Kopernikus 9
Weiße Haus damit begann, die Landung der Aliens zu vertuschen, ehe die Regierung überhaupt wußte, daß es sich um eine Landung von Aliens handelte. Etwas Spektakuläres und äußerst Inoffizielles war geschehen, und so reagierte die Regierung damit, daß sie sich darauf setzte und verhinderte, daß etwas davon an die Öffentlichkeit drang. Nach vierzig Jahren der Unruhe, in deren Mittelpunkt die Medien standen, hatten sie gelernt, daß das Volk nichts zu wissen brauchte, was nicht ausdrücklich im Drehbuch stand. Es ist ebenfalls eine Tatsache, daß die ersten offiziellen Regierungsbeamten, die die Landeplätze erreichten, ausschließlich damit beschäftigt waren, jegliche Publizität dieses Ereignisses zu unterbinden, während die schwerbewaffneten Militäreinheiten, die das Land gegen eine mögliche Invasion von Aliens verteidigen sollten, erst später – in einem Fall sogar eine dreiviertel Stunde später – am Schauplatz der Ereignisse eintrafen. Dies macht die Prioritäten der Regierung ziemlich deutlich. Es war ein Wahljahr, und sie würden sich keine Blöße geben, solange sie nicht genau wußten, was dabei herauskommen konnte.
Den Deckel auf der Sache zu halten erwies sich jedoch als schwierig. Die Landung im Delaware-Tal war von Hunderttausenden von Menschen in Pennsylvania und New Jersey beobachtet worden, und die Mehrheit der Bürger in der Gegend zwischen North-Canton, Canton und Akron hatte die Landung in Ohio mitangesehen. Die ersten, die das fremde Schiff erreichten – überhaupt die ersten Menschen, die einen der Landeplätze erreichten –, gehörten zum Team eines Aufnahmewagens eines großen Fernsehsenders in Philadelphia; sie hatten auf einer faden Massenkundgebung für den Minderheitskandidaten ganz in der Nähe gedreht, als sich der Himmel auf tat. Sie verloren keine Zeit und machten sich sogleich auf den Weg zu dem Schiff, um ein paar wirklich aufregende Aufnahmen von echten Monstern zu bekommen, obgleich sie im Laufe der Jahre aus ungezählten Science Fiction-Filmen im Spätprogramm gelernt hatten, was gewöhnlich mit den Leuten geschah, die als erste bei der Fliegenden Untertasse herumschnüffelten, wenn die Luke sich öffnete und die tentakelbewehrten Horrorwesen hervorquollen. Sie riskierten es trotzdem. Sie parkten ihren Aufnahmewagen in respektvoller Entfernung vom Schiff, schoben ihre Teleobjektive vorsichtig über das Dach eines Werkzeugschuppens im Hof einer mit Brettern vernagelten Autowerkstatt und versorgten die Ostküste mit einer fünfzehn Minuten langen, hysterisch kommentierten Live-Berichterstattung, bis die Polizei eintraf.
Wie sich herausstellte, war die Polizei, fünf Funkstreifen und wenig später ein Panzerfahrzeug, angesichts dieser Situation hoffnungslos überfordert. Die Beamten schwankten zwischen Angst, Wut und Unentschlossenheit, und sie wünschten sich vor allem, jemand möge kommen und ihnen das Problem aus der Hand nehmen. Sie begnügten sich damit, das Gelände abzusperren und abzuwarten. Der Fernsehwagen, den die Polizisten mit wütender Verachtung straften, sendete ekstatisch für weitere zehn Minuten. Als der Sicherheitstrupp der Regierung per Hovercraft eintraf und den Fernsehleuten befahl, die Berichterstattung einzustellen, erwiderte der Sendetechniker, sie könnten sonstwohin gehen, ungeachtet der Tatsache, daß sie mit dem Bundesgefängnis drohten. Erst der bewaffneten Militärstreife, die wenig später anrollte, gelang es, die Übertragung abzubrechen, und selbst jetzt noch ging es nicht ohne Schwierigkeiten ab. Inzwischen jedoch saßen fast alle Leute an der Ostküste wie gebannt vor ihren Fernsehgeräten, und das plötzliche Ende der Fernsehberichterstattung verursachte zweimal soviel Panik wie die ursprüngliche Reportage über die Landung.
In Ohio landete das Schiff in einem Maisfeld. Das Resultat war eine Panik in einer nebenan grasenden Herde von Guernsey-Kühen und in einer fundamentalistischen Farmerfamilie, die glaubte, sie habe den Engel mit dem Siebenten Siegel herniedersteigen sehen. Hier trafen Militär und Polizei als erste ein, abgesehen von ein paar hundert Einheimischen, die sogleich geschlossen in Schutzhaft genommen und unter schwerer Bewachung in eine zugige Scheune gesperrt wurden. Die Behörden hofften, die Situation fest im Griff zu behalten, aber schon binnen einer Stunde mußten sie sich in wachsender Hilflosigkeit mit einer Horde von motorisierten Schaulustigen herumschlagen, die aus Canton und Akron herbeiströmten. Es
Weitere Kostenlose Bücher