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Korvals Nemesis (German Edition)

Korvals Nemesis (German Edition)

Titel: Korvals Nemesis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Lee , Steve Miller
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Er hatte sich dafür nicht so interessiert, mehr für halbtägige Gartenarbeit und einige Expeditionen in die Kneipe oder zu Freundinnen. Er hatte durchaus gewusst, wie man schrieb, und manchmal fand Yulie noch Notizen auf Rezeptkarten und so was, die weder von Opa, Emily oder Susten waren – oder von irgendeiner seiner Ladys –, also mussten sie von Rollie stammen.
    Er hatte das unterzeichnete Papier dem Jungen zurückgegeben, der es  mit einem schnellen Fingerstrich mit einem Zertisiegel verschlossen hatte, seinen Daumen auf beiden Seiten des Siegels, um es dann in seinem Rucksack verschwinden zu lassen. Dann hatte er ihm die Tasche übergeben.
    Darin fand er einen schicken braunen und großen Umschlag mit einem Rücksendeschein darauf, auf dem stand »Miss Audreys Deluxe, Port City, Surebleak«. Die Adresse war ihm nicht bekannt, aber er war auch noch nie tief in die Stadt eingedrungen, sodass Namen ihm ohnehin nichts sagten.
    Im Umschlag lag ein Brief, handgeschrieben, mit einem Datum und der gleichen Adresse wie draußen, der so begann: »Lieber Verwandter oder Freund von Rollie Shaper!«
    Er hatte dieses furchtbare Gefühl bekommen, denn normalerweise schrieb ihm niemand – höchstens mal Bittbriefe um etwas mehr Gemüse oder in der Hoffnung, außerhalb der Saison noch etwas zu bekommen – und Opa hatte davon geredet, wie er mehr als einmal Briefe an Verwandte hatte schreiben müssen und dass es so schwer gewesen war, obgleich man eigentlich gar nicht so viel zu sagen hatte.
    Manchmal konnte er die Angst so weit zurückschieben, dass er sehen konnte, und so war es das, was er tat: Er schob richtig hart.
    Lieber Verwandter oder Freund von Rollie Shaper , las sich der Brief. Rollie war vor einigen Tagen ein Kunde des Portside Deluxe, und als sein Mietvertrag ausgelaufen war, wurde sein Eigentum eingesammelt und gelagert, wo es immer noch ist. Unglücklicherweise wurde später bekannt, dass Mr. Shaper ein vormals unidentifizierbares Opfer eines Streits gewesen war und seinen Wunden erlag, ehe er medizinisch versorgt werden konnte. Der Bericht des Aufräumkommandos des Blocks liegt anbei, sie hatten einen Sanitäter bei sich, der mir bekannt ist und der die Sinnlosigkeit der Wiederbelebungsversuche bestätigte. Die Standardprozedur des Aufräumkommandos beinhaltet, dass der Körper verbrannt und die Asche in die wöchentliche Düngerlieferung für die südlichen Gärten verbracht wird.
    Der Brief ging natürlich noch weiter, und er hatte ihn gelesen. Er war aufgefordert worden, in die Stadt zu kommen, um die Besitztümer aufzusammeln. Was konnte das sein? Vielleicht war Opas Musonium noch da? Die gute Klinge, die Rollie immer mit sich herumtrug, obgleich sie eigentlich im Hause bleiben sollte? Bargeld in Stücken oder Dex oder vielleicht Gold? Der Name der Lady stand am Ende, und obgleich das Schreiben geschäftsmäßig klang, war die Unterschrift kraftvoll wie zierlich zugleich.
    Er hatte damals einen Moment über die Asche nachgedacht, denn es war ein seltsamer Gedanke, dass der schwitzende, lärmende und immer geschäftige Rollie etwas anderes sein konnte, als er immer gewesen war. Aber sie hatten es so gesagt, und hatten sich die Mühe gemacht, ihm zu schreiben, was wahrscheinlich Beweis genug war. Der südliche Garten, das war fern des Raumhafens, in Richtung der Ebene. Er war nie dort gewesen, aber die Karten und Opa sagten, dass dort die kleinen Felder angelegt wurden, damals, als der Raumhafen aus praktischen Gründen mitten in das fruchtbarste Gebiet weit und breit gesetzt worden war.
    Dann hatte er begonnen, den Bericht zu lesen, aber es war nichts darin, was ein Verwandter lesen wollte, alles über die Schnitte und – so faltete er ihn zusammen und hielt für einige Sekunden inne, wusste, dass er es wissen wollte und gleichzeitig auch nicht, wusste, dass er so etwas schon einmal erblickt hatte, Eintrittswunden und Austrittswunden und …
    Das Gefühl baute sich in ihm auf, als der Bote so dastand, das Gefühl, dass etwas geschehen, dass weiteres Übel über ihn kommen würde, dass die Wolken voller Regen waren und dass etwas wirklich, wirklich Schlimmes …
    Sobald die Panik ihn traf, war sie solide, als ob eine Mauer aus Steinen auf seine Vernunft fallen würde, bis zu dem Punkt, da er nur noch graues Nichts sah, wo er vorher ein klares Bild seiner Umwelt gehabt hatte. Wenn er sich konzentrierte und ganz genau schaute, fand er seine Hände und seine Schuhe erschreckend weit entfernt, als ob er

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