Kosakensklavin
wieder zu lachen.
Gleich darauf öffnete sich die Stubentür und Rasim trat in die Küche. Überrascht starrte er auf Tanja, die völlig unbefangen im Kessel rührte und ihm den Rücken zuwandte. Hatte sie das Gespräch etwa mit angehört?
„Tanjuschka“, rief er schmeichelnd. „Hast das Essen gekocht?“
Tanja hörte nicht auf zu rühren, wandte sich auch nicht um.
„Ich? Oh nein, ich kann nicht kochen. Auch nicht Hosen nähen oder Strümpfe stricken. Und zum Wasser holen tauge ich auch nicht“, sagte sie spöttisch.
„Das kümmert mich wenig, Tanjuschka“, sagte er. „Ich weiß, dass du andere Talente hast, die mir viel mehr gefallen.“
Er ging von hinten auf sie zu und wollte sie um die Taille fassen, doch in diesem Moment erblickte er Sonja, und seine Miene wurde finster.
„Grigorij“, knurrte er. „Schau an, hier treibt der Bursche sich herum. Hat er dir gar beim Kochen geholfen?“
„Warum nicht?“, versetzte Tanja grinsend. „Er ist überall im Haus gut zu brauchen.“
Auf Rasims Stirn zogen sich tiefe Furchen. Mit boshaften Augen sah er zu Sonja hinüber, am liebsten hätte er sie geschlagen.
„Hast ihn wohl schon zu deinem Liebhaber gemacht?“, zischte er Tanja an. „Man weiß doch, was du in den Nächten draußen in der Scheune treibst.“
„Die Leute reden viel, Rasim!“
Tanjas gleichgültiger Ton steigerte seine Wut. Er fasste Sonja beim Hemd und stieß sie in eine Ecke der Küche. Drohend hielt er ihr die breite Faust unter das Kinn.
„Lass die Finger von ihr“, röchelte er, dicht an Sonjas Gesicht. „Sonst bring ich dich um - ganz gleich, wie viel Lösegeld du wert bist.“
In diesem Moment traf ihn ein fester Schlag mit der Suppenkelle ins Genick. Er schrie auf, bückte sich ein wenig, und Sonja konnte sehen, dass eine ordentliche Portion des heißen Topfinhaltes in seinen Kragen geflossen war. Tanja hatte gut getroffen.
„Willst du mich verbrühen, du Aas?!“, kreischte er, buckelte, hopste herum und riss sich schließlich die Bluse vom Körper. Ein breiter roter Fleck zog sich vom Nacken den Rücken hinunter. Tanja hielt ein Tuch in den Wassereimer und kühlte die Verbrennung - selbst die Babuschka kam angehumpelt, von Rasims Geschrei alarmiert. Doch zu Sonjas Überraschung schien sie wenig Mitleid mit Rasim zu haben. Ihr faltiges Gesicht verzog sie zu einem Grinsen und meinte nur:
„Hast den Kopf zu tief in die Suppe gesteckt, Rasim? So sind sie, die Männer. Reiten in den Kampf mit Flinte und Degen, fürchten nicht Tod noch Teufel -doch ein wenig heiße Suppe bringt sie zum Weinen!“
Rasim ließ sich den Rücken kühlen und fraß die Rede der Babuschka wütend in sich hinein.
„Du wirst schon noch zahm werden“, knurrte er Tanja an. „Wenn ich erst Ataman bin, dann hast du zu gehorchen.“
Tanja sah ihm ruhig in die zornblitzenden Augen.
„Ataman ist Bogdan, mein Vater.“
Kapitel 16
Baranow hatte Sofias blauen Rock durch die Zweige leuchten sehen und war stehen geblieben. Es war früh am Morgen, die ersten, noch weißlichen Lichtstrahlen brachen durch die Wolkendecke, Bodennebel schwebten über den feuchten Wiesen, schwarz und knotig traten die Baumstämme am Waldrand hervor. Die Zeit der Füchse und der Nebelfrauen. Baranow grinste breit und sicherte das Steinschloss seiner Flinte.
„Noch ist er es. Doch wenn er nicht zurückkehrt, wird neu gewählt, meine Taube.“
Er riss seine Bluse an sich und stampfte aus dem Haus.
Die Jagd war nicht besonders erfolgreich gewesen, er hatte einen Hasen verfehlt und ein mageres Rebhuhn geschossen, das sein Hund im Dickicht nicht gefunden hatte. Jetzt winkte lohnendere Beute.
Er folgte dem Wiesenpfad bis zum Waldrand und spähte durch das Gezweig. Das Morgenlicht fiel in langen Streifen durch das Blätterdach bis hinab auf den dampfenden Waldboden, Tautropfen blinkten hie und da an Moos und Farnkräutern. Ein Zweig knackte, blitzschnell zog er sich hinter einen dicken Stamm zurück und lauschte. Schritte. Welkes Laub raschelte, jemand setzte einen geflochtenen Korb auf den Boden, ein leiser, vergnügter Aufschrei.
„Ach, ihr Braunkäppchen. Habt euch verstecken wollen, aber ich habe scharfe Augen.“
Sie sammelte Pilze. Er lugte hinter seinem Stamm hervor und sah sie auf dem Waldboden hocken, den Korb neben sich, emsig beschäftigt, die ersten Steinpilze unter dem trockenen Laub auszugraben. Sie wandte ihm den Rücken zu. Ihr langer blauer Rock bauschte sich, da sie ein Mieder trug, das den
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