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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Flugzeuge umrundeten die feurige Kugel auf der Spitze des Turmes. In dieser Höhe war die Luft rein und kalt, das Dröhnen der Stadt drang nur wie ein Flüstern herauf. Lockridge landete, wie ihm befohlen war, und mußte sich erneut ausweisen. Dann folgten drei zermürbende Stunden des Durchlaufens bürokratischer Institutionen und des Wartens, weil der Herr noch nicht bereit war, jemanden zu empfangen. Lockridge ließ sich in einem kleinen, einfach eingerichteten Raum nieder. Sein Plan war einfach genug. Zuerst mit Brann sprechen, dann Flucht. In den Kellergewölben befand sich ein Zeittor, das einen Zugang in dieses Jahr besaß. Vielleicht brachte die Flucht ihm den Tod; vielleicht vermochte er seine Verfolger abzuschütteln, nach Europa zu gelangen, einen der Tunnel zu finden, von denen man ihm berichtet hatte, und nach Hause zurückzukehren.
    Eine Stimme aus der Luft sagte: »Wachtruppführer Darvast, der Direktor wird Sie jetzt empfangen.«
    Lockridge durchschritt eine Mauer, die sich vor ihm teilte, und kam in ein Vorzimmer mit gepanzerten Wänden. Die Soldaten, die sich darin aufhielten, forderten ihn auf, sich zu entkleiden und durchsuchten ihn und seine Sachen sorgfältig und rücksichtsvoll zugleich. Als er sich wieder ankleidete, durfte er seinen Diaglossa behalten, nicht aber den Schwerkraftgürtel. Eine Doppeltür öffnete sich und gab den Blick auf einen großen Raum mit hoher Decke frei, dessen Wände und Fußboden in Grau ausgelegt waren.
    Brann saß neben einem blitzenden Automaten. Seine schlanke, schwarz gekleidete Gestalt schien entspannt, das Gesicht hätte einer Statue gehören können. Er sagte ruhig: »Es muß Ihnen bewußt geworden sein, daß ein Mensch wie Sie mir nicht nahe genug steht, um mir dem Namen nach bekannt zu sein. Auf der anderen Seite ist die Tatsache, daß Sie die Identifizierungskontrolle passieren konnten, so bedeutend, daß ich mich entschieden habe, Sie anzuhören. Nur meine Stummen beobachten uns. Ich nehme an, daß Sie keine lächerlichen Attentatsversuche im Sinn haben. Sprechen Sie!«
    Lockridge sah den anderen an, und der Gedanke traf ihn wie ein Fausthieb: Ich bin diesem Mann vor 600 Jahren begegnet und habe mit ihm gekämpft, und doch ist dies das erstemal, daß er mich sieht!
    Brann wartete. Lockridge fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nein«, sagte er. »Ich meine ... ich bin kein Ranger, aber ich stehe auf Ihrer Seite. Ich habe Ihnen etwas zu berichten, von dem ich glaube, es liege Ihnen daran, es geheimzuhalten.«
    Brann musterte ihn mit unbewegter Miene. »Nehmen Sie Ihren Helm ab«, sagte er. Lockridge tat es. »Archaischer Typ«, murmelte Brann. »Ich dachte es mir. Die meisten Menschen würden es nicht bemerken, aber mir sind zu viele Rassen in zu vielen Zeitabschnitten begegnet. Wer sind Sie?«
    »Malcolm ... Lockridge ... USA. Mitte des 20. Jahrhunderts.«
    »Aha.« Brann überlegte. Ein Lächeln veränderte ihn plötzlich. »Setzen Sie sich doch«, sagte er einladend. Er berührte ein Lämpchen des Automaten. Ein Fach öffnete sich und gab eine Flasche und zwei Gläser frei. »Sie müßten eigentlich Wein lieben.«
    »Ich hätte nichts gegen einen guten Tropfen«, nickte Lockridge. Die Erinnerung, schon einmal mit Brann getrunken zu haben, ließ ihn das Glas in zwei Zügen leeren. Brann schenkte ihm wieder ein. »Lassen Sie sich Zeit«, sagte er.
    »Nein, ich muß ... Hören Sie! Die Koriach aus der Westmark. Kennen Sie sie?«
    Brann behielt seine Ruhe, aber sein Gesicht nahm wieder den maskenhaften Ausdruck an. »Ja. In immer neuen Zeitabschnitten.«
    »Sie bereitet ein Unternehmen gegen Sie vor.«
    »Ich weiß. Das heißt, sie verschwand vor einiger Zeit, zweifellos in einer wichtigen Angelegenheit.« Brann beugte sich vor. Sein Blick wurde hart. Mit tiefer Stimme fuhr er fort: »Wissen Sie Näheres?«
    »Ja. Sie hat sich in mein Jahrhundert begeben – in mein Land, um einen Tunnel hierher vorzutreiben.«
    »Was? Unmöglich! Wir würden es wissen.«
    »Sie haben ihre Arbeit gut getarnt. Einheimische Arbeitskräfte, einheimisches Baumaterial. Wenn der Tunnel fertiggestellt ist, werden die Wardens mit allen verfügbaren Kräften anrücken.«
    Branns Faust dröhnte auf die Maschine. Er sprang auf. »Beide Seiten haben das schon einmal versucht«, widersprach er. »Keiner ist es gelungen. Die Aufgabe kann nicht gelöst werden.«
    Lockridge musterte die Gestalt, die vor ihm aufragte: »Diesmal hat es den Anschein, als sollte es gelingen. Die Tarnung

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