Korona
sagte, die Bugonde sind nicht ungefährlich. Männer gelten bei ihnen als minderwertig. Sie werden wie Sklaven gehalten, gerade mal gut genug, um schwere Arbeiten zu verrichten und für den Nachwuchs zu sorgen. Da Sie aber eine Frau sind, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sie mit Ihnen reden würde.«
»Danke für den Tipp«, sagte Amy. »Es ist der beste Hinweis, den wir bisher erhalten haben. Ich denke, wir werden uns dort tatsächlich mal umschauen, auch wenn es ein ziemlich weiter Marsch bis dorthin ist.«
Der Offizier lächelte. »Es freut mich, wenn ich Ihnen helfen konnte. Aber bitte: Kein Wort davon nach draußen. Einverstanden?«
»Sie können sich auf uns verlassen.«
»Schön.« Er gab seinen Leuten ein Handzeichen. »Leben Sie wohl und geben Sie gut acht. Und was immer Sie tun, seien Sie vorsichtig. Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.«
13
M itten in der Nacht wachte Ray auf. Der Mond schimmerte durch das Blätterdach und tauchte den Wald in ein fahles Licht. Durch das Mückengitter seines Zeltes hindurch sah er die vor Feuchtigkeit glänzenden Stämme, die wie Geister um ihr Lager herum standen. Die Bäume, die Zelte, selbst das schwache Glimmen des Lagerfeuers, dessen Rauchfahne sich leise kräuselte – alles wirkte wie in weite Ferne gerückt.
Ray öffnete den Schlafsack. Unwillig strampelte er den Schlafsack von seinen Beinen.
Ihm war heiß. Sein Körper klebte vor Schweiß. Der Boden war hart und uneben, und der brandige Geruch hing wie eine latente Bedrohung in der Luft. Müde blickte er auf die Uhr. Drei Uhr – viel zu früh, um schon ans Aufstehen zu denken. Der nächste Tag würde anstrengend werden. Eine harte Wanderung mit schwerem Gepäck – da konnte er sich Unausgeschlafenheit nicht leisten. Doch sooft er es auch versuchte, immer tauchten die Bilder des Kampfes vor seinem geistigen Auge auf. Der Anblick der Wilderer und der Gorillas. Je mehr er versuchte, sie aus seinen Gedanken zu verbannen, desto hartnäckiger verfolgten sie ihn.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus. Er stand auf, streifte seine Jeans und sein T-Shirt über und öffnete den Reißverschluss seines Zeltes.
Die Nacht war noch viel zauberhafter, als es vom Schlafsack aus betrachtet den Anschein gehabt hatte. Ein warmer Wind, gesättigt mit den Gerüchen der Nacht, strich über seine Haut. Es roch nach Erde, nach Blüten und Feuchtigkeit. Der dunkle Gesang einer Eule drang an sein Ohr, dazwischen das Zirpen der Grillen. Ray hatte gerade entschieden, sich ein wenig die Beine zu vertreten, als eine Stimme aus einem der Zelte drang. »Ray, bist du das?«
Mellie.
»Ja.«
Ein Rascheln war zu hören, dann das Aufziehen eines Reißverschlusses. Aus dem Zelteingang lugte der verwuschelte Kopf der Botanikerin hervor. »Hi«, flüsterte sie. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Was machst du?«
»Ich kann nicht schlafen«, flüsterte er zurück. »Ich wollte mir nur kurz die Beine vertreten.«
»Warte, ich komme mit.« Schnell streifte sie ein Hemd über, schlüpfte in ihre Schuhe, dann stand sie neben ihm. »Wow, was für eine Nacht«, flüsterte sie, während sie in die Runde blickte. »Irgendwie magisch.«
»Leise.« Er legte den Finger auf die Lippen und gab ihr zu verstehen, ihm zu folgen. Er ging etwa fünfzig Meter in den Wald hinein und fand eine Stelle, die eben und trocken war. Schräg hinter ihnen ragte ein gewaltiger Felsbrocken in die Nacht. Er bot Mellie einen Platz an, dann hockte er sich daneben und streckte die Beine aus. »Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt, auf der harten Erde zu schlafen«, sagte er. »Eines der Dinge, die einem mit den Jahren immer bewusster werden.«
»Im Zelt war es fürchterlich warm«, erwiderte Mellie. »Ich glaube, dass ich seit über einer Stunde wach liege. Na ja, und dann hatte ich die ganze Zeit diese Bilder im Kopf …«
»Was meinst du?«
Sie lächelte versonnen. »Ach, ist doch egal. Bilder halt.«
Ray seufzte innerlich. Eigentlich hatte er nur ein Stück gehen wollen, aber jetzt konnte er sich auch genauso gut mit ihr unterhalten. Er schaffte es einfach nicht, ihr gegenüber unfreundlich zu sein.
»Na, komm schon«, sagte er. »Jetzt hast du damit angefangen, jetzt musst du es mir auch verraten.«
»Ich weiß nicht …« Sie knabberte an ihrer Unterlippe. »Es ist ein bisschen peinlich, verstehst du?«
Selbst im kalten Licht des Mondes konnte er sehen, wie ein rötlicher Schimmer über ihre Wangen lief. »Nicht eben jugendfreie
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