Kosaken Liebe
Ledersack mit Marinas Mädchenkleidern bei sich; und wenn sie, wie jetzt, allein waren, zog sie ihre rauhe Kosakenuniform aus und streifte die weiche Bluse und einen weiten Rock über. Die Blusen hatte noch ihre Mutter Larissa bestickt – mit den uralten russischen Motiven, von denen heute keiner mehr wußte, wer sie vor Jahrhunderten einmal entworfen hatte …
Wie schön ist sie doch! dachte Lupin voller Vaterstolz. Wie groß und erwachsen in diesen einundeinhalb Jahren! Eine richtige Frau ist sie geworden, und wenn man als Vater überhaupt so etwas denken darf: Sie hat die Brüste ihrer Mutter, die schlanken Hüften und die langen, geraden Beine. Jetzt, ohne Stiefelchen, geht sie herum wie ein Reh … Eine Wonne ist es, sie anzusehen!
»Bis das Eis auf der Tura schmilzt, ist Iwan Matwejewitsch ein anderer Mensch geworden«, sagte Marina und setzte sich auf das Bett. »Hast du's gehört, Väterchen? Er würde sogar meinetwegen seinen Freund Jermak töten!« Sie faltete die Hände zwischen ihren Beinen und blickte glücklich in die beiden Tranlampen, die dem Zimmer Licht gaben. »Ich habe es gewußt. Er kann ein guter Mensch werden. Es wird alles gut.. Du wirst dich auch an Iwan gewöhnen, Väterchen.«
»Nie, mein Täubchen, nie!« Lupin lehnte sich gegen die Tür. Es war möglich, daß Muschkow zurückkam, wenn er sein leeres Zimmer sah. So konnte er hier nicht gleich hereinkommen, und Marina hätte Zeit, wieder unters Bett zu flüchten. »Er hat unser Dorf angezündet! Das kann ich nie vergessen!«
»Er hat nicht eine einzige Brandfackel geworfen!« rief sie. »Er war damit beschäftigt, mich zu beschützen!«
»Er wollte dich nach Kosakenart schänden!«
»Hat er's getan?«
Lupin schwieg. Über Muschkow mit Marina zu streiten, brachte keinen Gewinn. Man kann aus einem Bullen einen Ochsen machen – er bleibt trotzdem ein Rindvieh. Lupin hütete sich, das laut zu sagen.
»Warum versteckst du dich vor ihm?« fragte Alexander Grigorjewitsch nach einer Weile.
Marina starrte zuerst stumm vor sich hin. Dann antwortete sie langsam: »Ich verstecke mich vor mir …«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich liebe ihn, und wäre ich vorhin nicht weggerannt, hättest du keine jungfräuliche Tochter mehr …« Sie legte sich zurück auf das Wolfsfell und zog die schönen Beine an sich. »Du hast ihn nicht gesehen, wie er auf den Hirsch sprang und seinen Kopf zurückbog.«
»Ich denke, du bist gesprungen, Marinuschka?«
»Zuerst, aber ich hatte nicht genug Kraft gegen einen Hirsch. Doch Iwan packte das Geweih, und man hörte es richtig knacken, als er den Nacken des Tieres zurückbog. Und dann saß Iwan auf dem Hirsch und weinte. Er weinte aus Liebe und Angst um mich. Und seine Tränen froren zu Kügelchen, die über seine Wangen rollten … Ein Muschkow weint aus Liebe! Väterchen, ich hätte sterben können – vor Glück!«
»Und trotzdem hast du ihn angeschrien und geohrfeigt! Er hat es mir erzählt. Behandelt man so einen Menschen, der aus Liebe weint?«
»Ich konnte nicht anders.« Sie streckte sich aus und breitete die Hände über ihre Brust. Lupin setzte sich neben sie und streichelte zärtlich ihr stoppeliges, von Muschkows Messer mißhandeltes, blondes Haar. »Ich habe ihn geschlagen und habe … mich gemeint! Sollte ich ihn küssen, vor Jermaks Augen? Ihm in die Arme fallen? Ich hätte alles getan in diesem Augenblick … und um es nicht zu tun, habe ich ihn geschlagen. Da wurde mir wohler. Verstehst du das wohl, Väterchen?«
»Nein!« sagte Lupin ehrlich. »Die Liebe zwischen deiner Mutter und mir war einfacher. Ihr jungen Menschen seid ein Rätsel! Wo soll das noch hinführen, frage ich Gott …?«
Beim Morgengrauen schlich sich Marina Alexandrowna zurück in das Haus des Fürsten Jepantscha. Jermak schlief mit seiner süßen Tatarin den tiefen Schlaf des restlos Erschöpften.
Drei Zimmer weiter lag Muschkow vor dem Ofen auf der Erde, hatte einen Pelz unter sich geschoben und so umarmt und an sich gedrückt, als halte er ein Weibchen im Arm. Er lächelte im Schlaf und grunzte ab und zu aus tiefer Brust. Sein Traum mußte ein wirklicher Genuß sein …
Marina beugte sich über ihn, küßte ihn vorsichtig auf die Stirn und legte sich dann auf den seidenen Diwan. Sie trug wieder ihre Kosakenkleidung und legte den Krummdolch, wie immer, quer über ihren Unterleib. Die ständige Warnung an Muschkow, ein braver Mensch zu sein …
9
Tags darauf erschien Muschkow in der Kirche, mit starren Augen,
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