Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
halt afrikanische Schwerter sein. Ach ja, vorgestern hat ein Ehepaar bei einem Einkaufsbummel hier reingeschaut. Als die Frau die Waffe im Schaufenster sah, sagte sie zu ihrem Mann: >Hör mal, Manolis, wollen wir uns nicht so etwas zu Hause an die Wand hängen? Das sieht ganz so aus wie das Schwert von meinem Urgroßvater.< Da habe ich nachgefragt, woher sie denn stammen, und sie erzählten, aus Nafplion. Wie sollst du der Frau erklären, dass ein Schwert aus Somalia nichts mit dem Krummsäbel ihres Urgroßvaters aus den Zeiten des griechischen Freiheitskampfes zu tun hat? Der Mann war auch nicht gerade begeistert von der Idee, und so bin ich darauf sitzengeblieben.«
»Kommt es vor, dass Migranten Schwerter kaufen?«
Er blickt mich ganz verwundert an. »Was sollen denn die Migranten damit anfangen, Herr Kommissar? Die Wände der Zimmer dekorieren, in denen sie zu zehnt auf dem Boden schlafen? Und wenn bei einer Razzia so ein Schwert gefunden wird, können Sie sich ja vorstellen, was passiert.«
»Was ist mit anderen Ausländern? Touristen vielleicht?«
»In den fünfzehn Jahren, seit ich das Geschäft hier betreibe, hat kein Tourist seinen Fuß hier reingesetzt. Die kaufen Gipsmodelle vom Parthenon und den Karyatiden. So etwas wie hier finden sie in jedem Orient-Shop bei sich zu Hause.«
»Schön, können Sie mir sagen, wo ich Ihren Schwertlieferanten finden kann?«
»Soll ich mal die Rechnung mit seiner Geschäftsadresse aus der Buchhaltung holen?« Dabei schüttelt er sich vor Lachen.
»Was ist so komisch daran?«, frage ich pikiert.
»Lieferung auf Rechnung, Herr Kommissar? Ab und zu taucht einer auf und breitet sein Bündel vor mir aus. Dann wähle ich aus, was mich interessiert, zahle bar, und die Sache ist erledigt. Tage später kommt der Nächste mit gleichen oder ähnlichen Waren. Deshalb habe ich nichts auf Lager, hier gibt’s nur Einzelstücke.«
Ich hole meine Visitenkarte heraus. »Würden Sie mich anrufen, sobald Ihnen jemand Schwerter anbietet?«
»Ja klar, nur glaube ich nicht, dass es meinen Laden dann noch gibt.«
»Wieso nicht?«
»Wissen Sie, das Dreieck zwischen Athinas-, Evripidouund Sofokleous-Straße bis zur Pireos ist das letzte Stück Orient in Athen. Hier schaut man nicht auf die Herkunft der Ware, gekauft wird meistens ohne Quittung, und auch die Behörden stellen sich blind und taub. Die Kunden sind arme Schlucker, und du verkaufst ihnen Billigware und verdienst damit dein Brot. Doch jetzt will man durch das Sparprogramm Europäer aus uns machen - aber greek type.«
» Und das heißt?«
»In ganz Europa wird auf illegale Importware Jagd gemacht. Jetzt kommt der Staat und verlangt Quittungen und Mehrwertsteuer. Wie soll ich das bei illegaler Ware anstellen? Die Einzigen, die in dieser Gegend Waren regulär einführen, sind die Chinesen. Ich sag Ihnen eins: Bald werden wir alles bis hin zu unseren Unterhosen von den Chinesen beziehen. Sie kaufen unsere Bonds und wir ihre Waren. Darum werde ich den Laden aufgeben und mobil weitermachen müssen.«
»Wie meinen Sie das? Wollen Sie mit einem Auto die Gegend abklappern?«
»Nein, zu Fuß als fliegender Händler, Herr Kommissar. Ich schnüre mein Bündel und suche mir einen Platz unter den Migranten auf der Menandrou- oder der Sarri-Straße. Ich bezahle ein bisschen fürs Schmiere-Stehen, und wenn die Polizei kommt, pack ich meine Sachen und renne los. Sie sagen vielleicht: Gut, jetzt bist du fünfundvierzig, aber wie lange hältst du das noch durch? Zehn Jahre vielleicht? Keine Ahnung. Wenn ich mit dem Rauchen aufhöre und mit dem Joggen anfange, so wie die anderen Europäer, dann halte ich vielleicht sogar noch fünfzehn Jahre durch.«
Das Klingeln meines Handys hindert mich an einer Antwort. »Die Sache hat sich erledigt«, höre ich Vlassopoulos’ Stimme sagen. »Sie haben ihn.«
»Wen?«
»Den Schwertkämpfer.«
»Wer ist es?«, frage ich baff.
»Sissimopoulos’ schwarzer Kammerdiener. Kommen Sie schnell her, die Pressekonferenz fängt gleich an.«
Ich frage mich, welche Indizien gegen Bill vorliegen, dass es für eine Festnahme reicht. Es ist unwahrscheinlich, dass Stathakos unter der Oberaufsicht der britischen Polizei ein grober Schnitzer passiert ist. Was könnte mir nur entgangen sein? Beim besten Willen will mir nichts einfallen.
Unterwegs bringe ich Dermitsakis auf den neusten Stand, und auch seine Verwunderung ist groß. »Mach die Sirene an«, sage ich noch, bevor wir in den Streifenwagen
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