Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
und erzählte, was vorgefallen war. Parker und Elieshi standen sofort auf und folgten ihm zurück zur Brücke. Als sie bei Wilcox eintrafen, war der Zug immer noch nicht abgerissen.
    »Himmel noch mal«, stieß Parker hervor. »Das ist ja eine richtige Völkerwanderung. Wie viele hast du bisher gezählt?«
    »Fünfundsiebzig und es werden ständig mehr. Seht euch das an.«
    Ehrfürchtig beobachteten die vier Abenteurer die schweigsame Prozession. In einem nicht enden wollenden Strom zogen die Gorillas an ihnen vorüber. Wilcox war mittlerweile bei einhundertacht angekommen. Immer wieder gelang es ihnen, einzelne Gorillas zu identifizieren. Manche stammten aus den Virungas, manche aus dem Bwindi. Ganze Familien einschließlich der Alten und Babys zogen über die Brücke. Leonidas’ Familie war mittlerweile vollzählig eingetroffen und sammelte sich zusammen mit den anderen am Waldrand.
    Stolz präsentierte Wilcox seine Strichliste. Hundertneunundzwanzig Gorillas. Plötzlich entstand eine Lücke. Ein einzelnes Weibchen huschte noch schnell über die Brücke, dann wurde es still.
    Richard versuchte etwas zu erkennen, doch der Nebel war immer noch sehr dicht. »Ich hätte schwören können, dass da noch mehr sind.«
    »Sind es auch«, entgegnete Parker. »Ich kann sie hören.«
    »Aber warum kommt keiner mehr? Hoffentlich hält die Brücke.«
    »Warte. Ich glaube, ich kann etwas erkennen.« Der Mediziner spähte in den trüben Dunst. Was dort im Nebel erschien, war kein Gorilla.
    »Das ist ein Mensch«, sagte Wilcox. »Es ist …«
    »Agnes!«
    Die kurzgeschnittenen Haare, die dickrandige Hornbrille und der ausgebleichte Parka gehörten unverkennbar seiner Assistentin.
    Richard sprang auf und eilte ihr entgegen. Die Verhaltensforscherin hatte sie ebenfalls entdeckt und winkte ihnen zu. Mit schnellen Schritten überquerte sie die Brücke und fiel Richard in die Arme. Nachdem sie Parker und Wilcox umarmt hatte, schüttelte sie Elieshi die Hand. »Mein Gott, bin ich froh, euch zu sehen«, sagte sie. »Wir haben das Schlimmste befürchtet, nach allem, was wir gehört haben.«
    »Seid ihr den Soldaten begegnet?«
    Agnes nickte. »Wir trafen sie unten im Tal. Sie sahen alle ziemlich mitgenommen aus.«
    »Seid ihr auch den Bugonde begegnet?«
    »Ja, etwa hundert. Soweit ich das verstanden haben, verlassen sie diese Gegend und siedeln sich woanders neu an. Sie waren sehr in Eile. Einige von ihnen sind so geschwächt, dass sie einen weiteren Kälteeinbruch kaum überleben werden.«
    Richard blickte zurück zur Brücke. »Wo ist der Rest von euch?«
    »Die meisten der Wildhüter sind bei den Bugonde geblieben. Sie werden sie begleiten, bis sie sicheres Gelände erreicht haben.«
    »Und der Rest?«
    »Wir sind nur noch zu fünft. Lilly, Steve, Françoise und Paul. Sie müssten gleich kommen. Gar nicht so leicht, sich durch die Menge von Gorillas zu bewegen.«
    Der Nebel hatte sich gelichtet und den Blick auf die vier Forscher freigegeben, die ihnen schwankend, die Hände fest auf den Halteseilen haltend, entgegenkamen.
    Richard nahm sie in Empfang. In wenigen Worten fasste er die Ereignisse der letzten Tage zusammen und brachte alle auf den aktuellen Stand. Die Forscher hingen wie gebannt an seinen Lippen. Als er zum Ende kam, entstand eine lange Pause.
    »Ich weiß, wie sich das anhören muss«, sagte er in die Stille hinein, »aber ihr könnt mir glauben, es ist die Wahrheit.«
    »Der Offizier unten im Tal hat eine ähnliche Story erzählt«, sagte Agnes. »Die Frage ist: Was war das für ein Wesen, das euch da angegriffen hat? Und besteht die Gefahr, dass es noch weitere davon gibt?«
    Richard schüttelte den Kopf. »Ich vermute, es ist ein Einzelgänger gewesen, der durch die Störung auf unsere Seite gelangt ist. Die einzige Gefahr ist, dass noch ein weiteres dieser Biester durchkommt. Das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.«
    »Meint ihr, die Gorillas spüren die Gefahr?« Agnes neigte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, es ist mir immer noch ein Rätsel, warum sie ihre angestammten Gebiete verlassen haben und hierhergezogen sind.«
    »Vielleicht hat ja die Legende von den
Alten Wächtern
etwas damit zu tun«, sagte Parker. »Elieshi berichtete mir davon. Die Geschichte ist unter den Bugonde sehr verbreitet, nicht wahr?«
    Die Kriegerin nickte. »Wenn sie Ruf empfangen … dann kommen.«
    »Was meint sie damit?«, fragte Agnes. »Was für einen Ruf? Was für Wächter?«
    Richard spürte ein seltsames Kribbeln in seinem

Weitere Kostenlose Bücher