Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
der Kioskbesitzer sie wieder.«
»Sehr gut.«
Als ich zu meinem Büro hinunterfahre, hat Koula ihre Hausaufgaben bereits gemacht. »Eftychia Sgouridou hatte ein Sportartikelgeschäft in Egaleo«, sagt sie. »Als es schlecht lief, hat sie es verkauft, um ihre Schulden zu bezahlen. Jetzt arbeitet sie freiberuflich als Buchhalterin. Das sind die Vorteile von Facebook«, erläutert sie mit einem Lächeln.
Da ich von Facebook keine Ahnung habe, interessieren mich auch seine Vorteile nicht sonderlich. Mich beschäftigt eine ganz andere Frage. Eine Freiberuflerin kann sich ihren Tagesablauf selbständig einteilen. Mit Leichtigkeit konnte sie von ihrer Arbeitszeit ein paar Stunden abzweigen, um als Bettlerin aufzutreten. Mein kleiner Finger sagt mir, dass wir auf der richtigen Spur sind.
Dann weise ich Vlassopoulos an, die Sgouridou morgen zur Befragung abzuholen. »Aber pass auf: Du darfst dich nicht telefonisch bei ihr ankündigen und auch keine Ladung schicken. Nimm sie mit dem Streifenwagen einfach hopp und bring sie her, damit sie niemanden warnen kann.«
»Alles klar. Wenn sie morgen früh aus der Tür tritt, nehme ich sie gleich in Empfang.«
Danach rufe ich Dimitriou an und ersuche ihn, im Vernehmungsraum eine Videokamera zur Aufzeichnung der Befragung zu installieren.
Da ich nichts weiter zu tun habe, nehme ich Dimitrious kriminaltechnischen Bericht über Fanariotis’ Wagen zur Hand. So überbrücke ich auch die Wartezeit bis zur morgigen Vernehmung. Als der Bericht dann nichts weiter als eine Vielzahl von Fingerabdrücken offenbart, lege ich ihn schließlich ad acta.
39
Um zehn Uhr morgens sitze ich im Vernehmungsraum, neben mir Staatsanwalt Mavromatis und mir vis-á-vis Eftychia Sgouridou. Der Wachmann hat sie auf etwa fünfzig geschätzt. In Wirklichkeit ist sie kaum älter als vierzig, doch ihr zerknittertes Gesicht lässt sie gut zehn Jahre älter wirken. Sie trägt ein T-Shirt, Jeans und Sandalen. Während der ganzen Vernehmung sind die beiden Videokameras auf uns gerichtet.
»Frau Sgouridou, vor zwei Wochen sind auf Ihren Namen fünf Überweisungen zu je zehntausend Euro auf fünf verschiedenen Banken eingegangen. Insgesamt handelt es sich also um fünfzigtausend Euro.«
»Ja, und?«
Sie blickt feindselig drein. Es scheint sie nicht im Mindesten zu stören, in einem polizeilichen Vernehmungsraum zu sitzen. So schnell lässt sie sich nicht ins Bockshorn jagen.
»Ich stelle hier die Fragen. Können Sie mir sagen, woher dieses Geld stammt?«
»Von einem Kunden.«
»Wenn ich mich nicht irre, sind Sie Buchhalterin«, schaltet sich Mavromatis ein. »Stimmt.«
»Und Sie wollen mir erzählen, dass eine Buchhalterin für ihre Dienste fünfzigtausend Euro Honorar bekommt?«
»Nein, unser Honorar ist normalerweise nicht üppig. Aber dieser Kunde ist ein Sonderfall.«
»Das kann man wohl sagen«, bemerke ich.
Sie überhört meinen ironischen Tonfall. »Ich konnte ihm durch ein paar legale Tricks helfen, eine Menge Steuern zu sparen. Dafür hat er mich großzügig bezahlt.«
»Können Sie uns den Namen des Kunden nennen?«
»Er ist zurzeit im Ausland.«
»Das spielt keine Rolle«, meint Mavromatis. »Wir treten gleich nach seiner Rückkehr mit ihm in Kontakt.«
Ihre Antwort steht fest: »Ich kann den Namen nicht nennen.«
»Wieso nicht?«, fragt Mavromatis.
»Wissen Sie, Herr Staatsanwalt, diese fünfzigtausend Euro waren im Grunde ein Geschenk. Er hat mir die Summe über eine Bank auf den Kaimaninseln geschickt. Allerdings habe ich keine Ahnung, aus welchen Gründen er Gelder im Ausland und insbesondere auf den Kaimaninseln hat. Das ist einzig und allein seine Angelegenheit. Seine Geschäfte in Griechenland sind jedenfalls vollkommen sauber. Auf keinen Fall werde ich einen Menschen, der mir so sehr geholfen hat, ans Messer liefern. So etwas tue ich nicht. Egal, was für Konsequenzen es für mich hat.«
»Ich versichere Ihnen, dass wir nicht wegen Steuerhinterziehung ermitteln«, erklärt ihr Mavromatis. »Unser Schwerpunkt liegt woanders.«
»Wo denn? Bei Geldwäsche?«
»Zum Beispiel.«
»Dann werde ich Ihnen gerne bis zum letzten Cent nachweisen, was ich mit diesem Geld gemacht habe.«
»Und zwar?«, frage ich sie.
»Als Buchhalterin arbeite ich erst seit ein paar Jahren. Vorher hatte ich ein Sportartikelgeschäft in Egaleo. Doch die Firma ging den Bach runter, und ich musste verkaufen. Mit dem Erlös konnte ich nur einen Teil meiner Schulden bezahlen. Immer noch stottere ich die
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