Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Masse kroch über die Felskante. Das Licht der Lampen offenbarte ein Knäuel sich windender und rankender Adern. Seine Haut wirkte, als bestünde sie aus lebenden, atmenden Algen. Es war kaum möglich, einzelne Gliedmaßen in diesem Gewimmel zu erkennen. Stewart war so paralysiert, dass er ganz vergaß, seine Waffe zu heben.
    Die Kreatur stieß ein Keuchen aus, dann holte sie mit einer ihrer enorm langen Extremitäten aus und stieß einen der völlig überraschten Wachposten in die Tiefe. Es ging alles so schnell, dass die Soldaten eine Weile brauchten, um sich zu formieren. Wertvolle Sekunden, die das Wesen nutzte, um einen weiteren Soldaten zu packen und ihn in einer beinahe zärtlichen Umarmung an die Brust zu drücken. Stewart hörte einen Schrei, gefolgt von einem markerschütternden Knirschen. Es klang, als würde man einen trockenen Ast zerbrechen. Blut und Gedärme quollen zwischen den gewaltigen Fangarmen hervor, tropften herab und landeten mit einem matschigen Geräusch auf dem Boden.
    Stewart riss seine Kalaschnikow von der Schulter, entsicherte die Waffe und zog den Abzug durch. Blendendes Feuer ergoss sich über die widerwärtige Kreatur. Der Lärm und der Rauch betäubten seine Sinne. Der Rückstoß der Waffe war so heftig, dass Stewart einen ganzen Meter auf dem schlammigen Untergrund nach hinten rutschte. Die Waffe wurde heiß. Das Wesen ließ von seinem unglücklichen Opfer ab und richtete seinen Blick auf Stewart. Seine hässlichen Augen starrten ihn direkt an. Dann kam es auf ihn zu. Einem tiefsitzenden Instinkt folgend, ging Stewart in die Hocke. Ein dumpfes Schwirren ertönte. Knapp einen Meter über seinem Kopf fuhr der Arm der Kreatur durch die Luft. Hätte er noch aufrecht gestanden, er wäre wie eine Fliege zerquetscht worden. Auf einmal waren von überall her Schüsse zu hören. Die Soldaten ließen sich diese Chance nicht entgehen. Ein Inferno aus Licht und Schatten lag über dem Lager. Über das Krachen und Knattern der Maschinengewehre hinweg hörte Stewart das matschige Aufschlagen von Kugeln. Pflanzensaft spritzte ihm ins Gesicht, benetzte ihn mit ätzender Säure. Mit hektischen Bewegungen wischte er die Tropfen weg, dann robbte er aus der Gefahrenzone.
Weg hier, nur weg.
Wie ein verletztes Tier kroch er durch den Matsch. Er war schon bei den vorderen Zelten angelangt, als er es endlich wagte, wieder aufzustehen. Die Kreatur stand immer noch. Der Kugelhagel schien ihr nichts auszumachen, im Gegenteil. Ihre Bewegungen wurden wütender. Einer der Männer wurde zerdrückt, ein anderer zertrampelt, ein weiterer über die Steilkante in sein Verderben gestoßen. Ein junger Kerl von vielleicht zwanzig Jahren versuchte zu fliehen und lief dabei in die von Lichtschranken gesicherte Verteidigungslinie. Es gab einen dumpfen Knall, dann sah Stewart verbrannte Fleischfetzen davonfliegen.
    Die hochgezüchteten Waffen der Soldaten hatten gegen das archaische Monster keine Chance.
    Alles deutete darauf hin, dass der Kampf nur noch wenige Sekunden dauern würde, doch plötzlich geschah etwas Unerwartetes. Ein flammender Speer flog durch die Luft und bohrte sich in den Rücken der Kreatur. Ein Zischen ertönte. Das Wesen fuhr herum und versuchte, das unliebsame Geschoss herauszuziehen, doch es kam nicht daran. Noch ein Speer kam herangeflogen und dann noch einer. Die Speere brannten lichterloh und gingen auch nicht aus. Dann begann das Wesen zu brennen. Erst an einer Stelle, dann an der anderen. Stewart hob vor Verwunderung die Brauen.
    Elieshi.
    Die Kriegerin stand vor dem Zelt und beschoss das Wesen mit brennenden Pfeilen. Sie hatte im Inneren des Zeltes ein Feuer entzündet und die Holzstangen hineingelegt. Wie Speere flogen sie durch die Luft und blieben in der porösen, sich windenden Außenhaut der Kreatur stecken. Ein Knistern und Zischen drang an Stewarts Ohr.
    Die Kreatur ließ von den verbliebenen Soldaten ab und drehte sich mit einem furchterregenden Keuchen um. Es war klar, was es vorhatte. In diesem Moment hatte Stewart eine Idee. Er sprang auf, rannte in das Lazarettzelt und schnappte sich alle brennbaren Utensilien, die ihm in die Finger kamen. Reinigungsalkohol, Äther, Waschbenzin, Massageöl, Mullbinden und Sprühverband. Er umschlang die Flaschen mit seinen Armen, dann rannte er hinaus und begann, die Kreatur mit seinen Projektilen einzudecken. Keinen Augenblick zu früh. Das Wesen hatte Elieshi beinahe erreicht. Nur wenige Sekunden trennten die Frau davon, einen schrecklichen Tod zu

Weitere Kostenlose Bücher