-Urenkel von Goldenschild, er saß rittlings auf einer Schlammbestie mitten in einer Kuhle; und dann sah er sich wieder selbst, nicht mehr eingeschlossen in eine Raumkapsel, sondern nackt und mit einem Speer in der Hand durchs Weltall rasen. Er stellte sich eine Sonne vor, die Sonne Styeles, und während er sich dieser näherte, verlor er zwar den Speer, nicht aber die Geschwindigkeit – er tauchte kopfüber in die Gasschwaden ein, sank hinab und wurde von dem unglaublichen Druck zermalmt und der Hitze verkohlt, sein Körper glich einem Ball, der sich überschlug und sich dabei langsam in einzelne Moleküle auflöste. Eins mit der Sonne, konnte er Zeuge der Fusionsprozesse im Innern werden, wo die Umwandlung der Atome stattfand. Dabei wurden viele Teilchen abgestrahlt, von denen Nassam einige als neutral weiß erkannte. Die neutralen Teilchen prallten mit anderen zusammen, wurden weggeschleudert und strebten der Sonnenoberfläche zu, die sie niemals erreichten.
    Dann wurde Nassam wieder ins All geschleudert, doch dieses Mal tauchte er in die Sonne über Sumpf ein, ein blauweißer Ball, der symbolisch vom Rest der Galaxis abgesetzt war. Hier war das Herz heißer, sogar so heiß, daß der Fusionsprozeß nicht nur im Innern, sondern auch nahe der Oberfläche ablief. Neutrale Teilchen von der Oberflächenfusion wurden abgestrahlt und zerfielen während ihrer Reise nach Sumpf. Von den Überlebenden konnten viele nicht in die Atmosphäre eindringen, und weitere wurden von den fleischigen Blättern der Pflanzen absorbiert.
    In die obersten Schichten des Schlammes konnten nur die wenigsten eindringen. Um zu überleben, mußten die Verbannten sich nur eingraben!
    Emotional ausgelaugt, schwang Nassam ein Bein über den Nacken der Schlammbestie, verharrte noch einen Moment auf dem Rücken, dann sprang er unsicher hinab zum Rand der Kuhle und von dort weiter zum festen Boden. Obwohl er nicht völlig verstand, was er gerade gesehen hatte, war er doch davon überzeugt, daß die Schlammbestie ihm die Wahrheit mitgeteilt hatte, und er wußte auch, daß Chola all das verstehen würde, was er nicht begreifen konnte. Und er wußte, er konnte die anderen davon überzeugen, daß sie wie die Schlammbestien oder Bogratten leben mußten, wenn sie überleben wollten. Wenn sie ihm nicht glauben wollten, würde er sie einfach hierherbringen. Wenn er ihnen alles erzählte, würden sie ihm bestimmt Glauben schenken.
    Und doch fühlte er sich betrogen. Nicht nur deshalb, weil er zwanzig Freunde verloren hatte, während die Antwort vor seinen Augen lag, sondern auch deshalb, weil er das Jagen aufgeben mußte.
    Er lehnte sich gegen einen Stamm und schaute mit leerem Blick zu der Schlammbestie hinüber. Er wünschte sich, er hätte sein Versprechen nicht gegeben. Je mehr er über das Versprechen nachdachte, desto schneller kreiste sein Verstand. Der Funke einer Idee flackerte in ihm und wurde zum lodernden Feuer. Er lächelte scheu. Wenn sie sich eingruben, konnten sie überleben. Vielleicht würde auch die Sterilität verschwinden.
    Daß die Kinder der Verbannten nicht jagen durften, hatte er nicht versprochen. Er und die anderen Erwachsenen würden durch Stellvertreter jagen.
    Er begann zu lachen – er warf den Kopf zurück und öffnete den Mund, bis seine oberen Zähne gegen die Lippen stießen. Doch dann sah er Leeani knietief im Morast stehen und gerade den Bogen heben. Das Lachen blieb ihm im Halse stecken. Sein Psi kreischte.
    Zu spät. Der Pfeil traf die Schlammbestie im rechten Auge. Das Tier stöhnte – kein Bellen, wie zuvor – und warf den Kopf zur Seite. Eine schwarze Flüssigkeit troff an seinem Gesicht herab, während es wieder versank.
    „Halt dich an der Trompete fest!“ rief Leeani mit trichterförmig vor den

Weitere Kostenlose Bücher