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Kopf frei

Kopf frei

Titel: Kopf frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Lauterbach
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das Spiel sei aus guten Gründen jeweils mein Spiel.
     
    Das heißt, jeder muss selbst beantworten, wie ernst er es nimmt?
    Nein. Es ist eine psychologische Tatsache, dass die Fantasien nicht aus einem luftleeren Raum kommen. Und ich kann gerade am Anhaftungsgrad an eine erfundene Identität etwas über mich feststellen: Wie lieb ist mir diese Identität, dieser Avatar, wie wohl fühle ich mich damit oder experimentiere ich bloß?
     
    Den Weg von einer Second-Life-Identität zur Wunsch-Identität im First Life stelle ich mir so lang vor, dass man wohl den Mut verliert. Wie kann man da dranbleiben? Gerade wo Second Life so verlockend und easy ist?
    Es geht um den Weg der Kleopatra, die Hinweise nutzend.

     
    Ist das zu schaffen?
    Es ist ja egal, ob ich es schaffe. Es geht um die Entscheidung »Will ich erfüllter leben oder nicht?« Wenn ich das will, ist jeder kleine Schritt schon ein Erfolg.
     
    Durch die Existenz von Linden-Dollar ist eine starke Verquickung von First und Second Life gewährleistet. Reicht dies nicht als Integrationsaspekt?
    Die Antwort darauf steht und fällt damit, ob ich mein Business auf dieser Plattform als First-Lifer betreibe oder als Second-Lifer. Ist mein Second Life lediglich Business/Einnahmequelle für mein First Life, dann liegt der Akzent bereits auf dem First Life. Im umgekehrten Fall ist die Einnahme durch das Second Life wie ein erstaunlicher Lottogewinn, der mich motivieren kann, die Brücke zum First Life zu festigen.
     
    Second Life ist inzwischen längst gesellschaftsfähig. Wenn ich meine Second-Life-Identität im First Life offen zu erkennen gebe, hat das bereits Integrationsqualität?
    Wenn wir Integration definieren als Zu-sich-Stehen, dann hat es diese Qualität.
     
    Glauben Sie, dass die Gesellschaft und die Second-Life-Community bereit ist, den von Ihnen beschriebenen Integrationsweg zu beschreiten?
    Ich glaube, dass jeder bereit ist, diesen Weg zu beschreiten, wenn die Förderungsaspekte durch das Second Life ausgeschöpft sind. Mit anderen Worten: wenn das Second Life langweilig wird. Vorher hat das Second Life bahnbrechenden Charakter für das First Life: So attraktiv das Second Life ist, so attraktiv wird dann das First Life werden.
     
    Es sei denn, vorher tritt Suchtcharakter auf?
    Der ist ja jetzt schon da. Jede Sucht verspricht etwas, was in der sogenannten normalen Realität nicht verfügbar ist.
     
    Ich schlüpfe für unterschiedliche Gruppen (Freunde, Kollegen, Kunden, Fremde usw.) in unterschiedliche Rollen. Manchmal ganz deutlich und manchmal weniger erkennbar. Haben wir somit nicht im »wirklichen« Leben mehrere Second Lifes? Wo sehen Sie den Unterschied?
    Der Unterschied zwischen den verschiedenen Rollen besteht darin, dass ich mich unterschiedlich wohlfühle, und mein Second Life (Fantasie) setzt da an, wo ich
mich im First Life besonders unwohl fühle. Das Second Life entwickle ich, um Lücken und Unzufriedenheiten im First Life auszugleichen.
     
    Das Angenehme am Second Life ist, dass mir keine Identität übergestülpt wird (wie im First Life, aus der man sich oft so schwer befreien kann). Ist das nicht ein enormer Vorteil? Hier bin ich wenigstens selbstbestimmt!
    Das ist genau das Attraktive. Ich will mich befreien von allen fremdbestimmten Rollen und will mich erfinden. Dafür habe ich Raum auf der Second-Life-Bühne.
     
    Und das ist heilsam?
    Ja, und es wäre noch viel heilsamer, wenn es in der realen Wirklichkeit passieren könnte.
     
    Durch den von Ihnen beschriebenen Weg?
    Genau. Auf eine Formel gebracht: Lieber im Second Life eigenbestimmt als im First Life fremdbestimmt. Und am allerliebsten im First Life eigenbestimmt. Und Sie werden feststellen, dass Menschen, die im First Life eigenbestimmt leben, das Second Life nicht attraktiv finden.
     
    Also könnte man das Second Life als psychologische Spielwiese für das First Life sehen?
    Als psychologische Vorbereitung, als psychologische Eingleitschiene zum First Life.
     
    Wie kann Ihr Modell bei der Verbesserung der Kommunikation beim Chatten und Bloggen helfen?
    Es gibt in diesem Zusammenhang keine neue Betrachtung. Auch beim Chatten und Bloggen kann ich die eigene Befindlichkeit berücksichtigen, kann Quatsch machen, kann nur das kommunizieren, was zur Sache gehört, und dadurch bei mir und beim anderen bleiben. Diese beiden Kommunikationsformen sind wie Beliebigkeitslaberflächen. Da der Chatterer/Blogger nicht merkt, dass sein Text unter Umständen niemanden interessiert, kann er

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