Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
weiteres keine Zahlungen mehr vorzunehmen. Es ist unklar, wie lange sich diese Geschichte hinziehen und welche Auswirkungen sie zeitigen wird. Daher ist es ratsam, vorbeugende Maßnahmen zu treffen«, mischt sich der dickliche Glatzkopf ein, der beim letzten Treffen cremefarben gekleidet war und heute ganz in Hellblau auftritt. »Sie begreifen sicherlich, welche Panik das bei den Produzenten der Fernsehserien und der anderen Sendungen auslösen wird, wenn sie erfahren, daß die Zahlungen bis zur Festnahme des Mörders sistiert werden. Sie werden über uns herfallen.« Der letzte Satz ist an uns gerichtet, vorwiegend jedoch an die Adresse des Ministers.
»Eine Unterbrechung der Werbesendungen würde den Morden Einhalt gebieten und uns eine Frist geben, dem Täter auf die Spur zu kommen.«
Gikas fährt dasselbe Argument auf, das auch ich im Gespräch mit Petrochilos vorbrachte, doch hier beißt er auf Granit.
»Und wie lange soll diese Unterbrechung dauern, Herr Gikas?« donnert Delopoulos. »Soweit ich verstehe, fordern Sie eine Unterbrechung auf unbefristete Zeit, um den Mörder - und auch nur vielleicht! - dingfest zu machen. Und in der Zwischenzeit erleiden wir den wirtschaftlichen Ruin.«
»Und zwar nicht nur die Fernsehsender, sondern auch die Werbeunternehmen sowie die Produktionsfirmen der Serien, der Soaps, der Talkshows, der Realityshows und natürlich auch die Firmen, die ihre Produkte nicht mehr pro-moten können, was zu einem dramatischen Rückgang der Verkaufszahlen führen wird.« Der dickliche Glatzkopf ist durch seine Litanei ganz außer Atem.
»Entschuldigen Sie, Herr Minister, aber haben Sie darauf geachtet, wie das Schreiben unterzeichnet ist?« fragt der Industriellenvertreter, womit er den Minister in Verlegenheit stürzt.
»Unterzeichnet?... Ja, ich glaube...«, preßt er stammelnd hervor.
»Wenn ich es in Erinnerung rufen darf: der Mörder des Großaktionärs. Wissen Sie, was für eine Botschaft diese Unterschrift vermittelt? Großaktionär ist nicht der Inhaber von einem, fünf oder fünfzig Prozent der Aktien, sondern die Werbefirmen. Denn die entscheiden über das Programm und darüber, welche Serien mit welchen Schauspielern gespielt werden, welche Talkshows mit welchen Journalisten ins Programm kommen, welche Gewinnspiele oder Realityshows mit welchen Präsentatoren gesendet werden. Was die Werbeleute ablehnen, wird von den Sendern automatisch abgesetzt. Folglich haben nicht die Aktionäre das Sagen, sondern die Werbeleute.«
»Nun, da übertreiben Sie aber«, wirft der Glatzkopf ein.
»Absolut nicht, mein Lieber!« wehrt sich Delopoulos. »Sie haben das Geld und machen mit uns, was sie wollen.«
»Und nun wollen Sie, daß wir die Werbespots einstellen, um auf Verlangen des Kriminaldirektors der irrwitzigen Forderung eines Serienkillers nachzugeben?« fragt Galakteros und versorgt den Minister mit einer Steilvorlage, damit der als zu allem entschlossener Politiker sein Tor schießen kann:
»Ausgeschlossen! Ich erkläre kategorisch: Die Regierung läßt sich nicht auf die erpresserischen Forderungen eines Mörders ein.«
Es ist einsam geworden um Gikas, der von allen Seiten beschossen wird. Er tut mir leid, und gleichzeitig wundere ich mich darüber, daß ich mich solidarisch mit ihm fühle. Wo sind unsere alten Kontroversen geblieben? Wo die Schadenfreude, die ich fühlte, wenn man ihn bloßstellte? Ich weiß es nicht, vielleicht hat es mit den Erfahrungen zu tun die ich kürzlich machen mußte, und mit der Unterstützung die er mir bot. Wie auch immer, ich fühle mich genötigt, ihm beizustehen.
»Sie könnten doch Werbespots ohne Models, Mannequins oder Präsentatoren drehen, um zumindest niemanden direkt zu gefährden.«
Der Glatzkopf in Hellblau springt auf, als hätte ich ans Allerheiligste gerührt. »Wir sind keine Telemarketing-Firmen, wir sind Fernsehsender, mein Herr. All die Designer-Produkte mit ihrem Glamour und Sex-Appeal benötigen Jugend und Schönheit, um voll zur Geltung zu kommen.«
»Die Werbespots sind heute das, was für unsere Generation noch >Dallas< war, Herr Kommissar«, klärt mich Galakteros auf.
»Das mag ja alles gut und schön sein. Aber die Polizei ist nicht in der Lage, die ganze Werbebranche plus die Fernseh- und Radiosender zu schützen.«
»Es gibt eine Lösung«, behauptet der Industriellenvertreter entschlossen. »Wir erhöhen unsere Sicherheitsvorkehrungen.« Wenn ihr
Weitere Kostenlose Bücher