Kopf frei
schönere Lösung?
Das genauere Hinschauen erlaubt mir also mehr Entspannung?
Richtig.
Manchmal »kloppe ich einen Spruch«, anstatt zu dem Gesagten Stellung zu beziehen, das heißt, wenn ich nicht auf die Aussage eingehen möchte. Das ist für mich eine Art Schutz. Ist das im Sinne dieses Kommunikationsmodells gültig?
Es ist eine Abgrenzungshilfe und damit sprechen Sie Worte der zweiten Wahl, weil Sie nicht wagen, sich direkt abzugrenzen und dem anderen Klartext zuzumuten. Wenn die Worte der ersten Wahl aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sind, dann sind die Worte der zweiten Wahl sicher besser als zu leiden.
Die von Ihnen dargestellten Sprüche haben ja eine konkrete Aussage. Wie kann ich diese rüberbringen und dabei den Kontakt mit dem anderen halten?
Der kritische Punkt bei meinen Beispielen ist, dass die Sprüche als Kampfmittel eingesetzt werden und nicht als Verbal-Bonbon. Kampfmittel sind ungünstig; mit dem Spruch übernimmt man weniger Verantwortung, weil man zitierend sich eine Autorität zur Seite stellt. Dann doch lieber direkt mit eigenen Worten kommunizieren. Ohne Sprach-Make-up also. Und natürlich gibt es Sprüche, die unübertreffbar alles auf den Punkt bringen. »Sprach-Nuggets« – die sind als Klein-Ode natürlich zu pflegen.
Wie ist es mit ständig wiederholten Standard-Wortverdrehungen? Gängig ist »zum Bleistift« anstatt »zum Beispiel«.
Da unterscheiden wir geläufige Stereotypen wie in Ihrem Beispiel und individuelle Stereotypen oder Verdrehungen. Wenn etwa jemand immer sagt: »Langer Rede, gar kein Sinn«, anstatt »Langer Rede, kurzer Sinn«. Beide Typen machen das automatische Sprechen sinnfällig. Weder Witz noch Kontakt werden durch sie gefördert.
Weil es beim anderen Genervtheit hervorruft?
Auf Dauer schon.
Wäre es angebracht, dass ich als Zuhörer den Sprecher darauf aufmerksam mache?
Die Frage, ob das angebracht ist, führt zu der Frage: Wie wollen Sie leben, wie sollen Ihre Kontakte aussehen, was wünschen Sie sich im zwischenmenschlichen Bereich? Was ist Nahrung für Ihren Geist? Es geht ja nicht darum, andere zu bevormunden,
sondern eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, nicht nur, um sie befriedigen zu können, sondern um wachsen zu können.
Bei jeder Kommunikation, die ich führe, sollte ich mich also im Fokus haben? In dem Ausmaß, in dem wir uns wahrnehmen, nehmen wir auch den anderen wahr, und in diesem Ausmaß gelingt Kommunikation.
Sich selbst in den Mittelpunkt zu setzen, scheint dem, was wir im Rahmen unseres sozialen oder religiösen Kontextes gelernt haben, entgegengesetzt zu sein.
Es scheint dem Anspruch, ganz auf den anderen ausgerichtet zu sein, zu widersprechen. Ich frage an dieser Stelle: Wie kann ich auf den anderen ausgerichtet sein, wenn ich gar nicht da bin, weil ich mich übersprungen habe?
Sehr logisch und gleichzeitig in der Durchführung sehr revolutionär.
Ja, dessen bin ich mir bewusst. Auch, dass eine völlig neue Mitmenschlichkeit gestartet werden kann und eine neue Lebensqualität auf den Plan gerufen wird. Dass sogar das Sprechen zur reinen Therapie (gemäß dieses Modells) werden kann. Dass es, um alles auf den Gipfel zu treiben, sogar ein Erleuchtungstraining darstellen kann.
Wieso Erleuchtung in diesem Zusammenhang?
Erleuchtung ist der Gipfel an Wachheit, und Wachheit wird durch dieses Kommunikationsmodell in kleinen und vielfältigen Schritten geübt.
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Trainingspunkt
Befindlichkeit als Kontakt-und Gegenwartsanker nutzen
ERSPÜRE DEINE WAHRE BEFINDLICHKEIT UND BRINGE SIE ZUM AUSDRUCK
Je mehr sich die Seele gesammelt hat, umso enger ist sie.
Und je enger sie ist, umso weiter ist sie.
Meister Eckhart
Wie ich jetzt drauf bin, kann ich weder gestern noch morgen spüren. Und jetzt nur, wenn ich genau zu mir selbst hinspüre. Deshalb verbinden uns Aussagen zur jeweiligen Befindlichkeit immer mit der Gegenwart, mit uns selbst und auch mit anderen. Das Tolle ist außerdem, dass wir immer eine gegenwärtige Befindlichkeit haben. Hier ist also unbegrenzter Gesprächsstoff, der sowohl als Kontakt- wie auch als Gegenwartsanker fungieren kann – vorausgesetzt allerdings, dass wir gut unterscheiden zwischen dem, was wirklich gerade in uns an Gefühl, an tiefem Empfinden – eben an Befindlichkeit – vorliegt und dem, was uns emotional und gedanklich im Griff hat.
Simone
Simone hat sich gerade wahnsinnig über Theo aufgeregt, weil er dem Hund schon wieder ein Stück
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