Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
dazwischen Moospolster, auf denen man bequem ein Doppelbett hätte aufschlagen können. Was gäbe er jetzt für ein Bett …
    Er spürte, dass ihn seine Kräfte verließen. Er war diese dünne Luft einfach nicht gewohnt. Schwer atmend blieb er stehen. »Wartet mal eine Minute«, rief er. »Kurze Pause. Meine Beine fühlen sich an wie Gummi. Lasst mich mal einen Schluck trinken, dann können wir von mir aus weitermarschieren.« Sein Blick kreuzte den des Geologen. »Dan, wärst du so nett, mir meine Flasche aus dem Rucksack zu geben? Mir klebt die Zunge am Gaumen.«
    Unwillig öffnete Dan den Rucksack und drückte Ray dessen Feldflasche in die Hand. »Wohl bekomm’s.«
    »Danke.« Während Ray die Flasche an seine Lippen setzte und das kühle Nass in seine Kehle rinnen ließ, beobachtete er den Geologen aus dem Augenwinkel. Dan war ihm gegenüber noch nie besonders freundlich gewesen, aber während der letzten beiden Tage war es schlimmer geworden. Er war einsilbig, ging ihm aus dem Weg und warf ihm finstere Blicke zu. Manchmal schien nur noch die Anwesenheit Amys eine offene Konfrontation zu verhindern. Er fragte sich, ob die Geschichte mit Mellie wirklich so unbemerkt geblieben war, wie er gehofft hatte.
    »Danke«, sagte er und gab ihm die Flasche zurück.
    »Bitte, bitte.« Die Stimme des Geologen troff vor Sarkasmus. »Immer zu Diensten.«
    Ray warf Mellie einen vielsagenden Blick zu, doch die klimperte nur mit den Augen und tat so, als ginge sie das alles gar nichts an. Nun ja, ihm war klar gewesen, dass es nicht ohne Komplikationen ablaufen würde. Das tat es nie.
    Amy und Karl nutzten die Unterbrechung, um einen Blick auf die Karte zu werfen. Offenbar stritten sie über ihre genaue Position. Karl studierte seinen GPS -Peiler und hielt ihn dann der Biologin unter die Nase. »Ich sage dir, wir sind vom Weg abgekommen«, sagte er. »Siehst du? Viel zu weit westlich. Wenn wir zu den Seen wollen, müssen wir wieder ein Stück zurück.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Amy. »Da drüben ist der Sella, siehst du? Dort ist der Mount Baker und im Norden der Savoia. Die Karte ist an dieser Stelle einfach ungenau. Außerdem hat der Offizier doch gesagt, dass wir südwestlich der Seen nach den Bugonde suchen sollen. Wenn mich nicht alles täuscht, müsste das Tal direkt vor uns liegen.«
    »Und ich sage dir, wir müssen zurück.«
    Ray blickte auf die Karte. »Merkwürdig«, sagte er.
    »Was denn?«
    »Ist euch noch nie aufgefallen, wie ähnlich die Worte
Kitara
und
Kitandara
klingen? Bis auf den mittleren Teil sind sie beinahe identisch. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?«
    »Schon möglich, aber darüber nachzudenken fehlt uns jetzt die Zeit.« Amy wandte sich wieder an Karl. »Was ist jetzt mit den Abzweigungen? Hast du irgendwelche anderen Wege oder Schilder gesehen? Also ich nicht.«
    »Hier gibt’s ’ne Menge Wildwechsel«, gab Mellie zu bedenken. »Könnte doch sein, dass wir in dem Heidegestrüpp vorhin eine Abzweigung verpasst haben.«
    Karl tippte auf seinem Gerät herum. »Also mein GPS sagt mir, dass wir viel zu weit westlich sind.«
    »Vielleicht ist es kaputt.«
    »Kaputt?«
Auf Karls Gesicht erschien ein müdes Lächeln. »Das ist das zuverlässigste Gerät auf dem Markt. Wenn es kaputt wäre, würde ich widersprüchliche Daten bekommen. Die Ergebnisse sind aber immer dieselben.«
    »Ich kenne mich mit diesen Geräten nicht so aus«, sagte Amy, »aber vielleicht vertragen sie die Kälte nicht. Oder der Empfang wird durch irgendetwas gestört.«
    »Quatsch«, sagte Karl. »Das Einzige, was den Empfang stören könnte, wäre eine große Ansammlung von Metall.« Er reckte trotzig das Kinn vor. »Mach dich lieber mit dem Gedanken vertraut, dass wir den
Central Circuit
verlassen haben und ein ganzes Stück zurücklaufen müssen.«
    »Ich glaube, das brauchen wir nicht.« Daniel Skotak presste sein Fernglas an die Augen. »Amy hat recht.«
    Der Blick des Geologen wurde von etwas angezogen, das jenseits des bewachsenen Hanges lag. Dort, wo die Bäume am höchsten standen, war ein großer dunkler Umriss auszumachen. Er war aber zu weit entfernt, um Details erkennen zu können. Amy schnappte Dans Fernglas, klappte die Gummikappen herunter, justierte die Schärfe und blickte hindurch.
    »Und?«, fragte Karl. »Jetzt spann uns doch nicht auf die Folter.«
    »Sieh selbst.« Sie reichte das Glas an Karl weiter. Der Meteorologe brauchte eine Weile, doch dann sah er es.
    »Da hol mich doch …«
    »Was denn?«

Weitere Kostenlose Bücher