Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
steigen.
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Im Büro greife ich sofort zum Telefon, um Stathakos anzurufen.
»Er ist gerade zur Tür raus, Herr Kommissar«, sagt einer seiner Assistenten. »Zum Polizeipräsidenten, wegen der Pressekonferenz. Sie wissen ja, es geht um die Festnahme«, fügt er hinzu, und zwar auf die gleiche wichtigtuerische Art wie Stathakos.
Unschlüssig lasse ich den Hörer sinken. Es hat keinen Sinn, Gikas anzurufen, da auch er bei der Pressekonferenz sein wird. Ohne die Beweise zu kennen, die zur Festnahme des Butlers geführt haben, zögere ich vor jedem weiteren Schritt. Denn es könnte alles nach hinten losgehen.
Also beiße ich die Zähne zusammen und warte ab. Da ich unbedingt wissen will, wie die Festnahme begründet wird, schalte ich den Fernseher ein. Zum Glück dauert der Werbeblock nicht lange. Kurz darauf erscheint die Überschrift »Sondersendung« und darunter der Moderator.
Zu meiner großen Überraschung erblicke ich nur den Polizeipräsidenten und Stathakos: Gikas ist nicht dabei. Das heißt, er sitzt in seinem Büro und schäumt vor Wut, weil man ihn außen vor gelassen hat. Die Presseerklärung wird vom Polizeipräsidenten verlesen. Stathakos sitzt wortlos und seltsam unbeteiligt an seiner Seite und sieht drein, als würde ihm der Polizeipräsident die Show stehlen.
Im Grunde wirkt das Ganze nicht wie eine Pressekonferenz, sondern wie die Verlesung eines Kommuniques. Der Polizeipräsident spricht nicht von Festnahme, sondern er berichtet, dass eine Person in polizeilichem Gewahrsam vernommen werde, da sich ein hinreichender Tatverdacht gegen sie ergeben habe.
»Da kann man doch von einer Festnahme sprechen, oder?«, fragt die Charitopoulou, eine erfahrene Reporterin in den Vierzigern, die ihm damit eine klarere Stellungnahme entlocken möchte.
»Eben nicht, da die Voruntersuchungen noch nicht abgeschlossen sind«, entgegnet der Polizeipräsident.
»Die Verdachtsmomente sind jedenfalls besonders schwerwiegend«, lässt sich Stathakos vernehmen, der sich nicht länger beherrschen kann.
Der Polizeipräsident wirft ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu, enthält sich jedoch jeden Kommentars, um nicht den Eindruck zu erwecken, im Polizeikorps sei man sich nicht einig. Da fällt mir Sotiropoulos auf, der mit seinem gewohnt blasierten Gesichtsausdruck in einer Ecke steht. Er beteiligt sich nicht an der Fragestunde, doch offensichtlich liegt er auf der Lauer, um im geeigneten Augenblick zum Angriff überzugehen.
»Können Sie uns sagen, um welchen Tatverdacht es sich handelt?«, fragt eine Journalistin, die sonst immer Rosa trägt, heute hingegen ganz in Gelb erschienen ist.
»Gleich nach dem Abschluss der Voruntersuchungen werden Sie in vollem Umfang informiert«, beharrt der Polizeipräsident.
An dieser Stelle hakt Sotiropoulos ein. »Heißt das, Herr Polizeipräsident, Sie haben einen Tatverdächtigen, nehmen ihn jedoch nicht fest? Heißt das, es gibt Hinweise, ja sogar schwerwiegende Verdachtsmomente, wie der Leiter der Antiterrorabteilung meint, die Sie uns jedoch nicht erläutern wollen? Wie kommt es denn überhaupt dazu, wenn bis jetzt keine Organisation die Verantwortung für die beiden sogenannten Terroranschläge übernommen hat?« Die Betonung im letzten Satz liegt auf »sogenannten«.
»Sie haben recht, normalerweise geht in solchen Fällen ein Bekennerschreiben der Attentäter ein«, entgegnet der Polizeipräsident. »Das ist jedoch nicht immer so. Manchmal übernimmt niemand die Verantwortung oder erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt.«
»Der Mörder hinterlässt an den Opfern aber sein Markenzeichen«, meldet sich Stathakos.
Das ist für die Presse eine neue Information, und ein Gemurmel erhebt sich unter den Journalisten. »Was für ein Markenzeichen?«, fragt die Charitopoulou.
»Ein >D< in lateinischer Schrift, das der Täter an die Kleidung der Opfer heftet«, konkretisiert Stathakos.
»Und was soll dieses >D< heißen?«, fragt die Reporterin in Gelb.
Hier ergreift der Polizeipräsident wieder die Initiative: »Das wissen wir noch nicht. Nach dem Ermittlungsverfahren können wir hoffentlich mehr dazu sagen.«
Sotiropoulos schwingt jedoch schon den nächsten Donnerkeil. »Könnten Sie uns aber eine Information schon vor der Auflösung des Rätsels um das >D< bestätigen? Dass nämlich zwei britische Fahnder an den Ermittlungen beteiligt sind?«
»Da es sich bei dem zweiten Opfer um einen britischen Staatsbürger handelt, haben wir die Kollegen um Amtshilfe
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