Kosmologie für Fußgänger
um 360 Grad.
Zum anderen ist neben der Mondbahn auch die Erdachse um 23,5 Grad gegen die Ekliptik geneigt. Während aufgrund der Drehung der Knotenlinie die Richtung der Mondbahnneigung in 18,6 Jahren einen Kegel mit dem Öffnungswinkel von 10,3 Grad beschreibt, verändert die Erdachse ihre Richtung im Raum in dieser Zeit praktisch nicht. Sind Mondbahn und Erdachse nun zu einem gewissen Zeitpunkt zur gleichen Seite geneigt, so subtrahieren sich die Winkel zu rund 18,5 Grad. Für einen Beobachter bedeutet das, dass im Laufe eines Monats der Mond um 18,5 Grad über eine mittlere Position hochsteigt und dann wieder um 18,5 Grad unter diese absinkt. 9,3 Jahre später sind Mondbahn und Erdachse dann in entgegengesetzte Richtungen geneigt, und die Winkel addieren sich nun zu rund 28,5 Grad. Jetzt schwankt die Höhe des Mondes um ± 28,5 Grad um eine mittlere Höhe. Nach weiteren 9,3 Jahren ist dann wieder der alte Wert von ± 18,5 Grad erreicht. Will man diesen vollen Zyklus beobachten, so muss man sich also mindestens 18,6 Jahre Zeit nehmen.
Zwei andere Variationen hinsichtlich Größe und Helligkeit des Mondes sind noch schwerer zu beobachten und am ehesten am Aussehen des Vollmondes zu erkennen. Beide haben ihre Ursache in der Elliptizität der Mondbahn und dem Umlauf der Erde um die Sonne. Wie wir aus Erfahrung wissen, erscheint uns ein Objekt umso kleiner, je weiter es entfernt ist. Physikalisch gesprochen heißt das, der Winkel, unter dem ein Beobachter ein Objekt sieht, verkleinert sich umgekehrt proportional mit dem Abstand des Objekts. Befindet sich nun der Mond zu einem gewissen Zeitpunkt gerade im Perigäum, also im geringsten Abstand zur Erde, so beträgt seine Entfernung 356 410 Kilometer. Ein halbes Jahr später ist die Erde auf ihrer Bahn so weit vorangekommen, dass sie nun genau auf der gegenüberliegenden Seite der Sonne steht. Jetzt haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Nun hat der volle Mond mit 406 740 Kilometern den größten Abstand. Für die Größe des Mondes bedeutet das, dass er um 14 Prozent kleiner zu sein scheint als im erdnächsten Punkt, dem Perigäum.
Neben dieser scheinbaren Größenänderung des Mondes ändert sich seine Helligkeit auch tatsächlich. Wie wir wissen, ist der Mond kein »Selbstleuchter«. Seine Leuchtkraft stammt aus der Reflexion des auftreffenden Sonnenlichts. Je näher der Mond zur Sonne steht, desto mehr Licht empfängt er von ihr, und desto mehr Licht kann er folglich wieder zurückstrahlen. Den Unterschied in der Bestrahlungsstärke des Mondes durch die Sonne aufgrund der Abstandsvariation Sonne-Mond kann man getrost vernachlässigen, da die Entfernungsänderung nur etwa 0,03 Prozent beträgt. Nicht zu vernachlässigen ist dagegen die Entfernungsänderung zur Erde, die zwischen Perigäum und Apogäum rund12 Prozent ausmacht. Da sich am Ort des Beobachters die Intensität des vom Mond reflektierten Lichtes umgekehrt proportional zur Entfernung im Quadrat ändert, beträgt die Helligkeitsdifferenz zwischen Perigäum und Apogäum (406 740/356 410) 2 = 1,3, also rund 30 Prozent. Dieser Unterschied ist so groß, dass er normalerweise nicht zu übersehen ist. Dass dennoch die Variationen hinsichtlich Größe und Helligkeit des Vollmondes kaum auffallen, beruht auf dem Fehlen von Vergleichsobjekten. Das menschliche Gehirn kann sich über einen längeren Zeitraum Größen oder Helligkeiten nur sehr schlecht merken. Aber genau das wäre nötig, um aktuelle Werte mit schon einige Zeit zurückliegenden vergleichen zu können. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet die Fotografie beziehungsweise die Fotometrie. Aufnahmen des Vollmondes im Perigäum beziehungsweise Apogäum bestätigen dann auch sehr schön die angestellten Überlegungen.
Kommen wir zum Schluss dieses Kapitels noch auf eine Erscheinung zu sprechen, die im Gegensatz zur Größen- und Helligkeitsvariation wohl schon jedem aufgefallen ist. Es handelt sich hierbei um das Phänomen, dass uns der Mond knapp über dem Horizont viel größer erscheint als wenige Stunden später hoch am Himmel. Da sich in dieser kurzen Zeit am Abstand Erde-Mond praktisch nichts ändert, ist dieses Verhalten sicher nicht das Ergebnis einer Entfernungsänderung. Hier haben wir es mit einer Sinnestäuschung zu tun, die auch als Mondillusion bekannt ist, über deren Zustandekommen unter Wissenschaftlern jedoch noch keine Einigkeit herrscht.
Mittlerweile gibt es drei Erklärungen für dieses Phänomen. Die erste beruht auf der so
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