Korsar meiner Träume
begegnete, versetzte Nate einen Stich. Er rieb sich den Nacken.
»Sie ist so wütend wie ein aufgescheuchtes Bienennest.«
»Nun, vielleicht wäre sie jetzt nicht so wütend auf dich, wenn du ihr damals im Waisenhaus nicht versprochen hättest, du würdest gemeinsam mit ihr nach dem Schatz suchen und es jetzt alleine tust.«
Nate schloss die Luke und kletterte hinunter in seine Kajüte.
»Es ist viel passiert, seit ich dieses Versprechen gegeben habe.«
Er schob das schmutzige Geschirr beiseite, schnappte sich eine Schreibfeder und zog ein Blatt Pergament unter dem kleinen stählernen Schmuckstück hervor, das er benutzte, um es an Ort und Stelle zu halten.
»Hast du je daran gedacht, mal sauberzumachen?«, fragte Vincent mit einem Ausdruck von Ekel im Gesicht.
»Nein«, antwortete Nate, was die Wahrheit war. Er hatte sich nie viel um seine Kajüte gekümmert, jedenfalls solange nicht, bis der Koch angefangen hatte, sich über fehlendes Geschirr zu beschweren.
Während Vincent das neueste Stück der Karte betrachtete, eine Teilzeichnung des spanischen Hoheitsgebiets in Mittelamerika, sowie außerdem der Inseln Nevis, Saint Lucia und Barbados und die des Weiteren eine Reihe von Wörtern enthielt, zeichnete und schrieb Nate das nieder, was nach Claires Angaben auf der anderer Seite gestanden hatte.
Er fügte Hispaniola, Port Royal und ein paar andere Inseln hinzu, auf denen er im Laufe der Jahre gewesen war. Wie Claire hatte auch er sein Wissen nie zu Papier gebracht, aber das bedeutete nicht, dass er es vergessen hatte. In den Nächten, wenn er etwas Freizeit hatte, hatte er es niedergeschrieben, es studiert und es dann wieder verbrannt.
»Auf Halbmast … mit einer markanten Wasserlinie … dreimal wird man scheitern … allein im Frieden?«
Vincent schob das Pergament beiseite.
»Selbst wenn die Inseln markiert sind, ergibt das hier keinen Sinn!«
»Es ist mehr ein Rätsel als eine Karte, Vincent. Die Karte wurde in zwei Teile gerissen, mit einer Hälfte der Worte auf jeder Kartenhälfte. Jetzt, wo ich die ganze Karte besitze, werde ich die vollständigen Sätze haben.«
»Und weil die Karte Markierungen hat, bist du überzeugt, der Schatz ist dort?«
»Ja.«
Als Nate damit fertig war, aufzuschreiben, woran er sich erinnerte, nahm er das andere Stück aus Vincents Fingern und legte beide Hälften nebeneinander. Obwohl sie größenmäßig nicht zusammenpassten – das neu erworbene Stück war viel kleiner – nahm Nate an, es würde dennoch einen Sinn ergeben.
Als er von einer Seite zur anderen schaute, runzelte er die Stirn. Dann schlug er mit der Hand auf den Tisch. Vincent zuckte auf seinem Stuhl zusammen.
»Was? Was ist passiert?«
Nate ließ den Kopf hängen, obwohl er nicht hätte überrascht sein sollen.
»Claire. Sie hat mir nie wirklich alles erzählt.«
Er begegnete Vincents verwirrtem Blick.
»Sie hat immer noch ein fehlendes Stück von der Karte.«
7
Nate beschloss, es für diese Nacht gut sein zu lassen. Es war sinnlos, weiter zu versuchen über die Karte zu diskutieren, wenn sie beide bereits wütend waren. Hoffentlich würde es am Morgen möglich sein, sich der Situation ruhiger anzunähern.
Er löste den Mann ab, den er aufgeweckt hatte, um das Ruder zu übernehmen, und nahm dann selbst die Position hinter dem Steuer ein. Die Lichter waren immer noch aus, und das Deck war dunkel. Nate blickte über seine Schulter. Nichts hatte sich verändert, seit er zum letzten Mal nachgesehen hatte. Falls er verfolgt wurde, dann gab es dafür kein Anzeichen, aber falls man ihn trotz alledem verfolgte, so glaubte Nate nicht, dass James dumm genug wäre, ihm mit einem hell erleuchteten Deck zu folgen. Und Nate glaubte auch nicht, dass James vorhersehen konnte, in welche Richtung er segelte.
Wie auch immer, im Morgengrauen würde er es ganz genau wissen. Und falls da dennoch ein Schiff war, das ihnen folgte? Sein Blick wanderte quer über das Deck. Als ein Mann, der an die Dunkelheit gewöhnt war, war es nicht schwierig für ihn, Claire ausfindig zu machen. Sie war nicht zurück unter das Rettungsboot gekrabbelt, um sich auszuruhen. Sie stand am Bug und lehnte sich gegen das Bugspriet. Falls es James gelungen war, seine Fährte zu verfolgen, dann würde Nate tun was nötig war, um sein Schiff und alle an Bord zu verteidigen. Und das bezog Claire ebenfalls mit ein. Ohne Rücksicht auf alte Wunden würde er es nicht zulassen, dass ihr etwas zustieß.
Nate hatte keine Ahnung, was Claire
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