Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
nur halb so schlimm, da bislang die Leute noch nicht offen vor den Banken demonstriert haben! Daher glauben Sie, die Aufrufe zeigten keine Wirkung. Aber ich kann Ihnen sagen, dass seit der ersten Plakataktion die Kredittilgung um fünfzehn Prozent zurückgegangen ist. Und die Kreditkartenumsätze sind um dreißig Prozent eingebrochen«, erklärt Galakteros.
»Wenn Sie schon den Anstifter nicht zu fassen kriegen, so nehmen Sie doch wenigstens die ausführenden Organe der Plakat- und Aufkleberaktionen fest. Zur Abschreckung, damit sich keiner mehr so leicht auf so was einlässt«, schlägt Stavridis vor.
»Wen sollen wir denn festnehmen?«, frage ich. »Dreizehn- und Vierzehnjährige?«
»Was?«, wundert sich Stavridis. »Kinder?«
»Allerdings. Sollen wir Dreizehn- oder Vierzehnjährige ins Erziehungsheim schicken, weil sie Etiketten geklebt haben, deren Botschaft sie überhaupt nicht verstehen?«
»So etwas gibt’s nur in totalitären Staaten, Herr Stavridis«, fügt Gikas hinzu.
»Aber Sie haben ja auch die Migranten wieder laufenlassen, die an der Plakataktion beteiligt waren.«
»Das Kleben von Plakaten allein reicht für eine Festnahme nicht aus«, entgegne ich.
»Sie haben auf alles eine Antwort. Unternehmen Sie endlich etwas! Wir haben unsererseits alles getan, worum Sie uns gebeten haben. Die angeforderten Listen lagen Ihnen am folgenden Tag vor. Ihre Resultate hingegen lassen auf sich warten.«
Gikas fordert mich durch einen stummen Blick zur Stellungnahme auf. »Die Überprüfung der Listen läuft gerade, vorläufig noch ohne greifbares Ergebnis. In einem Fall war es sogar Fehlanzeige.«
»Fehlanzeige?«, wundert sich Galakteros.
»Ja, der Name eines gewissen Miniatis, Inhaber eines Autohauses auf dem Syngrou-Boulevard, steht immer noch auf der Liste, obwohl er von allen Vorwürfen freigesprochen wurde.«
»Wie kann denn so etwas passieren?«, fragt sich Stavridis.
»Das lasse ich sofort überprüfen«, meint Galakteros bedröppelt. Und da ihm eine solche Miene nicht gut zu Gesicht steht, geht er zum Gegenangriff über. »Wir haben Ihnen bereits beim letzten Mal gesagt, Herr Kriminaldirektor«, meint er zu Gikas, »dass die Banken aktiv werden müssen. Wir können nicht tatenlos mit ansehen, wie unsere führenden Köpfe ermordet werden und wie unser Geld davonschwimmt. Eins steht jedenfalls fest: Bis dieser Bankensaboteur hinter Schloss und Riegel ist, wird kein einziger Kredit mehr vergeben und jedes Sponsoring eingestellt.«
Gikas lässt sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen. »Ich will Ihnen nichts vorschreiben, Herr Galakteros. Aber wenn Sie meine Meinung hören wollen: So laufen Sie Gefahr, noch viel größeren Schaden anzurichten.«
»Was verstehen Sie unter einem >noch größeren Schaden«, fragt Stavridis.
»Ihre Reaktion bestärkt die Bankkunden doch in der Meinung, dass wieder sie die Zeche bezahlen müssen. Da sagen sie sich: >Der Bankensaboteur hat doch ganz recht.< Und das ermuntert den Täter zum Weitermachen, da er sich bestätigt sieht.«
»Und was schlagen Sie vor?«
»Tun Sie einfach so, als sei nichts passiert. Fassen Sie sich in Geduld, bis wir ihn haben. Früher oder später fällt er uns in die Hände.«
»Früher oder später ist gut… Da können wir ja gleich Tarotkarten legen oder Kaffeesatz lesen«, bemerkt Galakteros.
»Kristallkugel wäre auch noch eine Möglichkeit, vielleicht sogar die wirkungsvollste. Eine andere Lösung sehe ich jedenfalls nicht.«
»Mit anderen Worten: Wir stecken in der Klemme«, meint Stavridis.
»Uns ist durchaus bewusst, dass Sie in einer schwierigen Lage sind, Herr Stavridis. Aber solche Fälle brauchen eben ihre Zeit und sind nicht vom einen Tag auf den anderen zu lösen.«
Sie sehen ein, dass nichts Ersprießliches für sie herausspringt, und erheben sich zum Abschied. Als guter Gastgeber geleitet Gikas sie zur Tür.
»Glückwunsch zur neuen Sekretärin«, sage ich, als wir alleine zurückbleiben.
»Warten wir ab, wie sie sich macht. An Koula kommt so schnell keine heran.«
Seine Sekretärinnen sollen also nicht nur gutaussehend, sondern darüber hinaus auch tüchtig sein. Typisch Gikas!
33
Aus Mangel an Alternativen beschließe ich, als Nächsten aus der Liste der entlassenen Bankbeamten Leonidas Batis zu besuchen, der mittlerweile ein Reisebüro führt. Wenn man im Dunkeln tappt, bildet man sich gern einen Lichtschein am Ende des Tunnels ein. Ein Besuch bei Tsolakis wäre mir lieber gewesen, um den Bericht der
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