Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
zunächst einmal meine beiden Assistenten herein. Beide reagieren überrascht auf Koulas Anblick - der eine mit einem »Grüß dich, Koula«, der andere mit einem trockenen »Hallo«.
»Anweisung von Gikas, weil wir jetzt für die Aufklärung der Enthauptungen verantwortlich sind: Ab sofort gehört Koula zum Ermittlungsteam.« Ich halte inne und werfe ihnen einen prüfenden Blick zu. Keiner der beiden wirkt sonderlich begeistert. »Meine Anweisung: Koula ist als gleichwertige Kollegin zu behandeln«, sage ich. »Sie ist hier nicht die Sekretärin, damit wir uns richtig verstehen. Ich sage das auch ganz bewusst in ihrer Gegenwart, damit sie weiß, dass ich immer ein offenes Ohr habe, wenn ihr jemand das Leben schwermacht.«
Dermitsakis spielt den Beleidigten. »Das hört sich ja an, als wären wir verkappte Machos, Herr Kommissar.«
»Das hast jetzt du gesagt. Mir ist klar, dass man bei Neulingen immer das Gefühl hat, man müsse ihnen zuerst die Flausen austreiben, und ihnen deshalb die Drecksarbeit aufdrückt. Hier aber arbeiten wir alle zusammen, und zwar zügig und effektiv. Der Druck, unter dem wir stehen, ist enorm.« Dagegen kann niemand etwas einwenden, und so fahre ich fort: »Koula, machen Sie mit der Aufstellung der gepfändeten Unternehmer weiter. Vlassopoulos, was ist mit der Liste der entlassenen Bankangestellten?«
»Vier davon habe ich überprüft. Der erste arbeitet für eine Firma in Bahrain, der zweite ist nach Südamerika ausgewandert, der dritte, ein gewisser Miniatis, hat am Syngrou-Boulevard ein Autohaus eröffnet, und der vierte heißt Batis und führt mittlerweile ein Reisebüro.«
»Dann fangen wir mit dem Autohändler an, aber erst muss ich noch den Bericht der Coordination and Investment Bank lesen.«
Alle drei verlassen mein Büro, und ich nehme mir den Text vor, doch mein Wirtschaftsenglisch und mein Grundverständnis der Finanzterminologie sind mangelhaft. Nach einer Viertelstunde schwirrt mir der Kopf, und ich wähle Tsolakis’ Handynummer.
»Hat man Sie aus dem Krankenhaus entlassen?«, frage ich ihn.
»Nun ja, bis auf Widerruf«, entgegnet er mir lachend.
»Ich würde Ihnen gerne die Bewertung Griechenlands durch die Coordination and Investment Bank schicken und Ihre Meinung dazu hören. Dann würde ich morgen, wann immer es Ihnen passt, kurz vorbeikommen.«
»Ja, schicken Sie’s rüber, und ich erwarte Sie dann.«
Gerade als ich Dermitsakis mit der Übersendung an Tsolakis beauftragen will, klingelt das Telefon.
»Ist dort Kommissar Charitos?«
»Ja, am Apparat.«
»Hier spricht Kommissar Kliopas, Polizeiwache Keratsini. Also, der Bankensaboteur hat wieder zugeschlagen.«
»Wieder eine Plakataktion?« Während wir das Zentrum im Auge behalten haben, ist er offenbar nach Keratsini ausgewichen.
»Nein, keine Plakate, sondern… Aufkleber.«
»Was?«
»Allerdings. Halb Piräus ist mit Aufklebern zugekleistert. Das habe ich durch die Polizeiwachen von Drapetsona und Korydallos gegengeprüft. Sie sind einfach überall: an Strommasten, an Geschäften, an Bankgebäuden, an den Eingängen von Wohnhäusern, an allen nur erdenklichen Orten. Die gute Nachricht ist, dass diesmal wenig draufsteht; die schlechte, dass die Aufkleber schwer abzulösen sind. Die müssen wir einzeln abkratzen.«
»Und was steht drauf?«
»Wieder 25 Milliarden! Und das aus Steuergeldern! Zahlt den Banken keinen Cent mehr zurück!«
Die Strategie des Bankensaboteurs ist schlau und wirkungsvoll. So ein Aufkleber richtet größeren Schaden an als ein Plakat. Wenn man einem Griechen sagt, dass seine Steuern ohnehin an die Banken fließen, erscheint es ihm legitim, seine Kredite nicht zurückzuzahlen. Dann sagt er sich: Genug geblecht! Bis hierher und nicht weiter!
»Gut, lassen Sie die Aufkleber, wo sie sind«, sage ich zu Kliopas. »Ich schicke Ihnen zwei meiner Leute vorbei, die Sie dann zu den betroffenen Straßen führen können.«
»Das wird nicht nötig sein. Die Dinger sind nicht zu übersehen.«
Nach dem Gespräch mit Kliopas rufe ich mein Assistenten-Trio zu mir herein. Vlassopoulos soll Tsolakis den Bankbericht schicken und dann mit Dermitsakis nach Piräus fahren. Kurz erläutere ich ihnen, was sie erwartet.
»Der Typ ist clever«, bemerkt Koula.
»Wieso?«
»Er hat gemerkt, dass eine zweite Plakataktion nicht durchzuführen ist, und hat sich deshalb eine bessere Methode ausgedacht. Die Aufkleber sind viel leichter anzubringen als die Plakate, aber viel schwerer wieder zu
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