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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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möchte dir sagen, dass es mir ganz furchtbar leidtut. Ich hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen. Ich habe einen Riesenfehler gemacht und ich bin bereit, alles dafür zu tun, dass du mir wieder vertraust. Glaub mir, die Zeit mit euch war die schönste, die ich seit vielen Jahren erlebt habe. Bei euch habe ich so etwas wie eine Heimat gefunden.«
    »Umso schlimmer, dass du uns belogen hast.«
    »Aber das habe ich doch gar nicht. Es war mein ernster Wunsch, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. In der Welt der Menschen bin ich so maßlos enttäuscht worden, und da habe ich gedacht, ich versuch’s mal in der Wildnis.«
    »Und du glaubst wirklich, du könntest den Gesetzen der Menschen einfach so entfliehen, indem du in den Dschungel gehst? Weil es in der Natur ja keine Gesetze gibt?«
    »Irgendwie so etwas, ja.« Er stieß ein kleines Lachen aus. »Ziemlich naiv, findest du nicht?«
    »Nicht naiv, dumm. In der Natur gelten sehr wohl Gesetze. Andere als bei uns Menschen, aber sie sind dennoch gültig. Und sie sind viel schärfer. Wer hier einen Fehler begeht, der stirbt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Sieh dich doch um. Wir haben gerade ein mächtiges Problem. Wenn wir nicht zusammenhalten und als Team arbeiten, sind wir aufgeschmissen. Hier muss sich einer auf den anderen verlassen können, sonst ist alles aus.« Sie lächelte traurig. »Weißt du, ich mag dich. Wirklich. Ich habe dir mein Vertrauen geschenkt und dich an unserem Leben teilhaben lassen. Wir sind hier oben wie eine Familie. Dass du mit Mellie in der Kiste warst, ist mir egal, aber dass du mein Vertrauen ausgenutzt hast, das kann ich dir nicht so leicht verzeihen.«
    Wie auf ein Stichwort kam die Botanikerin zurück. Ihr Gesicht war schweißnass und gerötet und auf ihrer Haut klebten winzige tote Kriebelmücken.
    »Wie sieht’s aus?«, fragte Amy.
    »Kommt mit«, sagte Mellie kurz angebunden. In ihrem Gesicht waren Sorge und ungläubiges Staunen zu erkennen. »Ihr werdet es nicht für möglich halten.«
    Sie marschierten los und erreichten bald darauf den Ort, an dem Karl und Dan auf sie warteten. Die beiden sahen einigermaßen verwirrt aus. Karl hockte auf dem Boden und inspizierte einen rund geschliffenen Stein, der die Form und Größe eines flachgedrückten Fußballs hatte. Ray versuchte zu verstehen, was daran so bemerkenswert war. Abgesehen davon, dass der Stein mit Moosen und Flechten bewachsen war, konnte er nichts Ungewöhnliches entdecken.
    Plötzlich erkannte er, was hier nicht stimmte.
    »Moment mal«, sagte er. »Was ist denn das?«
    Er ging neben Karl in die Hocke und nahm den Stein genauer in Augenschein. Über dem größeren Brocken war ein zweiter Stein. Er war deutlich kleiner, hellgrau und von ziemlich homogener Konsistenz, sah man von einigen kleinen metallischen Einsprengseln ab, die seine Unterseite bedeckten. Dieses zweite Exemplar, von Form und Größe ein einfacher Kieselstein,
schwebte
über seinem großen Bruder. Er hing einfach in der Luft. Ray fuhr mit seiner Hand zwischen den beiden hindurch. Nichts. Kein Luftstrom, kein Faden. Nichts, was erklären konnte, warum er nicht runterfiel. Er untersuchte die Oberseite, doch auch da war nichts zu entdecken
    »Das ist doch ein Trick, oder?« Er sah zu Dan und Karl.
    Die beiden schüttelten den Kopf. Dan schien selbst so verwundert zu sein, dass er sogar vergaß, einen seiner hämischen Kommentare abzulassen. Ray betrachtete erneut den Stein. Mit spitzen Fingern griff er nach dem Kiesel und hob ihn hoch. Es gab einen kurzen Moment des Widerstands, dann lag er in seiner Hand. Er fühlte sich genauso an wie jeder x-beliebige Kieselstein. Er drehte ihn hin und her, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches daran entdecken. Amy streckte die Hand aus. »Zeig mal her.«
    Sie untersuchte ihn mit akribischer Genauigkeit, strich mit dem Finger darüber, benetzte ihn mit Spucke und hielt ihn gegen das Licht. Nach einer Weile zuckte sie mit den Schultern und legte ihn wieder an seinen Platz. Sofort stieg er nach oben und begann, zu schweben. »Das gibt’s doch nicht«, sagte sie. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Da vorn sind noch mehr«, sagte Karl und deutete in die Richtung, in der es zum Dorf zurückging. »Kommt mit.«
    Sie gingen ein Stück, und tatsächlich: Überall schwebten auf einmal Steine in der Luft. Die größten von ihnen erreichten Ausmaße von dreißig, vierzig Zentimetern und wogen mehrere Kilogramm. Was sie in der Schwebe hielt, blieb nach wie vor ein

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