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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Rätsel.
    »Wieso sind uns die nicht früher aufgefallen?«, sagte Ray. »Ich verstehe das nicht, wir sind doch wirklich oft genug hier vorbeigekommen.«
    »Keine Ahnung.« Amys Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass sie das Problem mit Ray erst mal hintan gestellt hatte. Mellie, die während der letzten Minuten sehr schweigsam geworden war, wirkte sichtlich nervös. »Mir gefällt das nicht. Ich will hier weg, so schnell wie möglich.«
    »Ich auch«, sagte Amy. »Lasst uns zusammenbleiben und nach der Brücke suchen. Und dann nichts wie heim.«
    Ray nahm den Stein und steckte ihn in die Jackentasche. Dann folgte er den anderen.
     
    Es dauerte nicht lange, bis sie die Schlucht erreichten. Der Wald wich zurück und machte dem breiten, grasbewachsenen Randstreifen Platz. Ray atmete erleichtert auf. Wenigstens die Felskante war noch da. Nach den jüngsten Ereignissen war er nicht mehr sicher, ob sie sie überhaupt noch finden würden.
    Dichter Nebel hüllte die gegenüberliegende Seite ein. Nicht die kleinste Baumspitze war zu sehen. Trotzdem: Es war ganz unverkennbar ihre Schlucht. Manche der Felsbrocken, die hier rumlagen, waren so unverwechselbar, dass er sie sofort wiedererkannte. Die Brücke sollte etwa fünfzig Meter von ihnen entfernt zu ihrer Rechten liegen.
    »Jetzt kenne ich mich wieder aus«, sagte er. »Folgt mir. Hier entlang.« Die Gruppe eilte hinter ihm her.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als er stehen blieb.
    »Was ist los?« Amy blickte verwundert in die Runde. »Warum hast du angehalten?«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte er leise. »Eigentlich müsste sie hier sein.«
    »Ich kann nichts erkennen. Wo ist sie?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht haben wir sie verpasst.«
    »Kann nicht sein.« Die Biologin drehte sich einmal im Kreis. »Wir sind doch immer am Rand lang gelaufen. Wir hätten sie sehen müssen. Ich denke, dass sie schon noch kommen wird. Lass uns weitergehen.«
    Ray nickte betroffen. Er wusste, dass sie einen Irrtum beging, trotzdem folgte er ihr. Nach weiteren hundert Metern blieb sie stehen. »Nein«, sagte sie. »Seht ihr den riesigen Felsblock da vorn? An den kann ich mich überhaupt nicht erinnern.«
    »Was ist denn los?«, fragte Karl von hinten.
    »Scheint, dass wir uns verlaufen haben«, sagte Amy. »Ray sagt, wir wären zu weit gegangen.«
    »Vielleicht hast du dich in der Richtung geirrt?«
    »Möglich«, sagte er. Er bezweifelte es jedoch. »Also gut. Alle wieder zurück.«
    Nach einer Weile blieb er wieder stehen. »Wartet mal.« Er ging in die Hocke und prüfte den Boden.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    »Ich habe etwas gefunden. Das ist der Punkt, an dem die Steinpfosten in die Erde gerammt waren. Genau hier. Ich erinnere mich ganz genau.« Er deutete auf einen Vorsprung, der ein Stück weit in die Schlucht hineinragte.
    »Du musst dich irren«, sagte Karl. »Hier ist doch nichts.«
    »Ich bin mir aber ganz sicher«, sagte Ray. »Ich bin dreimal zurückgelaufen, um Wasser zu holen. Der Weg, den ich benutzt habe, führt gleich dort drüben zum Fluss hinab.« Er lief zu der Stelle hinüber, doch der Pfad war ebenso verschwunden wie die Brücke. Ray spürte, wie sein Magen rebellierte. War das der Nebel oder spielte sein Verstand ihm Streiche?
    Aber da war noch etwas anderes. »Spitzt mal die Ohren«, sagte er.
    »Also ich höre nichts«, sagte Dan nach einer Weile.
    »Ich auch nicht«, erwiderte Amy. »Nicht mal ein Rauschen.«
    »Stimmt«, sagte Ray. »Aber ist das nicht seltsam? Der Fluss war bisher immer laut und deutlich zu hören gewesen. Und jetzt? Nichts!«
    »Was ist denn hier bloß los?« Mellie war den Tränen nah.
    Niemand sagte ein Wort. Es war, als ob alle mit angehaltenem Atem auf die ungeheuerliche Enthüllung warteten, die jeden Moment eintreten konnte. In die Stille hinein begann Dan leise ein Lied zu summen.
»Somewhere over the rainbow …«
    Amy zog eine Braue in die Höhe. »Alles klar, Dan?«
    »Ich schwelge nur gerade in Erinnerungen. Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen: Der Zauberer von Oz, von 1939 mit Judy Garland. Schon mal gesehen?«
    »Schon …«
    »Ich auch«, flüsterte Ray. Ein warmer Wind strich über seine Haut. Der Geruch des Sommers umschmeichelte seine Nase. Er roch trockenes Gras, Kornfelder und Sommerblumen.
    In diesem Augenblick verschwand der Dunst wie von Zauberhand. Die Luft wurde klar und durchscheinend. Endlich konnten sie wieder sehen.
    »O mein Gott.« Amy schlug die Hand vor den Mund. »Das kann

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