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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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starrte.
    »Dan?«
    Der Mann reagierte nicht.
    Sie versuchte aufzustehen, spürte aber, dass sie immer noch etwas wackelig auf den Beinen war. Der Kopfschmerz hämmerte an ihre Schläfen. Vorsichtig auf die Reling gestützt, schlurfte sie zu ihm hinüber. »Hallo, Dan. Wie lange bist du schon wach?«
    Keine Antwort.
    Sie trat neben ihn und berührte ihn sanft an der Schulter. »Alles klar bei dir?«
    Der Geologe drehte seinen Kopf. Ein Ausdruck völliger Leere war auf seinem Gesicht zu sehen. Eine unangenehme Erinnerung flackerte auf. Sie sah ihn vor ihrem geistigen Auge, wie er neben dem Körper ihres verletzten Freundes stand, keinen Finger rührend …
    »Was ist los, Dan? Rede mit mir.«
    »Geh weg«, sagte er und machte eine Bewegung, als wollte er eine Katze verscheuchen.
    Amys erster Gedanke war, ihn tatsächlich allein zu lassen, doch dann überlegte sie es sich anders. Es gab so viel, über das sie reden mussten.
    »Hast du mitbekommen, was geschehen ist?«, fragte sie. »Wo bringt man uns hin? Was wollen die von uns? Komm schon, Dan, sieh mich an.«
    Der Geologe sagte nichts. Er saß einfach nur da und starrte weiter in die Nacht hinaus.
    Amy begann es mulmig zu werden. Irgendetwas stimmte nicht. Sie zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht und sagte: »Komm schon, rede mit mir. Ich würde gern wissen, wie es dir geht. Um ehrlich zu sein, mir geht’s nicht so doll. Ich habe Durst, und dieser Kopfschmerz bringt mich um. Ich glaube, ich habe ziemlich was abgekriegt. Hier an der Schläfe, siehst du?« Sie beugte sich vor, aber Dan warf ihr nur einen abschätzigen Blick zu. »Interessiert mich nicht.«
    Amy humpelte um ihn herum und ging vor ihm in die Hocke. Jetzt konnte er ihrem Blick wenigstens nicht mehr ausweichen. »Was ist denn los?«, fragte sie. »Irgendetwas bedrückt dich doch. Komm schon, mir kannst du’s sagen. Wir müssen zusammenhalten, wenn wir aus dieser Situation wieder rauskommen wollen.«
    Dan drehte den Kopf weg. »Da irrst du dich.«
    »Was … was meinst du damit?«
    »Geh weg«, sagte er wieder.
    »Das werde ich nicht tun, und jetzt red mit mir, verdammt noch mal!« Langsam wurde sie wütend. Dan war schon immer ein exzentrischer Bursche gewesen, aber das hier ging entschieden zu weit. Amy hatte keine Ahnung, was vorgefallen war, aber der Geologe war total neben der Spur. Dabei steckte er genauso in diesem Schlamassel wie sie. Genau genommen hatte er ihn sogar mitverschuldet. Hätte er nicht so teilnahmslos neben Karl gestanden, sie wären alle längst über alle Berge. Und jetzt weigerte er sich, mit ihr zu reden? Das war zu viel.
    Sie vergrub ihre Fingernägel in der Handfläche.
    »Schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede.«
    Sein Kopf schwenkte in Zeitlupe zu ihr herum.
    »Bist du immer noch da?«, fragte er. »Was willst du?«
    »Mit dir reden.«
    »Tun wir das nicht gerade?«
    »Ich will wissen, was los ist. Warum behandelst du mich, als wäre ich Luft? Warum weigerst du dich, mit mir zu reden?«
    Dan sah sie an, als habe sie nicht alle Tassen im Schrank.
    »Das fragst du? Weil du nicht real bist. Du bist nur eine Illusion, und mit Träumen rede ich nicht.«
    Amy war für einen Moment sprachlos. Wovon faselte der Kerl da? Sie blickte ihn entgeistert an. »Ich versichere dir, ich bin real. Genau wie du und dieses Schiff hier. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, wir werden gerade entführt.« Ihre anfänglichen Befürchtungen begannen einer handfesten Panik zu weichen. »Komm schon, Dan, dies ist die Realität«, sagte sie.
»Ich
bin Realität. Wir beide sind Gefangene auf diesem verdammten Schiff. Wenn wir nicht …«
    »Ja, ja«, unterbrach er sie, dann wandte er sich wieder ab.
    Schweigen trat ein.
    Amy fehlten die Worte. Es war eindeutig, dass Dan nicht bei Verstand war. Fieberhaft überlegte sie, was geschehen sein konnte, doch ihr fiel nichts ein. War ihm die Reise durch das Dimensionsportal nicht bekommen? Oder hatte ihm die brennende Sonne einen Stich versetzt? Was es auch gewesen sein mochte, eines stand fest: Mit Worten kam sie hier nicht weiter.
    Hilfesuchend blickte sie in die Runde. Die beiden Jäger waren immer noch in ihr Gespräch vertieft. Auch die Kriegerin am Ruder hatte ihre Position nicht verändert. Amy tastete mit den Händen an sich herab. Außer den Sachen, die sie am Leib trug, hatte man ihr alles abgenommen. Ihre Umhängetasche, ihre Ausweispapiere und anderen Habseligkeiten, alles war verschwunden, ihre Pistole sowieso. Ihr Blick streifte einen

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