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Kopfloser Sommer - Roman

Kopfloser Sommer - Roman

Titel: Kopfloser Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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mitbringen.«
    Vater lächelt. Dann wird eine neue Flasche entkorkt. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Sollten sie wieder zusammenkommen, muss es ernst gemeint sein, anderenfalls wäre es Jacob und mir gegenüber unverantwortlich. Sie müssen aus ihren Fehlern lernen, aber vielleicht ist es ja sogar möglich? In meiner Klasse gibt es jemanden, dessen Eltern vor einem Jahr geschieden wurden. Und jetzt sind sie wieder zusammen.
    »Birthe hat sicher auch ihre guten Seiten«, sagt Mutter.
    »Ja, sicher, und sie hat mich sehr gern. Die Götter mögen wissen, warum. Das Schlimmste ist, dass sie Kinder mit mir will. Obwohl wir uns erst seit ein paar Monaten kennen. Ich will aber keine weiteren Kinder, nur bringe ich es nicht übers Herz, es ihr zu sagen.«
    »Das musst du aber, sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren. Sonst beruht eure Beziehung auf falschen Prämissen.«
    »Stimmt, ich muss es ihr sagen. Schließlich habe ich zwei wunderbare Kinder, das ist doch mehr als genug.« Vater macht eine Pause, trinkt einen Schluck Wein und fährt mit gedämpfter Stimme fort: »Aber in diesem Zusammenhang, was unternehmen wir mit Jacob?«
    Nun sind sie wieder da, wo sie begonnen haben. Sie sind sich einig, dass seine Tat Konsequenzen haben muss. Jacob muss noch einmal zu einem Psychologen. Der Gedanke an einen Psychologen ängstigt mich. Allein der Gedanke, was Jacob ihm alles erzählen könnte.
    Ich lege die Zeitschrift beiseite und richte mich im Sofa auf.
    »Das war Onkel Anders, der hatte einen schlechten Einfluss auf ihn«, sage ich. »Er hat ihn fast um den Verstand gebracht mit seinen Geschichten, ich hab’s selbst gehört. Ich glaube, das legt sich, jetzt wo wir wieder allein sind.«
    Vater widerspricht nicht, sondern behauptet, er hätte diesen Scharlatan gleich am ersten Abend durchschaut, wenn er hier gewesen wäre. Zu meiner Überraschung gibt Mutter ihm recht, greift nach seiner Hand und streichelt sie. Sie hätte Anders nie ins Haus lassen dürfen, räumt sie ein und macht sich Vorwürfe, zu naiv und gutgläubig gewesen zu sein.
    »Wir müssen von nun an einfach zusammenhalten«, erkläre ich. Ich höre es selbst: Jetzt tue ich auch so, als würde es mir gefallen, wenn Mutter und Vater wieder zusammenfinden. Vielleicht ist es ja auch so, aber nur unter der Bedingung, dass sie anständig miteinander umgehen.
    Mutter versteht, was ich meine. Für sie ist das alles wie ein böser Traum gewesen. Vater nickt, und ich nicke auch. Wenn du wüsstest. Wir schauen hinaus in die Dunkelheit. Ich fühle, dass wir alle auf einmal dieselbe Idee haben. Mutter und Vater wagen es nicht auszusprechen, aber ich schon.
    »Sagen wir doch, was geschehen ist, ist geschehen. Wir lassen die Vergangenheit ruhen. Gegenüber Jacob, meine ich. Ein böser Traum.«
    »Wie?«, fragt Vater.
    »Meinst du die Sache mit Birthe? Dass er sie mit einem Messer überfallen hat? Das geht nicht«, sagt Mutter.
    Beide tun entrüstet; sie finden, ich gehe zu weit. Jacobs Wirklichkeitswahrnehmung zu manipulieren, dürfe man sich nicht erlauben. Es würde ihn nur noch mehr verwirren. Mutter sagt es direkt: Es wäre unverantwortlich. Und Vater istganz ihrer Meinung. Ausnahmsweise sind sie diesmal beide der Ansicht, dass es unverantwortlich ist.
    Ich ziehe meinen Vorschlag zurück. Trotzdem habe ich das Gefühl, als seien sie nicht mehr ganz so empört, wie sie vorgeben.
    Vater schaut auf die Uhr und murmelt etwas von Birthe, die jetzt nach Hause gekommen sein müsste. Eigentlich wollte er noch zu ihr fahren, aber er ist nicht mehr nüchtern.
    »Nein, du lässt den Wagen besser stehen«, sagt Mutter.
    Ich bin ganz ihrer Meinung; es wäre schön, wenn er über Nacht bliebe. Auch falls wir von Anders’ Eltern Besuch bekommen sollten. Einen Augenblick hatte ich sie vergessen, wo bin ich nur mit meinen Gedanken? Vielleicht sind sie in diesem Moment auf dem Weg zum Haus. Möglicherweise stürzen sie sich rasend vor Wut auf Jacob und mich, wenn sie herausfinden, wie wir ihren Sohn zugerichtet haben.
    »Züge fahren nicht mehr, aber du kannst im Gästezimmer schlafen«, schlägt Mutter vor.
    Beim Wort Gästezimmer muss Vater lächeln, vielleicht weil er in dem Bett schlafen soll, in dem Anders geschlafen hat. Es schreckt ihn nicht, fast hat es den Anschein, als gefiele ihm der Gedanke, Anders zu ersetzen, auf den er bestimmt ziemlich eifersüchtig ist. Jedenfalls bedankt er sich für das Angebot.
    »Willst du Birthe nicht wenigstens anrufen?«, fragt

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