KOR (German Edition)
fragen, wieso du das gerade getan hast.“
Maggie verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Sag jetzt bloß, dass du de s wegen nicht sauer bist. Das war nämlich soeben eine reine Verzweiflungstat.“
„Wieso sollte ich sauer sein?“
Maggie stutzte.
Yui schaute ihr in die Augen. „Ich bin nicht lesbisch, falls du das glaubst.“
„Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Wahrscheinlich , weil du mich teilweise an Susan erinnerst.“
„Du musst dich nicht rechtfertigen. Lassen wir es einfach dabei.“
Maggie küsste sie nochmals.
„Hey, was soll jetzt das?“
„Ich habe von dir keinen Widerspruch vernommen.“
„Klang ‚lassen wir es dabei’ nicht danach?“
Maggie küsste sie auf die Stirn. „Wenn ich jetzt bei dir bleibe, ist gleich j e der Widerspruch zwecklos.“
Yui musste lachen. „Das klingt so, als würdest du jeden Moment überk o chen.“
Sie küsste Yui erneut. „Es ist besser, wenn ich heute woanders übernachte.“
Yui strich ihr durchs Haar. „Du kannst hier bleiben. Aber wir schlafen nicht miteinander, in Ordnung?“
Maggies Hand berührte sanft ihre Brüste.
„Hast du nicht gehört?“, protestierte Yui. Sie verspürte eine Mischung aus Anspannung und leichter Erregung.
Maggie lächelte. „Ich wette, du hast schon einmal mit einer Frau geschl a fen.“
Yui wollte gerade etwas erwidern, als ein lauter Knall die Stille zerriss.
Beide fuhren hoch , als hätte sie der Blitz getroffen.
„Was war das?“ Maggie betrachtete Yui verwirrt.
„Das kam aus dem Gang . “ Yui kroch aus dem Bett und lief vor die Tür.
Die Ärztin folgte ihr.
Am gegenüberliegenden Ende des Gangs standen Chad , Arnold und Sam Richards.
Die Zimmertüren im Gang öffneten und schlossen sich wie durch Geiste r hand. Das Phänomen wiederholte sich kontinuierlich. Das Öffnen und Schließen erfolgte in immer kürzeren Abständen.
Yui schaute hinüber zu dem Raum, der ihrem Zimmer direkt gegenüberlag. Die ständigen Bewegungen der Türen führten zu einem spürbaren Luftzug, der ihr Haar erfasste, als würde sie eine leichte Brise umwehen. Niemand hielt sich in dem gegenüberliegenden Zimmer auf. Die Tür öffnete und schloss sich ganz von allein .
Plötzlich verspürte sie eine zunehmende Kälte. Sie erinnerte sich an Mes s ergebnisse, die sie und Chad während eines Poltergeistphänomens in einer Vierzimmerwohnung in Liverpool gewonnen hatten. Die Raumtemperatur war damals um acht Grad gesunken. Der Temperaturabfall, der gerade in der Station stattfand, musste um ein Vielfaches höher sein.
*
Peter Mason stand einem Al b traum gegenüber.
Er konnte sich nicht bewegen. Seine Muskeln gehorchten nicht auf seine Befehle. Er atmete und er hörte sein Herz schlagen. Seine Gelenke aber w a ren wie versteinert.
Er hatte so etwas nicht für möglich gehalten. Der Versuch, alles für ein Trugbild zu halten, erwies sich als aussichtslos. Er wusste, was er sah. Und dieser Aspekt raubte ihm schier den Verstand.
Die Leiche saß am Rand des Operationstisches. Ihre leeren Augenhöhlen glotzten in seine Richtung. Ihr aufgerissener Mund vermittelte den Anschein eines unheimlichen Grinsens. Das nasse Haar hing wie ein Bündel fasriger Algen über ihre Schultern. Der nackte, geschundene Körper bereitete Mason Übelkeit. Die Schnittwunden auf ihrem Unterleib waren tief, ihre misshande l ten Brüste baumelten schlaff herunter.
Mason brachte keinen klaren Gedanken zustande. In seinem Hirn breitete sich eine tiefe Leere aus, die jedes Denken unmöglich machte. Er stand ung e fähr in der Mitte des Bettensaales. Der Anblick hatte ihn so entsetzt, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, weswegen er überhaupt die Kranke n station betreten hatte.
Die Leiche blieb regungslos. Wieso sollte sie sich bewegen? Deborah Jones war tot. Man hatte sie auf brutalste Weise verstümmelt. Sie würde nie wieder einen Mucks von sich geben.
Mason merkte, dass seine Gedanken krampfhaft versuchten, das bizarre Erscheinungsbild mithilfe einer diffusen Logik zu entzerren. Worauf er nicht gefasst war, hing mit den schrecklichen Fragen zusammen, die sich in seinem Kopf zusammenbrauten. Wenn die Frau nicht mehr lebte, wieso saß sie dann aufrecht auf dem Operationstisch? Aus welchem Grund starrte sie ihn aus ihren dunklen Augenhöhlen an, als könnte sie ihn erkennen, als hätte sie auf ihn gewartet?
Noch schlimmer wurde die Situation, weil Mason es nicht schaffte, dem leblosen Blick auszuweichen. Er erwiderte das al b
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