Kopf in der Schlinge
Ihre bloße Behauptung hin in polizeiliche Angelegenheiten stecken.«
»Das kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt doch wohl kein Gesetz, das es verbietet, Fragen zu stellen.«
»Ich habe ja Fragen gestellt, und ich sage Ihnen, was ich herausgefunden habe. Daß Tom zermürbt war, hing mit Dingen zusammen, die nichts mit Ihnen zu tun haben.«
»Warum hat er mir dann nicht gesagt, worum es ging, wenn dem so war?«
»Sie haben doch selbst gesagt, daß er sich gern bedeckt hielt, vor allem, wenn es um seine Arbeit ging.«
»Ja, schon, aber wenn das hier rein beruflich ist, warum sollte sich dann jemand die Mühe machen, das Haus zu durchsuchen?«
»Vielleicht hat man bei seiner Dienststelle seine Notizen oder Unterlagen, eine Telefonnummer oder einen fehlenden Bericht gebraucht. Es könnte alles mögliche sein«, sagte ich und rasselte die Alternativen so schnell herunter, wie sie mir in den Sinn kamen.
»Warum haben sie dann nicht angerufen und gefragt?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht waren sie in Eile, und Sie waren nicht zu Hause«, entgegnete ich genervt. Es klang alles lahm, aber sie trieb mich in die Enge, und das ärgerte mich maßlos.
»Kinsey, ich bezahle Sie, um dieser Sache auf den Grund zu kommen. Wenn ich gewußt hätte, daß Sie mir nicht helfen würden, hätte ich die fünfzehnhundert Dollar dazu verwendet, mir die Zähne überkronen zu lassen.«
»Ich tue, was ich kann! Was erwarten Sie denn von mir?«
»Kommen Sie mir bloß nicht so! Vor einer Woche waren Sie noch kooperativ. Und jetzt bekomme ich nichts als Ausflüchte zu hören.«
Ich mußte mir auf die Zunge beißen und ihr in ganz prägnanten, kurzen Silben antworten, um sie nicht anzuschreien. Ich holte tief Luft. »Hören Sie, ich habe noch eine weitere Spur. Sobald ich wieder bei Ihnen oben bin, gehe ich ihr gerne nach, aber falls es sich um eine Angelegenheit handelt, für die der Sheriff zuständig ist, sind mir die Hände gebunden.«
Es folgte eine dieser Schweigepausen, die klingen, als enthielten sie ein Ausrufezeichen. »Wenn Sie den Auftrag nicht zu Ende führen wollen, warum sagen Sie es dann nicht einfach?«
»So ist es ja gar nicht.«
»Wann kommen Sie dann zurück?«
»Das weiß ich noch nicht. Nächste Woche. Vielleicht am Dienstag.«
»Nächste Woche ?« sagte sie. »Und warum nicht heute? Wenn Sie jetzt ins Auto steigen, sind Sie in sechs Stunden da.«
»Weshalb die Eile? Die Sache läuft doch schon seit Wochen.«
»Tja, zum Beispiel schulden Sie mir noch Arbeit im Wert von fünfhundert Dollar. Für eine solche Summe sollten Sie doch wohl so schnell wie möglich hierherkommen wollen.«
»Selma, ich bin nicht bereit, mich jetzt darüber zu streiten. Ich tue, was ich kann.«
»Wunderbar! Wann kann ich mit Ihnen rechnen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Sie können mir doch sicher ungefähr sagen, wann Sie eintreffen. Ich habe noch andere Verpflichtungen. Morgen bin ich den ganzen Tag weg. Ich gehe um zehn Uhr zum Gottesdienst und bin dann zu Besuch bei meiner Cousine drunten in Big Pine. Ich kann nicht herumsitzen und darauf warten, daß Sie irgendwann einmal auftauchen. Außerdem muß ich Vorbereitungen treffen, wenn Sie kommen.«
»Ich rufe an, wenn ich komme, aber ich werde nicht in Nota Lake Cabins absteigen. Ich finde es dort gräßlich und will nie wieder in eine solche Lage kommen. Es ist zu abgelegen und gefährlich.«
»Gut«, sagte sie rasch. »Sie können hier bei mir wohnen.«
»Ich möchte mich keinesfalls aufdrängen. Ich suche mir ein anderes Motel, dann hat keine von uns Umstände.«
»Das macht keine Umstände. Ich kann Gesellschaft vertragen. Brant findet, es ist höchste Zeit, daß er in seine Wohnung zurückgeht. Er packt schon seine Sachen zusammen. Das Gästezimmer ist stets bereit. Ich bestehe darauf. Ich warte mit dem Abendessen auf Sie, und bitte keine Widerrede.«
»Wir reden darüber, wenn ich da bin«, sagte ich und versuchte, meinen Ärger zu verbergen. Ich bildete mir in Windeseile eine neue Meinung über die Frau, bereit, mich in die Legionen ihrer Kritiker einzureihen. Das hier war eine Seite von ihr, die ich noch nicht kennengelernt hatte, und ich kochte vor Wut. Natürlich merkte ich gleichzeitig, daß ich bereits begonnen hatte, meinen geistigen Terminkalender durchzugehen und mich darauf einzustellen, so bald wie möglich aufzubrechen. Da ich quasi zugestimmt hatte, wurde mir jetzt klar, daß ich es nur noch hinter mich bringen wollte. Ich machte die Verabschiedung
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