Kosakensklavin
das.“
„Ein Satan. Ein böser Geist, der aus der Hölle kam und hier auf Erden sein Unwesen treibt. Es wird nicht einfach sein, ihn dazu zu bringen, Andrej zu retten.“
„Er hat doch selbst ein solches Geschäft vorgeschlagen!“
„Schon“, sagte Sonja gedehnt. „Aber Baranow ist hinterhältig, man weiß nie, was er tun wird. Vielleicht wird er versuchen, uns zu betrügen.“
Tanja grinste und packte wieder einmal die Satteltaschen.
„Lass uns reiten, Sonja. Je eher wir deinen Baranow finden, desto besser.“
Sie brauchten drei Tage und drei Nächte. Dann erblickten sie in der Ferne die Dächer und das große Tor des Gutshauses Pereschkowo.
Kapitel 31
Ossip Arkadjewitsch Baranow wischte sich das Fett vom Kinn und schob den Teller beiseite. Vor ihm auf dem Tisch türmten sich die Leckereien, die sein Verwalter Sarogin hatte auffahren lassen, um dem Fürsten bei seiner Rückkehr aus der Hauptstadt würdig zu empfangen. Ein halb gegessener Fasan - gefüllt mit Kräutern und Pilzen - lag neben den Resten des Hasenbratens, vom Stör waren nur noch Kopf und Schwanz geblieben, schwarzer Kaviar lag in kleinen Klümpchen auf dem weißen Tischtuch verstreut, denn Baranow hatte ihn gierig aus dem Schälchen gelöffelt. Jetzt fühlte er sich angenehm gesättigt, er lehnte sich im Stuhl zurück, rülpste, strich mit der Hand über den gut gefüllten Bauch und leerte das Weinglas. Der Hauptgang war nicht übel gewesen, jetzt regte sich zwischen seinen Schenkeln die Lust auf die Nachspeise.
Er ließ sich Zeit damit. Schließlich würde sie ihm nicht davonlaufen. Behaglich streckte er die Beine aus und befahl Sarogin, der seine spitze Nase durch den Türschlitz steckte, die Speisen abzutragen und die Weinkaraffe nachzufüllen. Sarogin verschwand augenblicklich, um die Mägde anzuweisen, den Herrn zu bedienen. Sie hatten alle saubere Kleider und frische Hauben anlegen müssen, auch hatte er darauf geachtet, dass die Mieder eng geschnürt und die Blusen offenherzig waren - ganz nach den Wünschen des Herrn, der sich nach Tisch gern seine Gespielinnen auswählte.
Baranow musterte die jungen Dinger - einige waren neu, andere hatte man dafür zurück in die Dörfer geschickt. Es war wenig Aufregendes dabei, keine, die der süßen unschuldigen Braut glich, die ihm entlaufen war. Er grunzte unzufrieden, ließ sich neuen Wein eingießen und entschied, es mit der rundlichen Blonden zu versuchen, die unter ihren Röcken ganz sicher einen einladenden Hintern verbarg. Ihn würde sie ihm willig bieten - keine hatte sich bisher gesträubt, denn alle fürchteten den mächtigen Grundherren, der sie für das kleinste Vergehen zu Tode prügeln lassen konnte.
Er hatte sich ein Kistchen Zigarren aus der Hauptstadt mitgebracht und entzündete jetzt eine davon an dem silbernen Tafelleuchter. Genüsslich blies er den Rauch in die Luft, ließ kleine Ringe aufsteigen und verfolgte ihren schwebenden Weg, bis sie sich zu feinem Dunst auflösten. Er war ausgezeichneter Laune, denn die Dinge entwickelten sich ganz nach Wunsch. Diesen Andrej Bereschkoff hatte er überschätzt, er war offensichtlich ein vollkommener Dummkopf. Baranow war verblüfft gewesen, als Potjomkin ihn bei einem vertrauten Gespräch über das hochherzige Angebot des Kosaken in Kenntnis setzte. Statt Sonja zurückzugeben lieferte er sich lieber selber ans Messer. Umso besser, man würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Sarogin unterbrach seine wohlige Stimmung. Er schlich ins Zimmer - wie immer den Rücken leicht gekrümmt und die Lippen gespitzt - und fragte nach den Wünschen des Herrn. Ob er ein Bad richten solle? Dem Herrn einen bequemen Hausrock bringen - er trüge ja noch die Reisekleidung. Baranow wusste recht gut, dass Sarogin in Wahrheit auf ein Plauderstündchen mit ihm aus war. Der Verwalter war schon vorhin schwer enttäuscht gewesen, dass Baranow ihn nicht mit an die Tafel lud. Aber er hatte wenig Lust auf das Geschwätz dieses Lakaien und wies ihn mit barschen Worten hinaus.
Kosakenehre - er hatte mit Potjomkin köstlich darüber gelacht. Der gefangene Ataman hatte sich energisch gegen den Austausch gewehrt - er war nicht bereit, seinen Sohn für sich sterben zu lassen. Pech für ihn - so würden eben beide hingerichtet werden, Vater und Sohn aufs gleiche Rad geflochten. Die Petersburger liebten dergleichen öffentliche Auftritte, nur die Zarin zeigte sich zimperlich, hatte zu viele französische Philosophen gelesen und mochte kein Blut sehen.
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