Kopf Geld Jagd: Wie ich in Venezuela niedergeschossen wurde, während ich versuchte, Borussia Dortmund zu retten. (German Edition)
Arbeit gelegentlich Adrenalinschübe bei 100 Stundenkilometern verschaffen konnte. Zwar vermisste ich die gelegentlichen Mahlzeiten mit Susan in unserem Anwesen, aber der Jachtklub Club de Mar bot einen überdimensionierten Swimmingpool und eine solide Mittelmeerküche zu meiner kulinarischen Befriedigung. Für Party und Vergnügen blieb sowieso kaum Zeit.
In Wahrheit war die Arbeitsbelastung kaum zu bewältigen und das Arbeitstempo war brutal fordernd, da unser Geschäft um mehrere 100 Prozent pro Jahr wuchs. Es blieb kaum Zeit für irgendetwas anderes. Eine 100-Stunden-Woche war die Regel. Ich managte Fonds, stellte Mitarbeiter ein, kümmerte mich um das Marketing, erstellte Konzepte und gründete ständig neue Fonds und suchte nach Übernahmezielen. Mehr als hundert Tage pro Jahr war ich auf Reisen und machte überhaupt keinen Urlaub mehr. Susan und die Kinder sah ich nur noch selten, gelegentlich am Wochenende oder spätnachts. Ich wurde genau wie Necko.
Zu der Zeit, als ACMH so schnell, aber unkontrolliert wuchs, wurde JR nicht nur CEO von ACMH, sondern auch zweitgrößter Anteilseigner. Zwar konnte ich das Unternehmen viel schneller und effektiver an den Markt bringen als er, aber ich wollte nichts mit Verwaltung, Organisation, Steueroptimierung, internationalen Wachstums- und Berichtsstrukturen zu tun haben. Das fand ich alles unerträglich monoton, mühselig und intellektuell anspruchslos. »Habe ich erlebt, habe ich gemacht, kein Grund zur Wiederholung«, lautete meine Schlussfolgerung. Ein gerader Pfad führt niemals irgendwo anders hin als zum Vorhersagbaren, und Vorhersagbarkeit ist die Definition von langweilig. Daher begrüßte ich JR in seiner neuen Rolle.
JRs erster IPO-Plan war ein totaler Abzockversuch. Ich hatte vor meinem 40. Geburtstag bereits dutzende Börsengänge begleitet. Im richtigen Klima hätte ich eine offene Tür an die Börse bringen können. JR brauchte viel zu lange, die Berater gaben sich die Türklinke in die Hand und wir hatten bereits mehr als eine Million Euro an Kosten angehäuft. JR brachte die Jungs aus seinem Londoner Pseudoestablishment an, führte ein paar irische Pirouetten auf und versuchte, mir mehr als die Hälfte meiner Eigenkapitalbeteiligung abzujagen. Ich hatte das Unternehmen aufgebaut, besaß die überwiegende Mehrheit und sollte nach dem Börsengang mit 20 Prozent abgespeist werden. JR hatte zwar die ersten drei maßgeblichen Wachstumsjahre nicht miterlebt, sollte hinterher aber genauso viele Anteile besitzen wie ich. Seine Pre-IPO-Investor-Kumpels aus London würden weitere 20 Prozent bekommen. Das würde bedeuten, dass ich mindestens 50 Millionen Euro verschenken und die Kontrolle über das Unternehmen an Leute verlieren würde, die ich kaum kannte und zudem nicht mochte.
Glücklicherweise hatte ich mir für alle Fälle Rückendeckung besorgt. Jacob, ein sehr cleverer israelischer Dealmaker und enger Freund, stand in Habachtstellung und zum Eingreifen bereit, falls JR einen seiner Fast-Eddie-Tricks 10 versuchen würde. Jacob, ehemaliger Mossad-Agent in Moskau und Anwalt in New York, überbot JR während der Verhandlungen ständig und manövrierte ihn an jeder Ecke ins Aus. Am Ende gelang es ihm, JR auf einen wesentlich geringeren Anteil zu beschränken, als er ursprünglich hatte aushandeln wollen. Dann befreiten wir uns von JRs nutzlosen Kumpanen. Wer brauchte diese Versager? Einige ihrer Namen machten auf dem Papier einen guten Eindruck, aber sie boten nichts, das uns dabei helfen würde, unsere aggressiven Pläne umzusetzen. (Im Gegenzug für seine unschätzbare Schützenhilfe half ich Jacob dabei, bei seinem nächsten Greenmailing 35 Millionen Euro zu gewinnen. JR war nicht glücklich, aber am Ende verdiente er dabei rund 30 Millionen Dollar. Nicht schlecht für weniger als drei Jahre Arbeit.)
In seinen ersten 18 Monaten bei ACMH leistete JR auf den Gebieten Steueroptimierung, Optimierung der betrieblichen Abläufe, Shareholder Relations und Unternehmensentwicklung hervorragende Arbeit. Er war ein solider Marketingexperte und Fundraiser. JR war ein echter Erfolg und wurde von den Mitarbeitern respektiert. Laut Medienberichten war er zudem auf dem besten Wege, einer der reichsten Männer Irlands zu werden. JRs übergeordnetes Ziel war stets gewesen, das Unternehmen weiterzuentwickeln, die kurzfristigen Gewinne zu maximieren und ACMH an einen Wettbewerber oder seine Anteile an der Börse zu verkaufen. Sein Verhalten wurde jedoch zunehmend
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