Korrupt (German Edition)
Sekunden bewältigen würde.
Er zog den Zündschlüssel ab und öffnete die Fahrertür. Eigentlich war es unnötig, das Auto abzuschließen, aber er wollte auf Nummer sicher gehen. Er legte Brieftasche, Wohnungsschlüssel und die Schlüssel des Jazzclubs auf den Beifahrersitz, stieg aus und schloss ab. Er wollte den Autoschlüssel auf einen Reifen legen, kam aber zu dem Schluss, dass das beste Versteck seine Unterhosen waren. Falls es Probleme gab, würde er sich aus dem Staub machen. Er ging auf die Tür zu. In einem Fenster im östlichen Flügel brannte Licht. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und hatte die erste Treppenstufe erreicht, als die Haustür geöffnet wurde.
Der Mann war Anfang fünfzig und trug ein dunkles, kariertes Hemd, das ihm über eine braune, viel zu große Cordhose hing. Er sah Max freundlich, aber fragend an. «Kann ich Ihnen irgendwie helfen?», erkundigte er sich nach kurzer Stille.
«Ich würde gerne mit Johan Droth sprechen. Das hier ist doch sein Haus?»
Der Mann schwieg einen Augenblick und antwortete lächelnd: «Ja und nein. Ich dachte, er wäre eben zurückgekommen. Kein Auto kann hier unentdeckt vorfahren.» Er lachte und streckte die Hand aus. «Göran», sagte er. Max ergriff die Hand. Sie war warm.
«Max», erwiderte er.
«Ich bin der Pächter», sagte der andere, als er Max’ Hand losließ. «Ich weiß nicht, ob Ihnen das Haus Richtung See aufgefallen ist? Dort wohne ich, wenn sich Johan übers Wochenende hier aufhält. Unter der Woche wohne ich feudal im großen Haus und sorge dafür, dass alles in Ordnung ist.»
«Kommt er jedes Wochenende?», fragte Max.
«Wenn er Lust und Zeit hat», antwortete Göran. «Für dieses Wochenende hat er sich angekündigt. Wenn Sie wollen, können Sie reinkommen und hier auf ihn warten.» Göran trat einen Schritt beiseite und deutete in die Diele.
«Ich glaube, ich fahre lieber eine Runde», meinte Max und trat wieder auf den Vorplatz. «Ich komme später wieder.»
«Wie Sie wollen», erwiderte Göran, immer noch lächelnd.
Max drehte sich um und spähte an seinem Auto vorbei in die Dunkelheit. Die Windschutzscheibe war von der feuchtkalten Luft beschlagen. Göran stand noch in der Tür, und Max konnte die Wärme und das Licht in seinem Rücken spüren. Er drehte sich wieder um. «Ich glaube, ich nehme Ihr Angebot doch an.»
«Das freut mich. Ich habe gerade eine Flasche guten Whisky aus dem Keller geholt. Sie trinken doch Whisky?»
Er war zwar mit dem Auto unterwegs, aber schließlich war er hier, wo der Pfeffer wuchs. «Ja, danke», antwortete Max. «Einen Whisky nehme ich gern.»
Max hängte seine Jacke auf und betrat eine große Küche, die neben der Diele lag. Göran kam ihm mit zwei Gläsern entgegen. Er reichte Max das eine und ging durch die Küche in ein kleineres Zimmer mit zwei Sofas vor einem offenen Kamin, in dem das Feuer niedergebrannt war.
«Oban, vierzehn Jahre alt. Von der schottischen Westküste», sagte Göran und hob sein Glas in Max’ Richtung.
Max hielt das Glas schräg und roch an dem Getränk.
«Na dann, skål», sagte Göran, «und willkommen auf Töversta.»
Sie tranken. Die Wärme des Whiskys und des Zimmers bewirkten, dass Max zum ersten Mal seit langem nicht mehr fror.
«Ich vergaß zu fragen», sagte Göran. «Woher kennen Sie Johan?»
«Kennen wäre zu viel gesagt. Ich will ihn ein paar Dinge fragen.»
«Oh», erwiderte Göran und zog die Brauen hoch. «Ich hoffe doch, es geht um nichts Ernstes?»
«Ich weiß nicht», erwiderte Max. «Sie haben vielleicht in der Zeitung von einer Stockholmer Journalistin gelesen, die verschwunden ist?»
Göran schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. «Hier draußen liest man nicht so viel Zeitung.»
Max nickte. «Diese Journalistin ist meine Frau, und ich habe Grund zu der Annahme, dass sie sich kurz vor ihrem Verschwinden mit Johan Droth unterhalten hat. Darüber würde ich gerne mit ihm reden. Vielleicht weiß er etwas.»
«Um Gottes willen», sagte Göran und stellte sein leeres Whiskyglas auf den Tisch. «Haben Sie die Polizei verständigt?»
«Ja, aber bislang haben sie keine überzeugende Spur, soweit ich unterrichtet bin.»
Göran nickte. Er klopfte mit dem Zeigefinger auf das leere Glas. «Trinken Sie aus. Dann hole ich uns noch einen Drink. Den können Sie brauchen.»
Max leerte sein Glas und reichte es über den Tisch. Göran verließ das Zimmer.
Max schaute in die Glut des offenen Kamins. Sein Gesicht brannte, und er
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