Korrupt (German Edition)

Typen und das Mädchen dorthin geführt hat. Vielleicht war das alles ein Zufall. Vielleicht auch nicht. Erkundige dich, wie der Typ an Henrik Olsson geraten ist. Frag unsere Leute bei der Polizei. Sag Milan, er soll uns einen Videorekorder besorgen, damit wir die Kassette anschauen können. Vielleicht sehen wir dann etwas klarer und können einen Beschluss fassen.»
    «Was für einen Beschluss?», erwiderte Avram unsicher.
    «Wen es erwischt», antwortete Vitomir Jozak, strich sich mit der Hand über die Wange und starrte in die Luft. «Bevor Ranko im Sarg liegt, beißt noch einer ins Gras. Wir müssen nur noch entscheiden, wer.»

Jäger und Gejagter
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    Zwei Polizeibeamte waren getötet worden. In einer Nachrichtensendung im Fernsehen hieß es, es handelte sich dabei um die ersten Polizistenmorde in Schweden, seit Holger Pohjanen 1984 in Gällivare erschossen worden war. Ein Psychiater des Karolinska Institutet äußerte sich: «Wenn ein Polizist gewaltsam zu Tode kommt, so geschieht dies meist während eines Zugriffs, beispielsweise wenn er eine gewalttätige Person bei einem Verbrechen überrascht. Bei einem Mord an einem Polizisten kann es sich auch um Rache an einem einzelnen Beamten oder an der Polizei als Ganzes handeln. In gewissen kriminellen Kreisen ist der Hass auf die Polizei sehr ausgeprägt, und es kann sogar vorkommen, dass ein Polizist ermordet wird, weil dadurch das Ansehen des Täters erhöht wird.»
    Blutproben aus dem Haus waren an das Staatliche Kriminaltechnische Labor, SKL , geschickt worden. Zwecks Erstellung eines DNA -Profils war um Hilfe aus England ersucht worden. Die auf einem Brief gesicherten Fingerabdrücke und dessen Wortlaut bildeten die forensische Grundlage der Ermittlungen des sogenannten «Terrors von Töversta», eines Verbrechens, bei dem es sich vermutlich um die Spitze eines Eisbergs handelte. Jeder Polizist suchte Max Lander. In den Zeitungen war von ihm als der «Zweiunddreißigjährige» die Rede. Er war der Polizistenmörder. Man ging davon aus, dass er auch seine Frau ermordet und ihre Leiche beseitigt hatte. Der Frauenmörder. Sein Auto war in der Gegend von Fruängen entdeckt worden. Es handelte sich dabei um dasselbe Auto, das der heldenhafte Beamte, der als Erster bei dem Haus am Båven eingetroffen war, hatte wegfahren sehen. Die Hypothese der Polizei, Max Lander habe in den vergangenen zehn Jahren mehrere Frauen ermordet, hatte sich rasch herumgesprochen. Er hatte seine Frau und die Polizisten ermordet, weil man ihm auf die Spur gekommen war.
    Dringlichstes Ziel der Polizei war, Max Lander zu finden. Dringlichstes Ziel Vitomir Jozaks war, das zu vereiteln. Noch an dem Abend, als die Verletzten zum Hausarzt gebracht worden waren, sah sich Vitomir das Video an, das die beiden Männer und die am Boden liegende, gefesselte Annie Lander zeigte. Er fertigte eine Kopie an und übergab sie Avram, der sie einem Fünfzehnjährigen aushändigte, damit der sie für hundert Kronen ins Präsidium brachte und dort einem Beamten namens Munkenberg übergab. Vitomir war sich sicher, dass die Polizei nichts unternehmen würde. Sie hatten Opfer, Täter und Helden. Die Wahrheit war überflüssig. Er schickte ihnen die Kassette nur, um sich diese Erkenntnis bestätigen zu lassen, und damit er mit Sicherheit wusste, wer seine Gegner waren. Das konnte bei dem Ringen um die Oberhand von entscheidender Bedeutung sein. Aber die Polizei durfte nicht die ganze Wahrheit erfahren. Denn wenn nicht Max Lander die Beamten ermordet hatte, dann war es jemand anders gewesen, und Vitomir Jozak wollte es nicht riskieren, in die Sache verwickelt zu werden. Max Lander musste also bis auf weiteres der Hauptverdächtige bleiben, und zwar ohne entdeckt zu werden.
    2
    Die farbige Frau saß auf einem Stahlrohrsessel mit braunem Cordbezug im Büro des Hausarztes. Max konnte die Umrisse des kleinen Körpers unter ihren Kleidern sehen. Leonard Mingus Lander, 2 , 7  kg schwer, 46  cm groß. Gerettet von einem Kriminellen, der an diesem Tag seinen einzigen Bruder verloren hatte. Max hörte, wie die Frau seinen Sohn stillte. Milan hatte es ihm erklärt. Das Kind brauchte eine Brust, und nur die farbige Frau konnte sie ihm geben. Mingus glaubte wahrscheinlich, dass sie seine Mutter war. Annie war zu geschwächt zum Stillen. Milan hatte dunkles Haar und eine Lesebrille, die an einem Band auf seinem weißen Kittel hing. Avram und Djordje hatten Max und Annie von Töversta in seine Praxis gebracht. Milan hatte um