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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Ziel wissenschaftlicher Forschung zu kurz kam.«
    Wolfsgeheul klang durch die Nacht. Ein massiger Körper brach krachend durch das Unterholz, verfolgt von einem wild kläffenden Chor. »Sie sehen, daß wir keinen totalen Krieg wagen können«, sagte Storm. »Er würde uns die Erde kosten, wie er uns den Mars kostete – einen Ring radioaktiver Fragmente, die um die Sonne kreisen. Manchmal frage ich mich, ob die Erfinder letztlich nicht 60 Millionen Jahre zurückgehen und für eine Schlacht, die die Dinosaurier ausmerzte und ewige Narben auf dem Mond hinterließ, große Raumflotten bauen werden.«
    »Ihre eigene Zukunft kennen Sie dann also nicht?« fragte Lockridge mit einem Gefühl des Unbehagens.
    Sie schüttelte den dunkelhaarigen Kopf. »Nein. Wenn der Aktivator eingeschaltet wird, um einen neuen Gang zu graben, treibt er einen Schacht gleich weit in beide Richtungen. Wir versuchten unserem Zeitalter vorauszueilen, stießen aber auf Wächter, die uns mit unbekannten Waffen zurückwiesen. Seitdem unternehmen wir nichts mehr. Es war zu schrecklich.«
    Die Erkenntnis, daß es noch weitere Geheimnisse gab, veranlaßte Lockridge, sich an das Tatsächliche zu halten.
    »Okay«, sagte er. »Es sieht also so aus, als sei ich für einen Krieg auf Ihrer Seite engagiert. Macht es Ihnen etwas aus, mir die Schießerei zu erklären? Wer sind Ihre Feinde? Wer sind Sie?«
    »Bleiben wir bei dem Namen, den ich in Ihrem Jahrhundert führte«, sagte Storm. »Ich glaube, daß ich Glück hatte. Sie werden kaum begreifen, was mein Alter für mich bedeutet. Zuviel Geschichte liegt zwischen Ihnen und uns. Könnte ein Mensch aus Ihrer Vergangenheit wirklich den Unterschied begreifen, der zu Ihrer Zeit Ost und West trennte?«
    »Wahrscheinlich nicht«, gab Lockridge zu. »Tatsächlich scheinen viele es heute noch nicht begriffen zu haben.«
    »Dabei ist das Problem das gleiche«, sagte Storm. »Es hat, solange die Menschheit existiert, immer nur eines gegeben – verzerrt, umschrieben, verborgen hinter tausend minderen Begründungen und doch immer irgendwie Anlaß für den Zusammenstoß zweier Philosophien, zweier Wege des Denkens und Lebens – des SEINS – immer die gleiche Frage: Wie ist die Natur des Menschen beschaffen?«
    Lockridge wartete. Storm ließ ihren Blick aus der Nacht über das niedrige Feuer zu ihm wandern.
    »Das Leben, wie man es sich vorstellt, gegen das Leben, wie es ist«, sagte sie. »Planung gegen organische Entwicklung. Kontrolle gegen Freiheit. Maschine gegen lebendiges Fleisch. Wenn der Mensch eingeplant, organisiert und nach der Vision äußerster Vollkommenheit gebildet werden kann, ist es dann nicht die Pflicht des Menschen, seinem Mitmenschen diese Vision aufzuzwingen, koste es, was es wolle? Das klingt Ihnen vertraut, nicht wahr? Aber der große Feind Ihres Landes ist nur eine Manifestation eines Strebens, das vor dem Beginn der Geschichte geboren wurde, das durch Diokletian und Konfuzius, Torquemada, Calvin, Locke, Voltaire, Napoleon, Marx, Lenin, Arguelles immer von neuem sprach. Oh, gewiß – es gab keine Tyrannei in den Herzen einiger, die an die Vernunft glaubten; und es gab sie bei anderen, wie Nietzsche, die nicht daran glaubten. Für mich verkörpert Ihre industrialisierte Zivilisation, selbst in den Ländern, die sich frei nennen, fast das Höchstmaß an Entsetzlichem, und doch benutze ich mächtigere und kompliziertere Maschinen, als Sie sich erträumten. Aber in welchem Geiste? Da haben Sie den Sinn des Kampfes!«
    Sie dämpfte ihre Stimme. Ihr Blick ging zu dem Wald, der die Wiese einrahmte. »Ich denke oft«, fuhr sie langsam fort, »daß der Weg nach unten in diesem tausendjährigen Reich begann, als die Götter der Erde und ihre Mutter beiseite gefegt wurden von denen, deren Anbetung himmelwärts ging.«
    Sie schüttelte sich, als suchte sie sich von etwas zu befreien, und fuhr in gemäßigtem Ton fort: »Nun, Malcolm, geben Sie sich für den Augenblick damit zufrieden, daß den Wardens an der Erhaltung des Lebens – des Lebens in seiner Gesamtheit, seiner Größe und Tragik – gelegen ist, während die Rangers, ginge es nach ihrem Willen, der Welt den Stempel der Mechanisierung aufdrücken würden. Das ist das Problem, auf eine vereinfachte Formel gebracht. Vielleicht kann ich es Ihnen später besser erklären. Finden Sie, daß ich einer unwürdigen Sache diene?«
    Lockridge schüttelte den Kopf. »Nein. Und Sie können auf mich zählen. Ich stehe auf Ihrer Seite.«
    »Danke«,

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