Korsar und Kavalier
ja ein eigenes Projekt, Madam. Bis morgen.“
Sie musterte ihn. Von oben. Nach unten. Dann wandte sie sich an Reeves. „Sie zeigen ihm, wie das mit der Verbeugung richtig geht, ja? Die ist ja fast so schlimm wie sein Wortschatz.“
„Moment mal" begann Tristan.
Doch sie war schon fort, mit wehendem rosa Rock durch die Tür geeilt.
Reeves verneigte sich vor Tristan. „Ich werde Mrs. Thistlewaite hinausbegleiten. “
„Eine reizende Idee. Bitte passen Sie auf, dass sie nicht den Türknauf abreißt. “
„Ich werde mir Mühe geben, es zu verhindern.“ Mit einer letzten Verbeugung verließ Reeves das Zimmer. Tristan blieb mit einer halb leeren Schale Rumpunsch zurück, einem Sofa, das plötzlich leer wirkte, und dem dumpfen Gefühl, dass sein Leben nie wieder dasselbe sein würde.
Das Cottage lag in völliger Dunkelheit da. Steter Regen trommelte gegen die Fenster und das Dach. Ein einsamer Reiter auf einem mächtigen Wallach umrundete die letzte Kurve der gefährlichen Küstenstraße und zügelte das Pferd am Tor. Das Wasser lief in Sturzbächen über Hut und Umhang des Mannes und über die Flanken des Pferdes.
Der Reiter, der längst bis auf die Knochen durchnässt war, ignorierte den Wolkenbruch, sprang vom Pferd und band es am Tor fest. Mit tief in die Stirn gezogenem Hut trat der Mann vor die Eingangstür.
Obwohl es schon sehr spät war, wurde die Tür beim ersten Klopfen von einem distinguierten Gentleman in schwarzem Anzug geöffnet.
Der Reiter schüttelte das Wasser von seinem Umhang, nahm den nassen Hut ab und trat ein. „Ich heiße ...“
„Bitte reden Sie leise“, warnte ihn der Gentleman. In seinen tiefblauen Augen lag Missbilligung. „Die anderen schlafen alle schon.“
„Oh. Natürlich. Tut mir leid, Meister.“ Tommy Becket war nicht dumm. Er hatte sich bereit erklärt, für eine Goldmünze eine Nachricht zu überbringen. Ursprünglich hatte er gedacht, dass sein Auftraggeber derjenige mit der dicken Geldbörse war. Doch jetzt, wo Tommy Gelegenheit erhalten hatte, den Empfänger der Botschaft ordentlich zu beäugen, war er sich nicht mehr so sicher. Der Mann vor ihm hatte einen Glanz an sich, den man nur bei den ganz Reichen fand. „Ich komme von Witlow. Ich habe eine Botschaft von Mr. Dunstead für einen Mr. Reeves. Sind das Sie?“
„In der Tat. Hat Mr. Dunstead gesagt, wann er zurückkehren will?“
Tommy schüttelte den Kopf, dass das Wasser nur so spritzte. „Nein, hat er nicht. Er hat bloß gesagt, Tommy Becket, ich hab eine Mission für dich. Eine sehr, sehr wichtige Mission.“ „Mr. Dunstead ist ja sehr melodramatisch geworden. Erstaunlich, wie das Reisen manche Leute verändert.“
Tommy war sich nicht ganz sicher, ob ihm der Ton des Mannes behagte. „Er ist ja ein wichtiger Mann. Er hat zu mir gesagt:,Hier,Tommy, schaffe diese geheime Botschaft zu Master Reeves. Es ist eine gefährliche Aufgabe, aber keine Sorge. Er wird es dir schon vergelten.““
„Er hat Sie nicht gebeten, sich das Geld später bei ihm abzuholen?“
Tommy blinzelte. „Oh. Nun, er hat tatsächlich erwähnt, dass er mich bezahlen würde, wenn ich ihm Ihre Antwort brächte. Aber ich dachte, wo es doch so regnet, bekomme ich von Ihnen vielleicht auch ein bisschen Gold?“
„Wir werden sehen. Wo ist der Brief?“
Tommy sah sich nach rechts und nach links um, griff in die Tasche und förderte einen feuchten, zerknüllten Brief zutage. Er reichte ihn Reeves, der ihn nahm und sofort zu der Lampe trug, die auf einem kleinen Tisch an der Tür stand. Rasch las Reeves die Nachricht durch. Er runzelte die Stirn und las sie noch einmal, nur dass er diesmal langsam die Brauen hob.
Er faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn in die Tasche. Dann wandte er sich seinem Besucher zu. Dieser betrachtete gerade die Mäntel, die auf einem Gestell in der Eingangshalle hingen, als wollte er ihren Wert schätzen. „Gute Nachrichten, Meister?“, fragte Tommy.
„Ziemlich gute.“ Reeves zog seinen eigenen Brief aus der Innentasche, dazu ein Goldstück, und reichte beides dem Mann. „Bitte sorgen Sie dafür, dass Mr. Dunstead diese Botschaft erhält. Er erwartet sie.“ Der Butler öffnete die Tür. „Vielen Dank für Ihre Mühe. Ich denke, das ist dann alles.“ „Aye, Meister.“ Tommy blickte nach draußen in den herabrauschenden Regen. „Glauben Sie, ich könnt noch ein Weilchen bleiben, zumindest so lange, bis der Regen ein wenig nachgelassen hat?“
Die Tür blieb offen. „Nein. Das halte
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