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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Daten vertrauen. Sie beraten die größten Investoren und sind es ihren Kunden schuldig, bei der Risikobewertung objektiv vorzugehen.«
    »Aber was heißt >objektiv<, wenn sie dem Bericht total widersprechen?«
    »Sie widersprechen ihm nicht, stützen sich jedoch auch auf andere Quellen. Angenommen, ein Investor wendet sich an eine Ratingagentur mit der Frage nach seinem Risiko beim Ankauf von griechischen Staatsanleihen. Dann präsentiert ihm die Ratingagentur zuerst die Berichte der großen, weltweit agierenden Banken. Morgan Stanley behauptet, Griechenland werde die Umschuldung nicht abwenden können. Das Gleiche sagt beispielsweise auch J. R Morgan. Die Deutsche Bank hingegen hält sich bedeckt und rückt mit der Sprache nicht heraus. Am Schluss legt die Ratingagentur dann die positive Bewertung der Coordination and Investment Bank vor, einer kleinen und unbedeutenden Bank in Vaduz. Das ist das Bild, das sie ihrem Kunden vermittelt. Natürlich glaubt der Kunde den großen Banken und nicht der kleinen in Vaduz und kauft die Staatsanleihen nicht. Mit denselben Argumenten bewertet die Ratingagentur auch den griechischen Staat. Es ist so, als würde ich Sie vor die Wahl zwischen einem Mercedes und einem Seat stellen. Würden Sie den Seat wählen?«
    Keine Frage, ich würde mich für den Mercedes entscheiden.
    Ein Gedanke, muss ich sagen, verschafft mir Erleichterung: Mit all dem, was ich mittlerweile über das Bankenwesen und die Ratingagenturen weiß, könnte ich ins Investmentgeschäft einsteigen, sollte Stathakos Polizeipräsident werden und ich meinen Job hinschmeißen. Eine köstliche Vorstellung.
    »Haben Sie eine Ahnung, was de Moor in Griechenland wollte? Vielleicht liefert uns das ein Motiv für seine Ermordung.«
    Tsolakis lässt sich mit der Antwort Zeit. »Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder hat er die Daten mit dem griechischen Finanzministerium abgeglichen, um seine Bewertung abzurunden.«
    »Oder?«
    »Oder er hat Informationen zusammengetragen, um mitzuzocken.«
    »Mitzuzocken?«, wiederhole ich ungläubig.
    »Ja, bei den Wetten auf den Staatsbankrott Griechenlands, Herr Kommissar. Es werden Unsummen auf den finanziellen Untergang des Landes gesetzt. Wenn sich Griechenland wieder fängt, fahren die Zocker Riesenverluste ein. Alle diese Investoren stützen ihre Wetteinsätze auf die Berichte der Ratingagenturen. Wenn die kein objektives Bild vermitteln und wenn die Investoren aufgrund ihrer Einschätzung Geld verlieren, können sie einpacken, weil ihnen kein Kunde mehr vertrauen wird. Deshalb habe ich von >Mitzocken< gesprochen. Es ist wie bei den Pferdewetten. Wenn die Zeitschriften, die sich mit Sportwetten befassen, falsche Empfehlungen geben und die Leute ihr Geld verlieren, büßen sie ihre Glaubwürdigkeit ein und müssen dichtmachen. Verstehen Sie jetzt, wie wichtig Objektivität bei der Risikobewertung ist?«
    »Selbst wenn es nur eine Scheinobjektivität ist?«
    »Objektivität existiert nur in unserer Vorstellung, genauso wie das Kapital«, erklärt Tsolakis. »Das Kapital ist etwas Imaginäres: Es liegt in keinem Tresor, es wird nicht von Bank zu Bank transportiert, es ist unsichtbar. Die Scheinobjektivität dient dem Scheinkapital. Wirklich ist nur der Mord an de Moor. Alles andere ist virtuell.«
    »Sollte ich irgendwann Geld übrig haben, lasse ich mich von Ihnen beraten«, sage ich zu Tsolakis.
    »Dass ich es richtig investieren würde, kann ich allerdings nicht garantieren. Analysefähigkeit und Instinkt sind zwei verschiedene Dinge. Keine Ahnung, ob ich über den sicheren Riecher eines guten Anlageberaters verfüge.«
    Beim Abschied schüttelt er mir herzlich die Hand. »Ein vertrauenswürdiger Ratgeber bin ich allemal«, meint er lachend.
    Die Rückfahrt ist ein Kinderspiel, da alle Athener schon zu Hause vor ihren Fernsehern sitzen, um das wm-Finale zu sehen, das in ein paar Minuten beginnt.

34
     
    A driani hat ein Stofftischtuch über den Wohnzimmertisch gebreitet. Doch statt edlem Geschirr, Kristallgläsern und Silberbesteck steht eine Servierplatte mit Souflaki-Spießchen in Pittabrot sowie ein Extrateller mit zwei Portionen »pur« darauf. Die sind für Adriani, da sie weder Tsatsiki noch Zwiebeln möchte, während alle anderen das volle Programm gewählt haben.
    Schon während der Nationalhymnen nehmen wir die ersten Bissen zu uns. Als das Spiel beginnt, zerfällt unser Quartett auf dem Wohnzimmersofa schnell in zwei Gruppen: in die leidenschaftlichen Spezialisten, Katerina

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