Korridore der Zeit
ist vollkommen, kann ich Ihnen versichern.«
Brann begann auf und ab zu gehen. Lockridge lehnte sich zurück und beobachtete ihn. Es kam ihm zu Bewußtsein, daß Brann keineswegs bösartig war. In Avildaro hatte er – das heißt, würde er von seinen Yuthoaz lobend sprechen, weil sie unnötige Grausamkeit vermieden. Die Qual, die sich in seiner Miene spiegelte war echt. Das Böse hatte ihn geschaffen, und er diente ihm, aber hinter diesen grauen Augen lag die Unschuld des Tigers. Lockridges Stimme klang fast mitleidig, als er fortfuhr:
»Sie müssen ihr Einhalt gebieten. Ich kann Ihnen genau sagen, wo sich der Tunnel befindet. Wenn sich sein Tor hierher öffnet, müssen Sie zuschlagen. Sie wird nur einige wenige Helfer bei sich haben. Sie werden sich ihrer nicht bemächtigen können, sie wird entkommen, aber es wird sich Ihnen später eine andere Gelegenheit bieten.«
Sich mehr oder weniger an die Wahrheit haltend, sprach er von seinen eigenen Erfahrungen bis zu dem Zeitpunkt, als er mit Storm in Avildaro ankam. »Sie behauptete, ihre Göttin zu sein«, sagte er, »und stand einem ziemlich lasterhaften Festgelage vor. Von diesem Zeitpunkt an betrachtete ich sie mit anderen Augen. Dann kamen Sie an der Spitze einer Gruppe indo-europäischer Krieger, eroberten den Ort und nahmen uns gefangen. Ich konnte entkommen. Damals glaubte ich an Glück, aber jetzt nehme ich an, daß Sie mich absichtlich nur oberflächlich bewachen ließen. Ich schlug mich nach Flandern durch, wo ich auf einem iberischen Handelsschiff als Matrose anheuern konnte. Schließlich gelangte ich nach Kreta, wo ich Verbindung mit den Wardens aufnahm. Sie schickten mich in dieses Jahr. Ich wollte nach Hause zurückkehren. Dies ist nicht mein Krieg. Aber sie ließen es nicht zu.«
»Natürlich nicht«, sagte Brann, der seine Selbstbeherrschung wiedergefunden hatte. »Der Hauptgrund liegt in ihrem Aberglauben. Sie halten sie für heilig, eine unsterbliche Verkörperung der Göttin, wie ihre Gefährtinnen. Sie, der ihr begegnete, sind nun selbst zu heilig geworden, als daß man Sie profanierte, der gewöhnliche Bürger eines Zeitalters zu werden, das sie verabscheuen.«
Lockridge war verblüfft, wie leicht die Geschichte, die von den Wardens erdacht war, für bare Münze genommen wurde. Konnte Branns Idee am Ende wahr sein?
»Sonst wurde ich nicht schlecht behandelt«, fuhr Lockridge fort. »Ich schloß sogar Freundschaft mit einer recht angesehenen Dame.«
Brann zuckte nur die Achseln.
»Sie war es auch, die mich schließlich mit diesem Überwachungsauftrag fortschickte, zu dem ich in eine Ihrer Uniformen schlüpfen konnte. Das war gestern abend. Da ich mich mit der Identität dieses Darvast auskannte ...« Er spreizte die Hände. »Hier bin ich nun jedenfalls.«
Brann stand eine volle Minute reglos, bevor er fragte: »Wie ist die genaue geographische Lage dieses Tunnels?«
Lockridge erklärte es ihm. »Ich frage mich, warum Sie sich nicht ein paar Monate zurückversetzen, um sie zu warnen.«
»Sie können nicht«, erwiderte Brann geistesabwesend. »Was gewesen ist, muß sein. Praktisch gesprochen: eine Koriach genießt absolute Autorität, mehr als selbst ein Direktor wie ich. Sie gibt ihre Pläne niemandem preis, den sie nicht selbst erwählt. Aus Furcht vor Spionage hat sie wahrscheinlich zu niemandem außer den wenigen Technikern, die sie mitnahm, davon gesprochen. Dafür blieb Zeit genug, wenn der Tunnel fertig war. Nun fehlt die Zeit plötzlich, eine Streitmacht der Wardens aufzustellen, die wirksam in der Vergangenheit operieren kann. Die sie schicken konnte, sind wahrscheinlich durch den Unsicherheitsfaktor verwirrt worden; sie tauchten entweder zu früh oder zu spät auf. Das heißt, falls überhaupt jemand ausgesandt wurde. Sie hat Rivalen, die nicht um ihren Verlust trauern würden.« Er musterte Lockridge lange, ehe er fortfuhr: »Angenommen, Ihre Meldung entspricht den Tatsachen, so bin ich Ihnen zu Dank verpflichtet. Sie können sich darauf verlassen, zurückgeschickt und reichlich belohnt zu werden. Zuerst müssen wir jedoch Ihre ehrliche Absicht durch eine Seelenerforschung feststellen.«
Furcht stieg in Lockridge auf. Er kam dem Augenblick, nach dem seine Zukunft unbekannt war, immer näher.
»Nein«, sagte Lockridge schwach. »Bitte nicht. Ich habe gesehen, was dabei geschieht.« Er brauchte für seine Flucht einen Grund, der Brann nicht davon abhalten würde, nach Storms Zeittor zu suchen und seine Truppen
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